Positionspapier der agrarpolitischen Sprecher der CDU/CSU Landtagsfraktionen und der Bundestagsfraktion
Berlin (ots)
Weichenstellung für eine leistungsfähige, marktorientierte und umweltverträgliche Landwirtschaft
1. Die Zukunft der Landwirtschaft Die deutsche Landwirtschaft steht zu Beginn des neuen Jahrtausends vor großen Herausforderungen. Die weltweite Entwicklung ist geprägt von zunehmenden Handelsströmen und einer Globalisierung der Märkte. Diese Entwicklung bringt für die deutsche Landwirtschaft sowohl Chancen als auch Risiken. Die laufende WTO-Runde sowie die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten werden weitere Veränderungen bringen. Gleichzeitig wachsen im dichtbesiedelten Deutschland die Anforderungen der Gesellschaft an Umwelt- und Naturschutzleistungen der Landwirtschaft sowie an die Qualität der Nahrungsmittel.
Die CDU/CSU steht solidarisch zur deutschen Landwirtschaft. Sie erkennt die Leistungen der Landwirtschaft bei der Nahrungsmittelproduktion, der Pfleger der Kulturlandschaft, als prägende kulturelle Größe im ländlichen Raum und als wichtiger Faktor für die soziale und wirtschaftliche Stabilität in der Gesellschaft an. Wir wollen eine Landwirtschaft, die nach bäuerlichen Prinzipien arbeitet, die unternehmerisch ist, umweltfreundlich, leistungsfähig und die sich im internationalen Wettbewerbs stellen kann. Unsere landwirtschaftlichen Betriebe sind für den ländlichen Raum unverzichtbar, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen, die Kulturlandschaft und als Erholungsraum für die Gesamtgesellschaft zu erhalten.
Im Wirtschaftsjahr 1998/1999 sind die Gewinne in der Landwirtschaft je Unternehmen mit über 7% zurückgegangen. Erklärtes Ziel von CDU/CSU ist, das unsere Landwirte für sich und ihre Familien wieder ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften und für die Fortentwicklung ihrer Betriebe eine Perspektive haben. Für die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe geht es wesentlich darum, deren Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Vorrangig ist dabei der Abbau von Wettbewerbsnachteilen der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft im europäischen Binnenmarkt.
2. Weiterentwicklung der Ausbildung und Beratung Wie jeder Unternehmer muss auch ein Landwirt die Chancen und Risiken sorgfältig abschätzen können, wenn er eine Investitionsentscheidung trifft. Entscheidende Voraussetzung dafür, dass wirtschaftlich richtige Weichenstellungen auf den Betrieben vorgenommen werden, ist die solide Schulausbildung und berufliche Qualifikation. Die Lerninhalte haben sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert. Neben der Produktionstechnik wird heute schwerpunktmäßig Betriebswirtschaft unterrichtet. Viele Landwirte managen ihre Betriebe professionell, führen Buch und werten gemeinsam mit den Fachberatern die Buchführungsergebnisse aus. So werden Schwachstellen und Stärken eines Betriebes exakt bestimmt und die entsprechenden betriebswirtschaftlichen Schlüsse gezogen.
Wissensvorsprung ist gleichbedeutend mit Wettbewerbsvorsprung. Eine fundierte Aus- und Fortbildung ist im internationalen Wettbewerb nach wie vor der Schlüssel zum Erfolg. Vor diesem Hintergrund wird die CDU/CSU in den Ländern mit Nachdruck dafür Sorge tragen, das Ausbildungsniveau weiter auszubauen, damit eine leistungsfähige, marktorientierte und umweltverträgliche Landwirtschaft Bestand hat. Bildung auf hohem Niveau setzt voraus, dass flächendeckend gut ausgestattete Einrichtungen vorhanden sind. Neben den klassischen landwirtschaftlichen Fächern müssen verstärkt auch neue Disziplinen wie Biochemie, Informatik und Marketing angeboten werden. Des weiteren muss auch das landwirtschaftliche Weiterbildungsangebot entsprechend den fachlichen, betrieblichen und persönlichen Belangen der Betriebsleiter weiter ausgebaut werden.
