CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Merz: Noch 22 Wochen
Berlin (ots)
In der morgigen Ausgabe der Esslinger Zeitung erscheint folgende Kolumne des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz MdB:
Der Text ist frei.
Die Zeiten, in denen die Deutschen auf Mark und Pfennig rechnen - und die meisten anderen EU-Bürger entsprechend in ihren Währungen - sind in nicht einmal einem halben Jahr vorbei. Dann wird der Euro mit der Ausgabe von Scheinen und Münzen zu einer vollwertigen und für den Einzelnen umfassend verwendbaren Währung. Das Problem ist, daß uns in Europa 22 Wochen vor dem wichtigen Ereignis klare politische Visionen für die Zukunft dieses Kontinents fehlen. Der Europäischen Union selbst fehlt eine kraftvolle Führung , und die deutsch-französischen Beziehungen - immer der Motor auf dem Weg zur politischen Integration - haben ihre Antriebskraft verloren. So müssen wir etwa die Handlungsfähigkeit der EU mit Mehrheitsentscheidungen verbessern und die Abstimmungsverfahren im Rat vereinfachen - eben dies kommt nicht voran oder ist komplizierter als je zuvor.
Dies sind keine guten Voraussetzungen, um eine Union, die eines Tages 20, 24 oder 27 Mitglieder zählt, zusammenzuhalten und erfolgreich zu machen. Aber gerade diese anstehende Erweiterung macht die Frage nach der politischen Gestalt so dringend. Wie müssen wir die Beschlüsse von Nizza weiterentwickeln, um Europa wieder handlungs- und entscheidungsfähig zu machen?
Das Ziel muß in einer wirklich föderalen Ordnung der Europäischen Union bestehen, die sich an den Prinzipien der Subsidiarität orientiert. Diese Idee ist nicht neu; wir diskutieren darüber schon seit langer Zeit und verwenden dazu den Begriff des Verfassungsvertrages, so wie ihn Wolfgang Schäuble vor Jahren in die Diskussion gebracht hat. Nur sind die Staats- und Regierungschefs in Nizza leider die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, welchen Inhalt ein solcher europäischer Verfassungsvertrag haben soll. Damit ist bislang ungeklärt: Wozu brauchen wir Europa? Wieviel und welches Europa wollen wir? Und ist eine Union von möglicherweise 24 oder 29 Mitgliedern als homogener Staatenverbund mit gleichen Rechten und gleichen Pflichten für alle politisch und organisatorisch überhaupt zusammenzuhalten? Eben diese Zweifel muß der Europäische Verfassungsvertrag ausräumen, indem er die Kompetenzen festlegt und die Gemeinschaftsaufgaben ausgestaltet. Daneben brauchen wir eine Reform der Institutionen. Denn das Europäische Parlament ist heute noch kein vollwertiger Gesetzgeber, der Rat dagegen ist Gesetzgeber und Exekutive zugleich und auch die Kommission erfüllt legislative und exekutive Aufgaben. Erst wenn die europäischen Strukturen der demokratischen Gewaltenteilung gerecht werden, wird sich auch für die Organisation selbst das einstellen, was für jede Währung - also auch den Euro - unabdingbar ist: Vertrauen und der Glaube an die Wertbeständigkeit.
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