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Amnesty International

Amnesty International stellt Jahresbericht 2008 vor
60. Geburtstag der Allegemeinen Erklärung der Menschenrechte

Berlin (ots)

Die nicht erfüllte Erfolgsgeschichte

   "2008 wird die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 60 Jahre 
alt. Dieser Geburtstag steht für eine beachtliche Erfolgsgeschichte 
der Staatengemeinschaft, aber auch für die Verpflichtung von 
Regierungen, sich deutlich stärker und konsequenter als bisher um die
Umsetzung der Menschenrechte zu kümmern", sagte die Generalsekretärin
von Amnesty International Deutschland, Barbara Lochbihler, bei der 
Vorstellung des Amnesty-Jahresberichts 2008. 

Seit 1948 haben sich die Menschenrechte zu völkerrechtlich verbindlichen Prinzipien weiterentwickelt. Immer mehr Staaten haben sich ihnen verpflichtet. "Menschenrechte sind keine 'westlichen' Werte, sondern universelle Prinzipien", sagte Lochbihler. "Die Verfasser der Erklärung waren 1948 überzeugt, dass nur ein multilaterales System globaler Werte den Herausforderungen gewachsen sein würde", sagte Lochbihler. "Diese Überzeugung fehlt vielen Regierungen von heute offenbar. Auch 2007 haben sie das vor 60 Jahren gegebene Versprechen auf Gleichheit, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit nicht erfüllt", sagte Lochbihler. "Es ist an der Zeit, dieses Versprechen einzulösen."

2007 hat Amnesty in 81 Staaten Fälle von Folter oder entwürdigender und unmenschlicher Behandlung dokumentiert. In 45 Staaten saßen Menschen allein aus politischen Gründen in Haft. In 24 Staaten wurden mindestens 1.252 Menschen hingerichtet. Die Presse- und Meinungsfreiheit wurde in mindestens 77 Staaten verletzt. In mindestens 23 Staaten galten Gesetze, die Frauen diskriminieren. 54 Staaten führten unfaire Gerichtsverfahren durch.

"Nicht zuletzt die Janusköpfigkeit einiger westlicher Regierungen im 'Krieg gegen den Terror' hat zu Rückschritten beim Menschenrechtsschutz geführt", sagte Lochbihler. Immer noch sitzen in Guantánamo und anderen, zum Teil geheimen Lagern weltweit Hunderte von Menschen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Haft. Foltermethoden wie das berüchtigte waterboarding sind dem US-Geheimdienst CIA weiterhin erlaubt. 2007 gab es weitere ernstzunehmende Hinweise darauf, dass sich einige EU-Staaten an Entführungen, geheimen Inhaftierungen und Überstellung von Gefangenen in Folterstaaten beteiligt hatten. Keine europäische Regierung hat die verlangten umfassenden Untersuchungen durchgeführt oder Maßnahmen nachgewiesen, die solche Straftaten verhindern sollen. "Wie wollen die EU und die USA von anderen Staaten verlangen, dass sie die Menschenrechte einhalten, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit derart untergraben?", fragte Lochbihler.

In Deutschland hat der BND-Untersuchungsausschuss gezeigt, dass deutsche Geheimdienste wiederholt in einer menschenrechtlichen Grauzone gearbeitet haben. Im Fall des Deutsch-Syrers Mohammad Zammar bestand zwischen deutschen Geheimdiensten und dem syrischen Geheimdienst ein intensiver Informationsaustausch. Im Fall der Verschleppung von Khaled El Masri weigerte sich das Justizministerium, den Antrag der Staatsanwaltschaft München auf Festnahme der mutmaßlichen Entführer und CIA-Agenten offiziell an die USA weiter zu leiten. "Die Bundesregierung muss die Geheimdienste künftig besser kontrollieren", sagte Lochbihler. "Wir brauchen Richtlinien, die sie eindeutig auf die Menschenrechte verpflichten. An den Lagebesprechungen der Geheimdienste im Bundeskanzleramt muss ein hochrangiger Vertreter mit Menschenrechtsprofil beteiligt sein."

Die Führung Chinas und die internationalen Sportverbände präsentierten die Olympischen Spiele als Chance für die Menschenrechte. Diese Hoffnungen sind nachhaltig enttäuscht worden. Tatsächlich haben Menschenrechtsverletzungen sogar zugenommen. Menschenrechtsaktivisten stehen unter ständiger Beobachtung und Hausarrest. Einige erhielten mehrjährige Haftstrafen. "Wir fordern die chinesische Führung auf, politische Gefangene freizulassen, Menschen nicht per Verwaltungshaft monate- oder jahrelang ohne Prozess hinter Gitter zu stecken und die Zensur aller Medien aufzuheben", sagte Lochbihler. "Für die Zeit nach den Spielen braucht die internationale Gemeinschaft eine wirksame Strategie, damit die Menschenrechtsdebatte zu China zu greifbaren Verbesserungen führt. Die chinesische Führung muss erkennen, dass ein globaler Akteur mit Führungsanspruch, der glaubhaft sein will, nicht die Grundsätze der Staatengemeinschaft ignorieren kann."

Amnesty kritisiert scharf, dass die Regierungspartei Simbabwes Oppositionelle brutal verfolgt und sogar Jugendliche für Schlägertrupps rekrutiert. Mindestens 22 Menschen sind seit den Wahlen ums Leben gekommen, mehr als 900 wurden nachweislich verletzt. Hunderte von Familien mussten vor der Gewalt fliehen, nachdem ihre Häuser und Hütten niedergebrannt wurden. Amnesty fordert die Regierung Mugabe auf, einen friedlichen Ablauf der Stichwahl am 27. Juni zu gewährleistet. Internationale Menschenrechtsbeobachter müssen sofort Zugang zum Land erhalten.

In Russland verfolgten die Behörden 2007 abweichende politische Meinungen mit besonderer Härte. Rassistische Übergriffe nahmen zu, dabei kamen mindestens 61 Menschen zu Tode. In Inguschetien verschwinden zunehmend Menschen oder werden von Sicherheitskräften ermordet. "Wir appellieren an den neuen Präsidenten Medwedew, die Meinungs- und Pressefreiheit uneingeschränkt zu garantieren und die Straflosigkeit für Verbrechen der russischen Armee in Tschetschenien endlich zu beenden", sagte Lochbihler.

Weltweit wurden 2007 Flüchtlinge rechtswidrig inhaftiert und ohne vorherige Anhörung abgeschoben, auch in Länder, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Irakische Flüchtlinge, die keinen besonders bedrohten Minderheiten angehören, laufen Gefahr, aus Deutschland abgeschoben zu werden, obwohl sie im Irak massiv gefährdet wären. "Dass Deutschland irakische Christen aufnehmen will, kann aber nur ein Anfang sein", sagte Lochbihler. "Deutschland muss in einem regulären Aufnahmeprogramm jährlich besonders schutzbedürftige irakische Flüchtlinge in die Bundesrepublik holen, wie dies bereits in anderen europäischen Ländern der Fall ist."

Der Amnesty-Jahresbericht 2008 behandelt 150 Länder. Die deutsche Übersetzung erscheint am 28. Mai im S. Fischer-Verlag, hat 493 Seiten und kostet 14,90 Euro.

Informations- und Zahlenmaterial rund um den Jahresbericht 2008 und Amnesty International finden Sie ab 28.05.2008 auch unter www.amnesty.de/jahresbericht

Pressekontakt:

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T: +49 30 420248-306 . F: +49 30 420248-330 .
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