Neben der Ausbildung wird für unsere Landwirte auch die Beratung in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Ausgangspunkt muss aber auch hier sein, dass die Verantwortung sowie die unternehmerischen Entscheidungen primär beim Landwirt liegen. Die Beratung sollte vor allen Dingen in Selbstverantwortung der Landwirtschaft und ihren Organisationen vorgenommen werden. Die öffentliche Hand muss aber gewährleisten, dass entsprechende Einrichtungen zur Verfügung stehen. Die Frage, wie eine effiziente Beratung vor Ort auf Dauer gewährleistet werden kann, d.h. in öffentlicher oder privater Form, muss letztlich regional zusammen mit den Betroffenen und dem Berufsstand beantwortet werden. Im Hinblick auf den zunehmenden Strukturwandel und die nicht zufriedenstellende Einkommenssituation vieler Betriebe aufgrund der verschlechterten Rahmenbedingungen ist in Zukunft eine individuellere Beratung erforderlich. Die Vermögenserhaltung und die Einkommenssicherung der wirtschaftenden Generation müssen dabei wichtige Ziele sein. Und wenn heute der Landwirt mehr denn je als Unternehmer gefordert wird, dann heißt das bei der Beratung auch, dem Landwirt müssen Möglichkeiten aufgezeigt werden.
3. Reform der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes Die Zukunft der deutschen Landwirtschaft wird von ihrer Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der EU und auf den Weltmärkten bestimmt. Zur Stärkung der Wettbewerbsposition der deutschen Landwirtschaft ist noch auf viele Jahre hinaus der Einsatz öffentlicher Fördermittel in den folgenden Bereichen erforderlich: a) Beträchtliche einzelbetriebliche Investitionen, insbesondere zum Ausbau und zur Modernisierung der tierischen Veredlungswirtschaft. b) Umfassende Maßnahmen der Bodenordnung zur Senkung der Bewirtschaftungskosten in den Gebieten mit ungünstiger Flurfassung sowie c) die Verbesserung der Marktstruktur zur Festigung der Marktposition der deutschen Landwirtschaft.
Mit den verschiedenen steuer- und haushaltspolitischen Beschlüssen der Bundesregierung, die von ihr als Zukunftsprogramm angepriesen werden, sind die Ausgangsbedingungen der Landwirtschaft für die strukturelle Anpassung an die Wettbewerbsbedingungen in der EU drastisch verschlechtert worden. Die aufgrund dieser Maßnahmen zu erwartenden Einkommensbußen in der Größenordnung von bis zu über 20 % werden vor allem zu Lasten der Eigenkapitalbildung in den landwirtschaftlichen Betrieben gehen. Die Möglichkeiten der Landwirte mit Hilfe von Eigenmitteln ihre Zukunftsinvestitionen zu finanzieren, werden somit durch die Beschlüsse der Bundesregierung in krasser Form eingeengt. Da auch die Mittel für das wichtigste Förderungsinstrument zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen in der Landwirtschaft der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) eingefroren sind, nimmt sich die Bezeichnung des Sparpaketes als Zukunftsprogramm aus Sicht der Landwirtschaft geradezu wie ein Hohn aus. Die GA bietet ohnehin nur noch sehr begrenzte Möglichkeiten, Zukunftsinvestitionen in der Landwirtschaft zu fördern. Der weitaus überwiegende Teil der Mittel ist inzwischen durch Altverpflichtungen gebunden, so dass nur ein geringer Teil für neue Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung zur Verfügung steht. Die Mittel für Vorhaben der Agrarstrukturverbesserung aber sind nochmals durch die Beschlüsse zum Rahmenplan eingeschränkt worden. Dafür verantwortlich ist insbesondere die Ausweitung der Förderung von ökologischen Maßnahmen, die wie die dauerhafte Stilllegung von Ackerflächen nach dem Gesetz für die GA aus dieser eigentlich gar nicht finanziert werden dürften.
Die Agrarsprecher der CDU/CSU-Fraktionen wehren sich mit aller Entschiedenheit dagegen, dass die GA in zunehmenden Maß dazu missbraucht wird, Maßnahmen zu fördern, die nicht der Agrarstrukturverbesserung und damit der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirte dienen. Sie fordern mit Nachdruck:
a) Aufstockung der Bundesmittel für die GA in der mittelfristigen Finanzplanung b) Konzentration des Mitteleinsatzes auf die agrarstrukturellen Schwerpunktaufgaben der GA aa) Einzelbetriebliche Förderung, bb) Bodenordnung, cc) Marktstrukturverbesserung. Beizubehalten ist als eine gesamtstaatliche Aufgabe die Förderung des Küstenschutzes
Die Förderung der Ausgleichszulage muss weiter in der Gemeinschaftsaufgabe verbleiben bis eine umfassende Lösung für Flächenbeihilfen zur Erhaltung einer flächendeckenden Landbewirtschaftung durch eine Neuausrichtung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gefunden worden ist.
