Politiker-Dienstwagen: Untersuchung der DUH veranlasst Minister zu mehr Transparenz
Berlin (ots)
Berlin, 12. Mai 2008: Zur fortgesetzten Debatte über Klimakiller-Dienstwagen und den untauglichen Versuch, den Spieß umzudrehen, stellt die Deutsche Umwelthilfe e. V. fest:
1. Die Veröffentlichung der CO2-Emissionen und Höchstgeschwindigkeiten von Dienstlimousinen deutscher Spitzenpolitiker durch die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hat die Auskunftsbereitschaft der Ministerien gegenüber der Öffentlichkeit erfreulicherweise enorm erhöht. Unter www.duh.de werden die entsprechenden Tabellen für das Bundeskabinett, die Landesumweltminister und Ministerpräsidenten laufend aktualisiert. Zwischenzeitlich liegen auch die Daten von 15 der 16 Landesumweltminister vor (es fehlt nur noch Sachsen-Anhalt). Bei den Dienstfahrzeugen der Ministerpräsidenten gibt es hingegen keine Änderungen: Erst vier haben Emissionswerte und Höchstgeschwindigkeiten offengelegt. Die DUH wird notfalls die Informationen vor Gericht einklagen.
2. Zu gegebener Zeit wird die DUH Klimaschutz-Fortschritte oder -Rückschritte in den Minister-Fuhrparks erneut bilanzieren. Eine aktuelle Bilanz weist aus, dass derzeit alle Ministerlimousinen des Bundeskabinetts als "Klimakiller-Pkw" einzuordnen sind. Als "Klimakiller" bezeichnet die DUH solche Pkw, die den EU-Zielwert für 2008 von 140 g CO2 /km um mehr als 50 % (also mehr als 210 g CO2 /km) übertreffen.
3. Mit seiner Bemerkung, Minister könnten ihre Amtsgeschäfte nicht "mit Rikscha oder Sänfte" ausüben, disqualifiziert Regierungssprecher Thomas Steg sich selbst und die Bundesregierung gleich mit. Schon heute sind Limousinen, wie sie von Bundesministern gefahren werden, mit einer klimaverträglicheren Motorisierung auf dem Markt. Es stehen somit komfortable Dienstwagen, die den aktuellen EU-Zielwert für 2008 von 140 g CO2/km einhalten, zur Verfügung (z. B. der BMW 520d mit 177 PS und nur 136 g CO2/km). Die Zahl der von den Autobauern angebotenen, klimaverträglicheren Pkw-Modelle für den gehobenen Dienstfahrzeuggebrauch würde sich nach Überzeugung der DUH schlagartig erhöhen, wenn sich die Bundes- und Landesregierungen dazu verpflichten würden, bei ihren selbst genutzten Dienstwagen den EU-Zielwert einzuhalten.
4. Für die Fuhrparks von Ministerien und Parlamenten können neben der Hinwendung zu weniger schweren und angemessen motorisierten Fahrzeugen auch internes Carsharing, Anreize zur stärkeren ÖPNV-Nutzung und ähnliche Modelle erhebliche CO2-Einspareffekte auslösen und beispielgebend auf Behörden und Unternehmen wirken.
5. Nach einer äußerst mühevollen Recherche, die wegen der Kooperations-Unwilligkeit vieler Ministerien und Staatskanzleien über acht Wochen in Anspruch nahm, hat es in den vergangenen Tagen den systematischen Versuch gegeben, die Ergebnisse der DUH-Recher¬che in Frage zu stellen. In einzelnen Fällen haben die Minister oder Ministerinnen ihre Fahrzeuge nach der Abfrage des aktuell genutzten Dienstfahrzeugs ausgetauscht, ohne dass dies der DUH mitgeteilt wurde. Die unter www.duh.de einsehbare Dienstwagen-Übersicht unserer Spitzenpolitiker wird jeweils aktualisiert, wenn der DUH entsprechende Änderungen mitgeteilt oder anderweitig glaubhaft bekannt werden.
6. Ein Fall eines kurzfristigen Austauschs betrifft die Dienstfahrzeuge der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Annette Schavan. Sie hat ihre Limousine seit der ersten DUH-Erhebung im Februar 2007 zweimal gewechselt - ausgehend von einem Mercedes-Benz S350 mit einem Treibhausgas-Ausstoß von 247 g CO2 /km stieg Frau Schavan zunächst um in einen Mercedes-Benz S450 (272 g CO2 /km). Dies teilte das Ministerium der DUH am 18. März schriftlich mit. Erst am 9. Mai teilte das Bundesministerium der DUH mit, Frau Schavan habe ihr Dienstfahrzeug nach der Anfrage der DUH erneut gewechselt und nutze nun einen Mercedes-Benz S350 CDI (225 g CO2 /km). Die DUH hat die Änderung umgehend in die entsprechende Tabelle aufgenommen.
7. Bei drei (von insges. 29 aufgelisteten) Dienstwagen wurden wir von den jeweiligen Ministerien darauf aufmerksam gemacht, dass dort zwischenzeitlich ein anderes Fahrzeug mit einem geringeren CO2-Austoß verwendet werde. Die entsprechenden neuen Werte wurden umgehend in die aktuelle Tabelle (www.duh.de) aufgenommen. Für die Fälle, in denen DUH-interne Übermittlungsfehler dafür verantwortlich sind, entschuldigen wir uns ausdrücklich für die anfängliche Fehleinstufung. Dies betraf insbesondere die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Hier wurde fälschlich angenommen, der Dienstwagen des Jahres 2007, ein Mercedes-Benz S 500 (286 g CO2 /km) sei nach wie vor im Einsatz. Tatsächlich nutzt Frau Schmidt bereits seit 2007 einen Mercedes-Benz 420 CDI (247 g CO2 /km). Dies ändert leider nichts an der Tatsache, dass auch das aktuelle Fahrzeug mit 76-prozentiger Überschreitung des CO2-Zielwertes der EU für 2008 eines der klimaschädlichsten Ministerfahrzeuge des Bundeskabinetts ist und Frau Schmidt damit den zweitschlechtesten CO2-Wert zu verantworten hat. Schlechter schneiden nur die Bundesminister Tiefensee und Zypries mit jeweils 249 g CO2 /km ab.
8. Die DUH wird auch bei der Praxis bleiben, bei der Verwendung mehrerer Dienstwagen jeweils das Modell mit den höchsten CO2-Emissionen in der Liste zu führen. Bei allen Verbrauchs- und Emissionsangaben handelt es sich um die offiziellen Klimagas-Emis¬sionen, wie sie nach dem vorgeschriebenen Messverfahren (Richtlinie 80/1268/EWG) auf den Internetseiten der Hersteller angegeben werden müssen. Der von Umweltminister Gabriel genutzte Mercedes-Benz E 200 NGT hat einen so genannten Dual-Mode Benzin-Motor mit 65 - 80 Liter Benzintank, der zusätzlich mit Erdgas betrieben werden kann. Das Fassungsvermögen des zusätzlichen Erdgastanks beträgt allerdings ganze 18 kg. Mit der zusätzlichen Gasanlage wiegt der NGT 150 Kilo mehr als der E 200 K. Insofern hält die DUH es auch für korrekt, dass die gesetzlich vorgeschriebene CO2-Emissionsangabe die primäre Motorenausrichtung zugrunde legt.
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