Schröders Wahlkampfstrategie: Gewerbefreiheit oder Freiheit für alle?
Hamburg (ots)
Erstmals hat Bundeskanzler Gerhard Schröder seine Strategie für den Bundestagswahlkampf 2006 erläutert. Er sieht einen Kampf zweier Lager voraus, in dem um den Begriff der Freiheit gerungen wird: "Die Koalition steht für einen Freiheitsbegriff, der seiner sozialen Bezüge nicht entkleidet wird, und die anderen sollen mit ihrem doch eher ausschließlich an der Gewerbefreiheit orientierten Freiheitsbegriff antreten. Dann wird man sehen, wie das Volk sich entscheidet."
In diesem Zusammenhang greift der Kanzler auch den Bundespräsidenten an. In Anspielung auf dessen Arbeit 1990 als Staatssekretär im Finanzministerium sagt Schröder: "Der Bundespräsident hat ein gutes Recht, auch ökonomische Vorstellungen, die er hat, zu thematisieren. Was er zur Wirkung von Lohnnebenkosten gesagt hat, ist ja richtig - so wie es auch 1990 schon richtig war ... Aber unsere Aufgabe besteht nicht zuletzt darin, mit den damals getroffenen Fehlentscheidungen fertig zu werden und sie schrittweise zu korrigieren; also die sozialen Sicherungssysteme auf die neuen Bedingungen einzustellen und die Finanzierungsfragen besser zu lösen."
Die schlechte Lage der rot-grünen Koalition führt der Kanzler auf die Wirkung der Arbeitslosenzahlen zurück und auf das Debakel der SPD in Kiel. Dabei bestritt er, auf Heide Simonis Druck ausgeübt zu haben, alle vier Wahlgänge durchzustehen: "Absolut nicht. Ich habe mich aus guten Gründen aus der Diskussion herausgehalten." Allerdings habe er am Tag ihrer Niederlage gemeinsam mit seiner Ehefrau Trost gespendet: "Was stimmt, ist, dass meine Familie an dem Donnerstag hier im Kanzleramt war und ich dann spätabends Heide Simonis angerufen habe und auch meine Frau mit ihr gesprochen hat, allerdings nachdem alles vorbei war. Wir haben auch keinen Ratschlag gegeben, sondern ein Gespräch geführt, wie es sich unter Menschen gehört, die über lange Zeit - nicht immer konflikfrei - miteinander zu tun hatten: Wir wollten sie trösten und unser Mitgefühl deutlich machen."
Die Visa-Affäre schade eher der SPD als den Grünen, behauptet der Bundeskanzler: "Die an sich nicht zulässige Vermischung zwischen den Vorkommnissen und der angeblich massenhaften Gefährdung von Arbeitsplätzen für Deutsche mag dazu geführt haben, dass es die SPD mehr trifft als die Grünen."
Das komplette Interview der ZEIT Nr. 14 vom 31. März 2005 senden wir Ihnen gerne zu.
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