Die Agrarstrukturförderung muss unbürokratisch und überschaubar gestaltet und das Unternehmertum durch eine möglichst freie Entscheidung über die Betriebsentwicklung gestärkt werden. Deshalb setzt sich die CDU/CSU für die Einführung eines allgemeinen zinsgünstigen Agrarkredits ein. Die Vorteile liegen auf der Hand: unbürokratisch, überschaubar und individuell. Ein allgemeiner Agrarkredit würde das Unternehmertum stärken. Die Landwirte hätten so die größtmögliche Entscheidungsfreiheit über die Betriebsentwicklung. Das Verfahren erfordert lediglich eine Rentabilitätsprüfung durch die Banken.
Des weiteren ist die Aufstockung von Tierbeständen im Rahmen der Strukturförderung zuzulassen. Wachstumsinvestitionen müssen auch in der Tierproduktion zumindest in dem Umfang möglich gemacht werden, wie im Rahmen des Strukturwandels Kapazitäten von anderen Betrieben aufgegeben werden. Dadurch würden sich auch in der Tierhaltung Kostenstruktur und Marktposition verbessern.
Zu den strukturverbessernden Maßnahmen gehört auch der Abbau von Überregulierungen in den Bereichen Bau-, Umwelt- und Saatgutverkehrsrecht. Die Umgehung des Patentverbotes für Sorten durch Patente auf sortenzugehörige Pflanzen muss verhindert werden.
Die Absicht der rot-grünen Bundesregierung, auch bei kleinen Stallbauten die immissionsschutzrechtliche Genehmigung und ggf. eine Umweltverträglichkeitsprüfung einzuführen, ist blinder Umweltaktionismus, der investitionswillige kleine Betrieb mit höheren Kosten belastet und der Umwelt überhaupt nichts bringt. Die vorgesehene Absenkung der Schwellenwerte um 25 % unter die geltenden Werte ist insofern fachlich unsinnig, als 1996 nach eingehender Überprüfung unter Berücksichtigung des technischen Fortschrittes die Schwellenwerte auf den derzeitigen Wert nach oben korrigiert wurden.
4. Besteuerung der Landwirtschaft Die Landwirtschaft braucht ebenso wie die anderen Wirtschaftsbereiche günstige steuerliche Rahmenbedingungen. Zudem muss die Steuerpolitik auch natürliche und wirtschaftliche Nachteile des Sektors ausgleichen, den Strukturwandel und den Generationswechsel erleichtern und den Beitrag von Betriebsübergaben und Vermögensäußerungen als Teil der Altersversorgung der Landwirte berücksichtigen.
Nach wie vor ist die Ökosteuer für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum ein schwerer Klotz am Bein. Dabei ist inzwischen die damit verbundene einseitige Belastung von vielen Seiten, u.a. dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung, bestätigt. Der Landwirtschaft ist bisher aus den Einnahmen dieser Steuer noch keine Entlastung zugute gekommen. Sie wird vielmehr jährlich nach wie vor mit 950 Mio. DM (netto) belastet. Auch die von der rot-grünen Bundesregierung durchgesetzte Unternehmensteuerreform belastet einseitig den Mittelstand und die Landwirtschaft. Danach wird die Belastung für die Landwirtschaft zunächst auf über 300 Mio. DM jährlich zunehmen. Mit einer Entlastung ist erst ab 2005 zu rechnen. Das Steuerkonzept von CDU/CSU sieht hingegen für landwirtschaftliche Unternehmer durch die Absenkung des Tarifs bei der Einkommensteuer eine starke Entlastung vor. Ferner werden Gewinne aus der Veräußerung von landwirtschaftlichen Betrieben nach dem Konzept von CDU/CSU erheblich geringer belastet, damit nicht wie bei Rot-Grün eine Benachteiligung gegenüber den großen Kapitalgesellschaften entsteht, die ganze Teile ihres Unternehmens steuerfrei veräußern können.
