TELEPOLIS: "Virtuelles Internet-Schutzschild heiße Luft"/ Gefährliche Medienhysterie um Cyberkrieg
Hannover (ots)
Das angeblich von der US-Regierung geplante "Internet-Schutzschild" entpuppt sich als gefährliche Medienhysterie, schreibt TELEPOLIS, das Magazin der Netzkultur, unter www.telepolis.de. Statt auf eigene Recherchen verließen sich auch renommierte Medien auf Berater mit eigenen Interessen.
Alles, was nach "Cyberkrieg" aussieht, wird von den Massenmedien derzeit begierig aufgegriffen. Das Handelsblatt schreckte am 4. März die Öffentlichkeit mit der Meldung auf, die USA würden in den nächsten Jahren für ein "virtuelles NMD" als Cyber-Gegenstück zum umstrittenen militärischen Raketenabwehrsystem National Missile Defense (NMD) 50 Milliarden Dollar ausgeben. Spiegel online zog mit Horrorszenarien eines fiktiven Cyberkrieges nach und schlussfolgerte, auch Deutschland solle endlich eine robuste Cyber-Sicherheitspolitik entwickeln. Selbst die Zeit machte keine Ausnahme und stellte Bill Clinton eben mal nebenbei als Freund des NMD hin, der auch schon dessen virtuelle Variante befürwortet haben soll.
Dabei weiß die neue US-Regierung noch nicht so richtig, wie sie mit dem Thema Cyber-Sicherheitspolitik umgehen soll. Einfach zu widerlegen ist die Behauptung der ZEIT, dass schon Clinton NMD und Cyber-Sicherheit im Zusammenhang gesehen habe. Clinton hat sich zwar persönlich stark um die Sicherheit der Infrastrukturen gekümmert, aber er hat dies nie hauptsächlich als militärisches Problem gesehen. Dass das geplante Federal Intrusion Detection Network (FIDNet) zu einem virtuellen Schutzschild Amerikas gegen Hacker-Angriffe ausgebaut werden soll, halten Fachleute für unnötig und unmöglich.
Derartige Meldungen tragen dazu bei, auch in Deutschland unwissende Sicherheitspolitiker, die sich mit NATO und OSZE auskennen, zu Cyberkriegern zu machen, so TELEPOLIS. "Gerade in einer Zeit, in der sich in Washington die Falken wieder durchsetzen, in der Rüstungskontrollverträge nicht mehr das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben wurden, und in der auch die Bundeswehr an einer eigenen Doktrin für den Informationskrieg arbeitet, sollte verantwortlicher Journalismus darin bestehen, einen gefährlichen Hype zu entkräften und zwielichtigen Geheimdienstberatern die Lufthoheit über den 'Experten'debatten zu nehmen", so TELEPOLIS-Autor Ralf Bendrath.
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Der Autor Ralf Bendrath ist Mitbegründer der Forschungsgruppe Informationsgesellschaft und Sicherheitspolitik (FoG:IS) und betreibt die Mailingliste Infowar.de.
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