Tod von Daniel H. in Chemnitz: Ging es um Kokain?
Hamburg (ots)
Mehr als fünf Monate nach dem gewaltsamen Tod des 35-jährigen Daniel H. am Rande des Chemnitzer Stadtfestes werden jetzt neue Details über den mutmaßlichen Tatablauf aus der Anklageschrift bekannt. Nach Informationen von NDR, WDR, MDR und SZ könnte es bei dem tödlichen Streit um Kokain gegangen sein. Der Hauptverdächtige Farhad A. soll unter Drogeneinfluss gestanden haben, aber auch Daniel H. soll Kokain konsumiert haben. Die Anklage stützt sich offenbar im Wesentlichen auf einen Belastungszeugen, der mittlerweile bedroht werden soll. Viele Fragen konnten die Ermittler scheinbar bislang nicht klären. Der tödliche Vorfall am 26. August 2018 hatte in Chemnitz eine Reihe ausländerfeindlicher Demonstrationen ausgelöst, die bundesweit für Aufsehen sorgten. Farhad A. ist seit der Tat auf der Flucht.
Nach einer Zeugen-Aussagen soll der Hauptverdächtige Farhad A. in der Tatnacht unter dem Einfluss von Drogen gestanden haben. Gegen 3 Uhr nachts soll er das spätere Opfer Daniel H. angesprochen und nach einer "Karte" gefragt haben. Dabei soll er sich mit einem Finger an die Nase gefasst und hörbar eingeatmet haben, also offenbar Kokainschnupfen vorgespielt haben. Beim Opfer Daniel H. soll die Rechtsmedizin ebenfalls Kokainkonsum in kleinen Mengen festgestellt haben. Ob sich Täter und Opfer kannten, hat die Polizei offenbar nicht klären können.
Farhad A. habe Daniel H. umarmt und etwas mit ihm besprochen. Nach Informationen von NDR, WDR, MDR und SZ sei es dabei zu einem Streit gekommen, in dessen Folge Farhad A. zu Boden ging. Der syrische Flüchtling Alaa S. sei Farhad A. daraufhin zur Hilfe geeilt und gemeinsam hätten sie dann Daniel H. mit jeweils einem Messer attackiert. Ob der nun angeklagte Alaa S. aber tatsächlich ein Messer bei sich hatte, erscheint strittig.
Die Polizei fand nur ein Messer, darauf waren DNA-Spuren des späteren Opfers Daniel H. Nach Informationen von NDR, WDR, MDR und SZ sollen sich auf diesem Messer keine Spuren des angeklagten Alaa S. finden. Die Obduktion soll kein eindeutiges Ergebnis in der Frage erbracht haben, ob bei der Tat ein oder zwei Messer verwendet wurden.
Alaa S. bestreitet die Tat. Belastet wird er durch die Aussagen eines Zeugen. Strittig scheint allerdings, was der Zeuge genau beobachtet haben will und was er der Polizei schilderte. Er soll 50 Meter vom Tatort entfernt gestanden haben. Ein Messer habe er nicht gesehen, so der Zeuge, aber Schlagbewegungen. Die Dolmetscher jedoch, die seine Aussage gegenüber der Polizei übersetzten, sagen, er habe in seinen ersten Aussagen ausdrücklich von "Stechen" gesprochen. Das allerdings bestreitet der Zeuge heute energisch. Er habe nicht von Stichen gesprochen, sondern immer nur von Schlägen. Dennoch belastet der Zeuge den inhaftierten Alaa S. schwer. Alaa S. habe an dem Angriff gegen Daniel H. teilgenommen, soll er ausgesagt und ihn auf Fotos identifiziert haben.
Daraufhin soll der Zeuge unter Druck gesetzt worden sein. Nach Informationen von NDR, WDR, MDR und SZ hat er bereits im September Anzeige bei der Polizei erstattet. Bekannte von Alaa S. hätten ihn an seiner Arbeitsstelle aufgesucht und ihm ausgerichtet, dass er im Sarg in seine Heimat zurück geschickt werde. Unter anderem sei er mit einem Stuhl geschlagen worden. Er lebe in große Angst und Panik. Derzeit liegt die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen Alaa S. beim Landgericht in Chemnitz, das nach Angaben einer Sprecherin in den kommenden Tagen entscheiden wird, ob es die Anklage zulässt und den Prozess im März eröffnet.
Nach Informationen von NDR, WDR, MDR und SZ hat eine Anwältin von Alaa S. die Verlegung des Prozesses in ein anderes Bundesland beantragt. Ihrer Ansicht nach sei die öffentliche Sicherheit gefährdet, wenn der Prozess in Sachsen, Thüringen oder Brandenburg eröffnet werde. Sie befürchtet, dass es zu "massiven Protestaktionen" kommen könnte, wenn der Prozess wie geplant in Chemnitz stattfinde. Rechte Gruppierungen und Parteien würden den Prozess gegen den tatverdächtigen syrischen Flüchtling Alaa S. dazu benutzen, Wahlkampf für die Bundesländer Sachsen, Thüringen und Brandenburg zu betreiben. Die Anwältin wollte sich auf Anfrage nicht äußern, ebenso wenig wie Oliver Marson, der Pflichtverteidiger von Alaa S.
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