Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westdeutsche Allgemeine Zeitung mehr verpassen.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Die Krise und der Wahlkampf - Regieren, wenn man nicht mehr will - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Manchmal ereilt das Schicksal auch Regierungen. In
Berlin haben sie sich, die Roten und die Schwarzen, in den nicht 
einmal knapp vier Jahren aneinander abgearbeitet, so sehr, dass man 
sich schon fragt, ob mit einem der beiden überhaupt noch ein 
Neuanfang möglich erscheint. Sie wollen auch nicht mehr diesen Weg 
weitergehen, der neuerdings die CDU-Basis weitaus mehr irritiert als 
die der SPD, wobei das vor kurzem noch genau umgekehrt war. Sie sind 
verschlissen, sie wollen nicht mehr, und doch: Sie müssen. Vielleicht
in den nächsten Wochen mehr denn je zuvor. Das Schicksal ist 
ironisch: Eine Regierung im Abdrehen strebt ihrem Höhepunkt entgegen,
allerdings völlig unfreiwillig.
Ganz aktuell ist die Krise ein Genosse. Hypo Real Estate und Opel
sind SPD-Wahlhelfer. Auf abgeschmackte Manager schimpfen oder 
besorgten Opelanern den staatlichen Retter zu versprechen oder 
Konjunktur ankurbeln, das ist SPD-Repertoire. Das lindert sogar das 
Agenda-Rheuma von Gewerkschaftern.
Umgekehrt ist es bei der Union. Deren Kanzlerin reiht einen 
wirtschaftlichen Tabubruch an den nächsten. Und sie findet nicht die 
Worte dafür, so wie Schröder damals nicht die Worte fand für die 
Agenda. Angela Merkel wirkt gerade jetzt, ausgerechnet in der Krise, 
gefährlich unentschieden. Damit, dies zur Einordnung, spiegelt sie 
nur den Zustand der Union wider: Rüttgers und Koch, die 
Opel-Ministerpräsidenten, wollen retten, Oettinger und Kauder, die 
wirtschaftsliberale Daimler-Fraktion, winken bei Opel ab; aus Furcht 
ums marktwirtschaftliche Tafelsilber der Union und den eigenen 
Auto-Standort. Im Moment schieben sich nur die Fehler, 
Ungeschicklichkeiten und (steuerliche) Ungeheuerlichkeiten des 
amerikanischen GM-Managements vor diesen kaum auflösbaren 
Grundsatzkonflikt in der Union.
Wie soll, wie kann also diese Auslaufregierung im Ernstfall 
entscheiden? Was macht Merkel mit ihrer ohnehin großkoalitionär 
beschränkten Richtlinienkompetenz, wenn tausende von Opelanern zum 
Potsdamer Platz reisen und dann weiterziehen vors Kanzleramt? Und 
wenn bis dahin wegen GM und Obama, dem neuerdings die wichtigen 
Patente gehören, nicht einmal klar ist, ob Opel wieder Opel sein 
darf? Einstweilen steuert die Union auf Sicht, lässt das 
GM-Management kamerawirksam im Kanzleramt nachsitzen und hofft, dass 
dieser vergiftete Kelch ihr bis zum Wahltermin erspart bleibt. Und 
wenn nicht? Merkel und die Union werden nervös. Zu Recht.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 08.03.2009 – 19:15

    WAZ: Der Weg zur sichereren Bank - Kommentar von Christopher Shepherd

    Essen (ots) - Während hier zu Lande noch heftig über eine Verstaatlichung von angeschlagenen Banken gestritten wird, machen so vermeintlich wirtschaftsliberale Länder wie Großbritannien und die USA Nägel mit Köpfen und übernehmen Kreditinstitute. Jüngstes Beispiel ist der mehrheitliche Einstieg des britischen Staats bei Lloyds. Sicher hat ...

  • 06.03.2009 – 15:50

    WAZ: Rüttgers schreibt Beschwerdebrief an GM-Europa-Chef Forster

    Essen (ots) - NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat den Chef von General Motors Europa, Carl-Peter Forster, scharf kritisiert. Er halte es für "äußerst irritierend und kontraproduktiv, dass in der Öffentlichkeit immer neue Zahlen auftauchen, was den Abbau von Arbeitsplätzen bei der Adam Opel AG angeht", heißt es in einem Schreiben an Forster, ...

  • 06.03.2009 – 14:35

    WAZ: Rüttgers schreibt Beschwerdebrief an GM-Europa-Chef Forster

    Essen (ots) - NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat den Chef von General Motors Europa scharf kritisiert. Er halte es für "äußerst irritierend und kontraproduktiv, dass in der Öffentlichkeit immer neue Zahlen auftauchen, was den Abbau von Arbeitsplätzen bei der Adam Opel AG angeht", heißt es in einem Schreiben an Forster, das der Westdeutschen ...