Weser-Kurier: Zum Betreuungsgeld-Streit schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 30. Juli 2013:
Bremen (ots)
Das "Zentrum Bayern Familie und Soziales" muss eine tolle Einrichtung sein. "Bürgernahe Verwaltung" und "Dienstleister mit Herz" - so rühmt das bayerische Sozialministerium in einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung jene Behörde, die für die Verteilung des Betreuungsgeldes zuständig ist. Fragt sich nur für wen das Herz dieses Dienstleisters schlägt: Nur für die jungen Familien im Freistaat - oder auch und vor allem für die CSU, die das Betreuungsgeld bekanntlich gegen großen politischen Widerstand durchgedrückt hat? Bürger über ihre Rechte informieren, das ist fraglos eine gute Sache. Anders sieht es jedoch aus, wenn man Familien eine umstrittene Sozialleistung quasi nachträgt, um anschließend von großem Interesse in der Bevölkerung sprechen zu können. Man muss kein bayerischer Oppositionspolitiker sein, um hinter der breit angelegten Informations- und Werbekampagne zum Betreuungsgeld parteitaktisches Kalkül zu erkennen. Dass rot-grün geführte Bundesländer wie Bremen und Niedersachsen deutlich dezenter über die neue Sozialleistung und das Antragsverfahren informieren - wen wundert es? Schließlich gibt es keine Vorschrift, die sie beispielsweise dazu zwingt, bezugsberechtigte Familien einzeln anzuschreiben. Informieren jedoch müssen sie - und das sollten sie auch künftig ohne jede Blockadehaltung tun. Schließlich handelt es sich beim Betreuungsgeld nicht um eine freiwillige Leistung der einzelnen Länder, sondern um einen bundesweiten Rechtsanspruch. Dass die Informationspolitik in Sachen Betreuungsgeld trotz einheitlicher Rechtslage so unterschiedlich ausfällt, zeigt zugleich, wie sehr Deutschland ein klarer Kurs in der Familienpolitik fehlt. Wer die Zahl der Kita-Plätze ausbaut und zugleich Eltern belohnt, die ihre Kinder zu Hause aufziehen, mag das werbewirksam als Wahlfreiheit von Familien bezeichnen. Konzeptionslose Beliebigkeit wäre indes die ehrlichere Formulierung.
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