In der Steuerpolitik für die Landwirtschaft steht die CDU/CSU daher für - eine durchgreifende und schnelle Senkung der Steuertarife für die Landwirtschaft, um sie mit anderen Wirtschaftsbereichen gleichzustellen, - die Beibehaltung von Vereinfachungsregeln und Pauschalierungsmöglichkeiten, - die Rückkehr zum bewährten Berechnungsverfahren für die Vorsteuerpauschale anstelle einer willkürlichen Absenkung derselben, d. h. Wiederanhebung auf 10 % bzw. 6 %, - die Beibehaltung von steuerlichen Sonderregelungen, die die natürlichen und wirtschaftlichen Nachteile des Sektors Landwirtschaft ausgleichen, - die Abschreibungsmöglichkeiten, insbesondere für bewegliche Wirtschaftsgüter müssen sich an den tatsächlichen Gegebenheiten orientieren, um den technischen Fortschritt nutzen zu können, - steuerlich günstige Regelungen auch für Einzelunternehmen und Personengesellschaften bei Umstrukturierungen sowie steuerfreie Reinvestitionsmöglichkeiten (keine Aufdeckung stiller Reserven
i.R. der Gründung oder Auflösung von Kooperationen) - günstige steuerliche Regelungen für die Betriebsübergabe, -abgabe oder -veräußerung (Beibehaltung des halben durchschnittlichen Steuersatzes), - den Wegfall der Ökosteuer oder zumindest volle Kompensation der Belastungen durch Entlastungen in der Sozialpolitik, - die Grundsteuer für die Land- und Forstwirtschaft entsprechend der Gewerbekapitalsteuer abzuschaffen, weil die Grundsteuer eine Substanzsteuer ist, für die Kommunen muss eine entsprechende Kompensation geschaffen werden - den Verzicht auf die Erhöhung der Erbschafts- und Schenkungssteuer auf landwirtschaftliches Vermögen, um Hofübergaben im Rahmen des Generationswechsels nicht zu behindern.
5. Besteuerung von Diesel Die Besteuerung von Diesel in der Landwirtschaft mit 0,57 DM pro Liter ab 2001 bedeutet gegenüber 1998 bei einem Steuersatz von 0,21 DM fast eine Verdreifachung. Dies verursacht weitere Wettbewerbsnachteile der deutschen Landwirte gegenüber ihren Kollegen in Frankreich, Dänemark und den Niederlanden, die nicht einmal die Hälfte für einen Liter Diesel zahlen müssen. Eine wirkliche Entlastung bringt nur die Umsetzung der Forderung von CDU/CSU, den Einsatz von Agrardiesel zu den Bedingungen von Heizöl zuzulassen, d.h. mit einem Steuersatz von 0,12 DM je Liter und der Folge, dass der Landwirtschaft die weiteren Erhöhungen der Ökosteuer auf Diesel erspart bleiben.
6. Marktpolitik a) Milchmarkt Am 1. April 2000 ist die neue Zusatzabgabenverordnung für Milch in Kraft getreten. Die mit der neuen Regelung bezweckte Stärkung der aktiven Milcherzeuger muss mit sinkenden "Börsenpreisen" erreicht werden. Fest steht schon jetzt, das seit der Verabschiedung der Verordnung im Bundesrat Ende letzten Jahres die Quotenpreise weiter gestiegen sind. Fest steht auch schon jetzt, dass das neue System eine weitere Bürokratisierung der Landwirtschaft zur Folge hat. Zudem kommt hinzu, dass die Abwicklung über die Verkaufsstellen umsatzsteuerpflichtig ausgestaltet worden ist, so dass neue - vermeidbare - Kostenbelastungen auf die Milcherzeuger zukommen. Der Strukturwandel milchviehhaltender Betriebe wird gegenüber dem altem - auch nicht voll befriedigendem System - behindert. Durch das Handeln von Referenzmengen an nur wenigen Terminen im Jahr besteht nur noch eine eingeschränkte Reaktionsmöglichkeit auf betriebliche Veränderungen. Selbst eine von beiden Partnern gewollte Zusammenlegung zweier Milchviehbetriebe ist nicht mehr möglich, da die Übertragung der Quote nur noch ausschließlich über die Verkaufsstellen erfolgen kann. Zu unterstützen sind die Forderungen des DBV nach einem Preiskorridor für die erste Verkaufsbörse, damit es hier nicht zu allzu großen preislichen Ausuferungen kommt.
