Giuliana Sgrena: "Der Schmerz zerreißt mich"
Hamburg (ots)
Die am Freitag im Irak freigelassene italienische Journalistin Giuliana Sgrena berichtet in einem Interview mit der ZEIT über die Umstände ihrer Geiselhaft. "Zwei Männer waren immer bei mir, immer dieselben ... Ich war einen Monat lang in einem Zimmer gefangen. Das Licht war immer an, wenn es Strom gab. Ich konnte nicht schlafen."
Über ihre Entführer sagt Sgrena: "Sie nannten sich Mudschahedin ... Sie sagten zu mir: 'Wir wollen unser Land von den Besatzern befreien, wie die Vietnamesen, wie die Algerier'." Sgrena vermutet bei ihren Entführern politische wie finanzielle Motive. "Ich habe einen Monat lang wirklich nicht gewusst, ob sie mich umbringen würden oder nicht. Ich habe damit gerechnet, jeden Tag."
Die Version der amerikanischen Regierung, bei den Schüssen auf ihren Wagen nahe des Bagdader Flughafens habe es sich um einen Unfall gehandelt, weist Sgrena scharf zurück. "Ich bin empört darüber, dass man das einen Unfall nennt. Wenn sie uns Zeichen gegeben und wir sie nicht verstanden hätten, dann könnte man von Unfall sprechen. Aber wenn einfach drauflos geschossen wird, dann kann man doch nicht von Unfall sprechen, oder?" Sgrena glaubt aber nicht, dass gezielt auf sie geschossen worden sei. "Ich denke nicht, dass der Beschuss unseres Wagens gegen mich persönlich gerichtet war."
In dem ZEIT-Interview beklagt Giuliana Sgrena den tragischen Tod des italienischen Geheimdienstmitarbeiters Nicola Calipari. "In dem Moment, in dem ich mich frei fühle, stirbt der Mensch, der mich befreit hat ... Der Schmerz darüber zerreißt mich. Das werde ich nie vergessen. Der Schmerz über den Tod Nicola Caliparis überschattet alles."
Giuliana Sgrena beklagt, dass sich die journalistischen Arbeitsbedingungen im Irak dramatisch verschlechtert hätten: "Ich muss einsehen, dass es heute im Irak nicht mehr möglich ist, meine Arbeit so zu machen, wie ich es will. Diese Leute wollen keine Ausländer mehr im Irak. Niemanden, keine Franzosen, keine Italiener, niemanden. Alle Ausländer sind für sie Feinde ... Das ist meine größte Niederlage, eine persönliche Niederlage. Ich habe immer versucht, den Menschen eine Stimme zu geben, die nicht für die Gewalt sind, die andere Wege suchen. Und das kann ich heute nicht mehr tun."
Das komplette Interview der ZEIT Nr. 11 vom 10.3.2005 senden wir Ihnen gerne zu.
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