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Der Tagesspiegel: Babyboom überfordert die Ämter Berlin hat bundesweit höchsten Geburtenzuwachs. Verwaltungen kommen mit der Bearbeitung der Anträge nicht hinterher

Berlin (ots)

Berlin. Kinderboom in Berlin: 19.579 Kinder sind
zwischen Januar und August geboren worden. Damit ist die Zahl der 
Geburten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,62 Prozent 
angestiegen und liegt noch deutlich über dem bundesweiten 
Geburtenanstieg von einem Prozent. Ob dafür das neue Elterngeld 
mitverantwortlich ist, steht noch nicht fest. Sicher ist nur: Es gibt
eine Antragsflut - und die überfordert die Bezirke. Bis das Geld auf 
dem Konto der Familien landet, vergeht mitunter ein Vierteljahr.
Die Bezirke begründen die Wartezeit mit dem "extrem komplizierten 
Gesetz" sowie mit dem Mangel an Sachbearbeitern. "Es reicht nicht, 
dass der Finanzsenator pro Bezirk zwei Angehörige des Stellenpools 
zuweist", kritisiert etwa der Jugendstadtrat von 
Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinhard Naumann (SPD). Sein Amt schiebt 
zurzeit 277 Fälle vor sich her, die noch nicht erledigt sind, obwohl 
alle Unterlagen eingereicht wurden. In weiteren 284 Fällen fehlen 
noch Belege, 1381 Anträge konnten vollständig abgearbeitet werden. 
"Wenn unsere Eltern nicht einspringen könnten, wäre das Konto jetzt 
leer", berichtet ein junger Charlottenburger, bei dem letztlich etwa 
drei Monate zwischen Antragstellung und Geldüberweisung liegen 
werden.
Auch Pankow berichtet von großen Problemen. "Wir kommen mit dem 
Personal nicht aus", berichtet Jugendstadträtin Christine Keil 
(Linkspartei). Zudem würden die beiden Kräfte aus dem Stellenpool ab 
Jahresende nicht mehr vom Senat finanziert. Um sie selbst zu 
bezahlen, fehlt dem Bezirk aber das Geld. Nachdem auch die 
Intervention der Senatsverwaltung für Jugend beim Finanzsenator 
nichts half, hat Keil jetzt selbst einen Brief an die 
Finanzverwaltung geschrieben. Parallel setzt sie auf eine 
Bundesratsinitiative Berlins und Bayerns, die zum Ziel hat, das 
Gesetz zu vereinfachen, damit die Bearbeitung der Anträge einfacher 
wird.
"Das ganze Gesetz ist ein einziger Schildbürgerstreich", schimpft 
auch die Jugendstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika 
Herrmann (Grüne). Gleichzeitig verweist sie aber auch auf die 
positive Seite des neuen Elterngeldes. Denn sie glaubt, dass es einen
bedeutenden Beitrag zu dem aktuellen Babyboom geleistet hat. "Ich 
kenne Menschen, die sich jetzt sogar noch zu einem dritten Kind 
entschlossen haben", berichtet Herrmann.
Ob das Elterngeld tatsächlich etwas beigetragen hat zum 
Geburtenanstieg - darüber sind sich die Fachleute aber nicht einig. 
Während es etwa im Hause der Sozialsenatorin heißt, das man da eher 
keinen Zusammenhang sehe, meint der Sachverständige im 
Familienbeirat, Warnfried Dettling, dass das Elterngeld schon ein 
möglicher Anreiz sei. Der Autor und Publizist, der bis 1991 als 
Ministerialdirektor im Bundesfamilienministerium arbeitete, sieht 
auch einen direkten Zusammenhang mit der Bereitschaft der Väter und 
dem Elterngeld. "Wenn es richtige Rahmenbedingungen gibt, dann kann 
die Zahl auch noch ansteigen."
Für Berlin jedenfalls dürfte das zutreffen: 16.030 Anträge auf 
Elterngeld wurden in diesem Jahr bereits bewilligt und darunter waren
prozentual so viele Anträge von Vätern wie in keinem anderen 
Bundesland. Der Anteil der für Berliner Väter bewilligten Anträge ist
mit 12,4 Prozent bundesweit am höchsten. Das Elterngeld beträgt 67 
Prozent des letzten Nettogehalts, wenn die Arbeitszeit vollständig 
reduziert wird. Bezahlt werden mindestens 300 Euro und höchstens 1800
Euro im Monat für Erwerbstätige mit hohem Einkommen. Damit erhöht 
sich der Anreiz für viele Väter, eine Babypause einzulegen, da sie 
meist mehr Geld als die Mütter nach Hause bringen.
Susanne Vieth-Entus
Der Tagesspiegel
Berlin-Redaktion
Tel. 26009-418

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
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