Des weiteren muss man der Bundesregierung vorwerfen, dass sie es nicht verstanden hat, im Rahmen der Beschlüsse zur Agenda 2000 eine Ausdehnung der Milchproduktion in der EU zu verhindern. Durch diesen Beschluss werden die Milchpreise weiter stark unter Druck geraten.
Im Hinblick auf die Laufzeit der Marktorganisation Milch bis 2008 müssen den Milcherzeugern frühzeitig Perspektiven für die Zeit danach aufgezeigt werden, damit sie sich rechtzeitig auf neue Marktbedingungen einstellen können.
b) Ackerkulturen Die Stützpreise bei Getreide wurden bereits durch die Beschlüsse zur Agenda 2000 erheblich abgesenkt. Die Ausgleichzahlungen kompensieren diese Preissenkungen nicht voll. Um so wichtiger ist es deshalb, dass diese Ausgleichszahlungen Bestand haben und nicht willkürlich verändert werden. Leider ist die EU-Kommission von diesem Prinzip abgewichen, indem sie die Interventionskriterien für Getreide verschlechtert hat. Diese Maßnahme ist umso mehr zu verurteilen, als diese Änderung bereits für die diesjährige Ernte gilt. Unverständlich ist auch die Kommentierung der EU-Kommission. Sie begründet ihren Schritt als ein Signal für mehr Wettbewerbsfähigkeit, obwohl damit die nordeuropäischen Anbauer einseitig benachteiligt werden. Enttäuschend ist auch, dass die Bundesregierung sich bei der Entscheidung der Stimme enthalten hat, statt für eine Lösung einzutreten, die den Praxisbedingungen unter Landwirten gerecht wird. Wir fordern die Bundesregierung auf, in Brüssel für die Wiederherstellung der bisherigen Interventionskriterien Sorge zu tragen.
Die europäische Zuckermarktordnung, die bis zum Wirtschaftsjahr 2000/01 befristet ist, muss mindestens bis 2006/07 unter Beibehaltung der bisherigen Konditionen verlängert werden. Sie hat sich sowohl unter Kosten- als auch Einkommensgründen bisher bestens bewährt und stellt eine stabile Marktversorgung sicher.
7. Agrarsozialpolitik Die Agrarsozialpolitik hat sich seit den 50er Jahren Schritt für Schritt zu den wichtigen Säulen der nationalen Agrarpolitik entwickelt. Durch die Beteiligung des Staates an der Finanzierung konnten die bäuerlichen Familien beträchtlich von Sozialabgaben entlastet und damit der Agrarstandort Deutschland in seiner Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Durch die Kürzungen der Bundeszuschüsse um über 700 Mio. DM wurde das agrarsoziale System schlagartig schwer beschädigt. Für die Landwirte bedeuten die Kürzungen erhebliche Beitragserhöhungen und damit eine weitere Schwächung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.
CDU/CSU treten dafür ein: - Die vorgenommenen Kürzungen der Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung und Krankenversicherung
der Landwirte in Höhe von 365 Mio. DM zurückzunehmen und der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zur Entlastung der Beitragszahler zufließen zu lassen. - Bei der Reform der landwirtschaftlichen Unfallversicherung durch Konsolidierung die Stärkung der wirtschaftlichen Betriebe in den Vordergrund zu stellen sowie die Voraussetzungen für eine Privatisierung zu ermöglichen. - Bei der Alterssicherung der Landwirte den alten Mittelansatz wieder herzustellen und ebenso wie bei der Bundesknappschaft und
der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung dem wachsenden Ungleichgewicht zwischen Beitragsempfängern und Beitragszahlern Rechnung zu tragen. - Bei der Neugestaltung der Sozialversicherungsträger der LSV keine zentrale Einrichtung zu schaffen, sondern im notwendigen und vertretbaren Umfang zukunftsfähige selbständige Sozialversicherungsträger zu erhalten und die Selbstverwaltung zu stärken. Die unverzichtbare Beratung der Landwirte vor Ort
muss gewährleistet bleiben.
