Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Karfreitag - Bischof Huber hat sich verirrt Leitartikel von Thomas Wels
Essen (ots)
Gestern gedachten Millionen Christen in aller Welt in den Karfreitagsgottesdiensten der Leiden Christi. Da liegt es fast schon auf der Hand, die Verfolgung von Christen, die "Gekreuzigten unserer Tage", zur Botschaft einer Predigt zu machen und damit gleichzeitig ein politisches Signal zu senden. Aber eben nur fast.
Bischof Huber, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, wäre nicht Bischof Huber, traute er sich nicht in die Niederungen der Politik. Das ist einerseits erfreulich, will man gerade an den wichtigsten christlichen Feiertagen ein Wort von Gewicht hören, und fünf Jahre Irak-Krieg sind mehr als ein paar Worte wert. Andererseits zeigt sich einmal mehr, wie schnell sich Kirchenmänner auch im politischen Gestrüpp verirren können.
Den Christen sei es unter Saddam Hussein besser gegangen als unter dem Protektorat der US-Schutzmacht, sagt der Bischof. Das ist starker Tobak. Selbst wenn Huber völlig zu Recht das Elend auch der Christen in diesem furchtbaren Krieg anklagt, den er sehr weltlich "zur teuersten Sackgasse der Welt" stempelt; selbst wenn dieser Krieg nie so hätte geführt werden dürfen, so handelte es sich bei Saddam Hussein doch um einen Diktator der schlimmsten Sorte.
Will der Bischof nun den Diktator zurück, jenen Potentaten, der seinen Cousin Ali Hassan al-Madschid alias "Chemie-Ali" mit seinen Schergen in 4500 kurdische Dörfer geschickt hat, um dort bis zu 180 000 Kurden kaltblütig zu ermorden? Und was ist mit den hunderttausenden Schiiten, die unter Saddam ihre Religion nicht ausüben durften?
Das eine Unrecht mit dem anderen zu vergleichen - das war gewiss nicht Hubers Absicht. Nur darf man von dem Ratsvorsitzenden schon erwarten, dass er in einer so sensiblen Frage bewusst und bedächtig formuliert. Huber sprach von ethnischen Säuberungen und Völkermord, um das Leiden der Christen zu verdeutlichen und deren Verfolgung in muslimisch geprägten Ländern zu thematisieren. Was sollen denn nur die Kurden denken, die jahrelang von Völkermord des Saddam Hussein bedroht waren?
Christen müssen sich nicht klein machen. Wer in Deutschland in großer Toleranz der Gläubigen Moscheen zulässt, darf mit Fug darauf hinweisen, dass woanders christliche Kirchen keine Chance haben, mehr noch: Christen verfolgt werden. Das war es, was Huber wohl wollte. Er hätte Saddam besser aus der Predigt herausgelassen.
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