Tomi Ungerer: "Ich bin schon ein bisschen pervers"
Hamburg (ots)
Der 75-jährige Tomi Ungerer konnte bis vor vier Jahren seine Bücher und Zeichnungen nicht wieder anschauen. Der ZEIT sagt er: "Erst seit kurzem kann ich mein grafisches Werk, wenn es denn ein Werk ist, überhaupt akzeptieren. Ich war auf eine gute Weise halb tot, schon mit blauen Lippen in den Armen meiner Frau, und konnte mich von außen sehen. Da habe ich plötzlich realisiert: Mensch, du hast Talent, sonst hättest du diese 140 Bücher nicht alle herausbringen können. Irgendwie liegt diese Unzufriedenheit und meine falsche Scham jetzt wohl hinter mir. Ich habe ja einen riesigen Nachlass, und mit dem kann ich nun umgehen."
Ungerer, der gerade sein 141. Buch, ein Kinderbuch, fertiggestellt hat, gibt zu: "Ich bin schon ein bisschen pervers und in meinen Kinderbüchern definitiv subversiv. Die Helden meiner Kinderbücher sind alles Antikonformisten. Da ist immer einer, der nicht wie die anderen ist und für seinen Erfolg kämpfen muss. Ich habe Kinderbücher über alle diese gehassten Tiere gemacht - ob Krake oder Fledermaus oder über eine Schlange in Crictor. Ich habe sogar ein Kinderbuch über einen Geier gemacht. Diese seichte heile Welt, die in vielen Kinderbilderbüchern gezeigt wird, die macht einen nicht stark."
Ungerer ist sich trotz seiner Erfolge einer Unsicherheit bewusst: "Bin ich Deutscher? Bin ich Franzose? Ich bin froh, diese Unsicherheit in mir zu haben - besser so als arrogant. Wenn ich eine Zeichnung mache oder einen Text schreibe, muss man mir zehnmal sagen, ja, das ist okay, das ist gut, bevor ich daran glauben kann. Ich war aber schon immer so ein ungläubiger Thomas: Als kleiner Junge habe ich noch gebetet, den Glauben zu haben, aber er kam nicht. Seitdem glaube ich an den Zweifel."
Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 18 vom 26. April 2007 senden wir Ihnen gerne zu.
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