8. Forstpolitik Knapp ein Drittel der Fläche Deutschlands ist bewaldet (11 Millionen Hektar). Die CDU/CSU betrachtet die Erhaltung eines gesunden Waldbestandes als gesellschaftliche Aufgabe zum Wohle unseres ganzen Volkes. Schwerpunkte unserer Politik sind die Bekämpfung der neuartigen Waldschäden und die Förderung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Forst- und Holzwirtschaft in Deutschland.
Die Besitzer von Wald haben schon immer generationenübergreifend ihre Wälder nachhaltig und naturnah bewirtschaftet, deshalb können CDU/CSU die Diskussion um die Zertifizierung von Holz, die in der jüngeren Vergangenheit immer mehr ideologische Ziele annahm, nicht nachvollziehen. Von bestimmter Seite wurde der Eindruck erweckt, daß die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung der Wälder Deutschlands nur anhand des "Forest Stewardship Council" (FSC) garantiert werden könnte. Die Leute verkennen aber, dass damit Eulen nach Athen getragen werden, denn der deutsche Wald wird schon seit vielen Gernerationen schon so bewirtschaftet, wie der FSC es verlangt.
Wenn also Holz aus deutschen Wäldern zertifiziert werden soll, kann dies nur den Sinn haben, die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens zu dokumentieren. Mit dem FSC-Zeichen würde aber den Waldbesitzern eine Zertifizierung aufgezwängt, die aufgrund der damit verbundenen Bürokratie hohe Kosten verursacht. Dies wäre anhand der ohnehin schon schwierigen wirtschaftlichen Lage der Waldbesitzer kontraproduktiv. Die weitere nachhaltige Waldbewirtschaftung wäre damit eher gefährdet.
Die CDU/CSU begrüßt und unterstützt deshalb ausdrücklich die auf Initiative der privaten Waldbesitzer, des Holzhandels und der Forstindustrie aus 17 europäischen Staaten eingeführte Paneuropäische Forstzertifizierung (PEFC). Damit ist gewährleistet, dass: - kein Waldbesitzer aufgrund seiner Waldbesitzgröße diskriminiert werden darf, - ein kostengünstiges Zertifizierungssystem geschaffen wird und - das System transparent ist sowie von unabhängiger Stelle kontrolliert wird.
Diejenigen, die dennoch meinen, der deutschen Forstwirtschaft ein internationales Zertifikat aufzwingen zu müssen, sollten sich vergegenwärtigen, dass die herrlichen Waldlandschaften bei uns in Deutschland dank der Arbeit unserer Waldbesitzer und ohne den Zwang eines solchen Siegels geschaffen worden sind und gepflegt werden.
9. Naturschutzpolitik Für unsere Landwirtschaft ist es wichtig, das keine Naturschutzpolitik gegen sie betrieben wird. Der Naturschutz braucht die Landwirtschaft, um mit deren vielfältigen Erfahrungsschatz einer in Generationen gewachsenen, nachhaltigen bäuerlichen Landbewirtschaftung die Sicherung der natürlichen Produktionsgrundlagen zu gewährleisten. Andererseits braucht die Landwirtschaft eine intakte Natur, um gesunde Lebensmittel erzeugen zu können. Landwirtschaft und Naturschutz für ein wirkungsvolles miteinander muss somit die politische Zielvorgabe sein. Wenn die rot-grüne Bundesregierung das Naturschutzgesetz zu Lasten der Bauern ändern will, wird er auf erbitterten Widerstand von CDU/CSU treffen. Er übersieht dabei, dass es unsere Landwirte sind, die seit Jahrhunderten mit ihrer nachhaltigen Landbewirtschaftung die Kulturlandschaft pflegen und aktiven Naturschutz praktizieren. Die deutschen Landwirte und Waldbesitzer haben bereits über 40 % der Fläche Deutschlands freiwillig in Umweltprogramme eingebracht. Ausgleichsregelungen für Auflagen, die über die gute fachliche Praxis hinausgehen, sind eine Selbstverständlichkeit. Mit der CDU/CSU wird es keine Abschaffung der Ausgleichsregelung, keine Einführung einer Verbandsklage sowie Änderung der Definition des Begriffs der guten fachlichen Praxis zu Lasten der Land- und Forstwirtschaft geben. Die Landwirtschaft ist Vorreiter für Agenda 21.
