De Maizière nimmt Steinmeier in Schutz und besteht auf "geheim zu haltenden Schutzbereich" jeder Regierung
Hamburg (ots)
Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) im Fall Kurnaz in Schutz genommen. "Ich will nur so viel sagen: Es ist sehr leicht, anhand von Zeugenaussagen und Akten vier oder fünf Jahre nach einem Vorgang zu urteilen. Es ist ungleich schwieriger, in einer bestimmten, auch psychologisch hochkomplexen Situation Entscheidungen zu treffen", sagt de Maizière der ZEIT. Jeder solle versuchen, sich selber in die Lage zu versetzen, ein Jahr nach dem 11. September bei einer nicht ganz klaren Faktenlage. "Vorsicht beim Werfen des ersten Steines Jahre danach", so de Maizière.
De Maizière bejaht gleichzeitig, dass es im Fall Kurnaz eine grundsätzlich andere Herangehensweise der Regierung Merkel im Vergleich zu der Vorgänger-Regierung gegeben habe: "Aber dieses Ja ist nur vollständig mit dem Gedanken, den ich vorher gesagt habe: Nicht jedes andere Verhalten der Regierung führt dazu, dass man ein anderes Verhalten der Vorgängerregierung als besonders kritikwürdig ansieht. Man kann es kritisieren. Aber ob man es skandalisiert, ist ein großer Unterschied."
Der Kanzleramtschef verteidigt die zögerliche Herausgabe von Akten, die vor allem von der Opposition wiederholt kritisiert worden war. "Wir sind uns, unseren Vorgängern und unseren Nachfolgern schuldig, dass es einen geheim zu haltenden Schutzbereich gibt. Ich weiß, dass das umstritten ist. Aber das machen wir unabhängig von der Frage, ob eine bestimmte Unterlage uns nützt oder schadet oder der Vorgängerregierung nützt oder schadet. Das ist eine durchgängige Linie, die jede verantwortliche Regierung so sehen muss", sagt de Maizière.
Zu der Debatte um eine vorzeitige Freilassung der RAF-Gefangenen sagt de Maizière: "In der Sache Brigitte Mohnhaupt geht es darum, dass die Justiz eine Entscheidung trifft wie bei vielen anderen Häftlingen auch. Empörung und Rache sind im Bereich des Strafrechts ein schlechter Ratgeber. Da gibt es keine Sonderbehandlung, im Guten wie im Schlechten. Im Fall Christian Klar geht es um ein Gnadenrecht des Bundespräsidenten. Ich will ihm keine öffentlichen Ratschläge erteilen. Als Christ, nicht als Chef des Bundeskanzleramtes, sage ich: Gnade hat nach meiner Auffassung immer etwas mit Reue zu tun."
Kritik übt de Maizière an Forderungen nach einem Ausbau der Atomkraft. "Es gibt ein Atomgesetz, das den Ausstieg festhält, und es gibt bisher keine Mehrheit, das zu ändern. Ein Teil derjenigen, die uns auffordern, die Laufzeit von Kernkraftwerken zu verlängern, haben selber im Atomkonsens unterschrieben, dass es dazu nicht kommt." Der Bau neuer Kernkraftwerke stehe "nicht zur Debatte". Eine Laufzeitverlängerung der bestehenden Kernkraftwerke wäre hingegen in einer Koalition mit der FDP möglich.
Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 6 vom 1. Februar 2007 senden wir Ihnen gerne zu.
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