10. EU-Osterweiterung Mit dem Kapitel Landwirtschaft ist vor kurzem eines der letzten Kapitel in den Erweiterungsverhandlungen der EU mit den sechs Staaten der sog. Luxemburg Gruppe eröffnet worden. Die EU-Osterweiterung ist eine gesamtgesellschaftliche Notwendigkeit, bei der sowohl die direkten Auswirkungen agrarpolitischer Maßnahmen im Agrarsektor, als auch deren mittelbare Konsequenzen über den Agrarsektor hinaus für die betroffene Bevölkerung von großer Bedeutung sind.
Wie bei früheren Beitritten muss auch bei der Osterweiterung uneingeschränkt nach dem Prinzip der vollständigen Übernahme des Gemeinschaftsrechts vorgegangen werden.
- Es muss sichergestellt sein, dass eine funktionierende Verwaltung zur Umsetzung der Gemeinschaftsvorschriften sowie zur Kontrolle vorhanden ist. Im Landwirtschafts- und Nahrungsmittelbereich sind wohl längere Übergangsfristen bis zur vollen Integration unumgänglich.
- Das Erfordernis von Übergangsfristen in bestimmten Politikbereichen muss praxisgerecht gelöst werden, da im Gegensatz zu früheren Beitritten innerhalb der EU aufgrund des
bestehenden Binnenmarktes jetzt keine Grenzen mehr vorhanden sind.
- Es ist außerordentlich wichtig, dass im Falle eines Beitritts die heutigen hohen Standards in den Bereichen Verbraucher-, Tier- und Umweltschutz beibehalten werden.
Ein weiterer Kernpunkt der Verhandlungen werden die Direktzahlungen sein, deren vollständige Übernahme die mittel- und osteuropäische Beitrittskandidaten in seltener Einmütigkeit fordern. Bei einer Übertragung der direkten Beihilfen entstünde eine Finanzierungslücke von 12 Mrd. Euro, dies ist nicht finanzierbar. Keinesfalls darf dafür der jetzige Haushalt für die EU-Agrarpolitik herangezogen werden. Bei der Regionalpolitik ist eine Plafondierung der Mittel erforderlich, da ansonsten die jetzigen EU-Staaten finanziell überfordert werden. Von daher ist für die Osterweiterung die bereits seit langem von CDU/CSU geforderte nationale Kofinanzierung erforderlich. Zahlungen im Vorfeld des Beitritts und ggf. während der Übergangsfristen sollten in erster Linie den Staaten zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Strukturen und Modernisierung der Verarbeitungsindustrie zur Verfügung gestellt werden. Dies bringt für die Beitrittsländer mehr als die Zahlung von Direktzahlungen.
11. WTO-Verhandlungen Es ist positiv, dass die europäische Landwirtschaft zusammen mit den Verbraucher-, Tier- und Umweltschützern in einem Boot sitzt, und man zusammen für die Anerkennung und Festschreibung der hohen europäischen Standards streitet. Bei den Verhandlungen kann nicht der absolut freie Handel höchste Maxime sein, sondern er muss auch zu fairen Bedingungen stattfinden. Es darf nicht sein, dass künftig auf der einen Seite Agrarprodukte zu niedrigsten Produktionskosten erzeugt werden müssen, auf der anderen Seite den Handelskonzernen die größte Gewinnspanne zu garantieren, denn dann bliebe der Verbraucher- und Tierschutz sowie unsere Kulturlandschaft auf der Strecke.
Es war wichtig, dass die Europäer in Seattle geschlossen aufgetreten sind. Dabei muss es bei den Verhandlungen in den kommenden Monaten auch bleiben, um die wichtigen Ziele, wie der Erhalt einer multifunktionalen Landwirtschaft und die Festschreibung der hohen europäischen Standards, zu erreichen. Wenn nun Bundeswirtschaftsminister Müller äußert, er habe Sympathie dafür, wenn die EU beim Agrar-Subventionsabbau weiter unter Druck kommt, sabotiert er wissentlich die Verhandlungsführung der EU. Die CDU/CSU wird auch bei den kommenden Verhandlungen in Genf die EU weiter unterstützen und so für die Interessen der Landwirte und der Verbraucher eintreten.
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