Thema der MEDICA 2007: Gesundheitskarte zwischen Fortschritt und Kritik - Erfahrungen aus den Pilotregionen
Düsseldorf (ots)
Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) feiert im Rahmen der MEDICA Premiere! Dieser Satz könnte auch aus den Vorjahren stammen. Denn die Karte ist "Dauerbrenner"-Thema der mit rund 4.300 Ausstellern aus 65 Nationen weltweit führenden Medizinfachveranstaltung (Fachmesse + Kongress + Sonderschauen). Die diesjährige MEDICA in Düsseldorf (14. bis 17. November 2007) wird aber für Besucher die erste Gelegenheit bieten, sich über konkrete, praktische Ergebnisse aus den Testregionen der Karte zu informieren.
Diese Praxistests in insgesamt sieben über ganz Deutschland verteilte Regionen starteten Anfang des Jahres mit dem so genannten "Release 0". Dabei ging es lediglich darum, zu testen, ob die auf den neuen elektronischen Gesundheitskarten abgelegten Versicherteninformationen (Name, Geburtsdatum, Krankenkasse, Versichertennummer etc.) in den Arztpraxen und Kliniken zuverlässig gelesen werden können. "Diese Tests hat die elektronische Gesundheitskarte bestanden", sagt der zuständige Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Klaus-Theo Schröder. Die Politik ist damit sogar so zufrieden, dass sie im August gemeinsam mit der Betreibergesellschaft für die elektronische Gesundheitskarte, gematik, beschlossen hat, mit der bundesweiten Ausgabe der Gesundheitskarte - dem Rollout - schon im Frühjahr 2008 zu beginnen.
Doch die Karte, die dann schrittweise bundesweit ausgegeben werden soll, wird noch nicht mehr können als die bisherige Versichertenkarte. Die eigentlich interessanten Dinge passieren weiterhin in den Testregionen, in denen derzeit der so genannte "Release 1" läuft. "Dabei geht es unter anderem darum, elektronische Rezepte und elektronische Notfalldaten zu testen und die Arztpraxen, Krankenhäuser und Apotheken mit dem für die neue digitale Welt nötigen Equipment auszustatten", betont Dirk Drees von der gematik.
Wichtige Komponente: der Konnektor
Sowohl über die Testphase als auch über die einzelnen Komponenten der künftigen digitalen Infrastruktur können sich Besucher der MEDICA aus erster Hand informieren. Die gematik selbst ist, wie schon im vergangenen Jahr, mit einem eigenen Stand vertreten (Halle 16, B21). Aber natürlich ist die Gesundheitskarte auch Thema an vielen Ständen von Unternehmen, wo jene Komponenten in Augenschein genommen werden können, die schon industriell gefertigt werden. Am wichtigsten ist der so genannte Konnektor, der Arztpraxen und Kliniken sicher ans Netz bringt und der mittlerweile zumindest für einige Ärzte in den Testregionen gelebte Realität ist. Solche Konnektoren gibt es als Hardware- und als Software-Variante. Der Konnektor als "kleine Box" ist unter anderem an den Ständen der Unternehmen InterComponentWare (Halle 15, Stand E48) und Siemens (Halle 10, Stand A18) zu bestaunen. Die bisher einzige von der gematik zugelassene Software-Lösung für die Anbindung der Praxis- oder Klinik-EDV an das künftige Medizinnetz präsentiert das Unternehmen MaK DATA SYSTEM (Halle 15, D 26).
Interessant vor allem für die niedergelassenen Ärzte sind auch die Stände der Hersteller von Kartenlesegeräten. Mit der politischen Entscheidung für einen vorgezogenen bundesweiten "Roll-out" der neuen Karten kommen diese Unternehmen in die Situation, Lesegeräte herstellen zu müssen, die die neuen elektronischen Gesundheitskarten nicht nur einlesen können. Sie sollten später auch für elektronische Rezepte und Notfalldaten einsetzbar sein, damit keine doppelten Investitionen nötig sind.
Wie es gehen kann, zeigt beispielhaft das Berliner Unternehmen Celectronic (Halle 15, Stand G05). "Wir bieten mit dem CARD STAR / medic2 schon heute ein Gerät an, das die elektronische Gesundheitskarte einlesen und später zu einem E-Health-Terminal erweitert werden kann", sagt Celectronic-Geschäftsführer Volker Czmok.
Heiße Diskussion vorprogrammiert - Vorbehalte gegenüber der eGK
Die elektronische Gesundheitskarte und alles, was damit produktbezogen zusammenhängt, ist auf der MEDICA aber nicht nur Ausstellungsstück, sondern auch Diskussionsgegenstand. Denn insbesondere die niedergelassenen Ärzte stehen der neuen Karte weiterhin mehrheitlich skeptisch gegenüber. Sie fürchten mehr Bürokratie und sehen in der elektronischen Speicherung persönlicher medizinischer Daten eine Gefahr für die Vertraulichkeit und für die Arzt-Patienten-Beziehung. Heiß diskutiert werden dürfte auf jeden Fall am Mittwoch, 14. November, im Rahmen der Sonderschau MEDICA MEDIA (Forum für Telemedizin/ Halle 16). Denn hier ist die neue elektronische Gesundheitskarte einen ganzen Tag lang Thema von Vorträgen und Diskussionen.
Die Kritik der Ärzte richtet sich vor allem gegen den mangelnden Nutzen der Digitalisierung. Abhilfe schaffen soll hier der elektronische Arztausweis, der es Ärzten z. B. ermöglichen wird, elektronisch Befunde und Arztbriefe zu unterschreiben und sie sicher an Kollegen zu versenden. Wie das aussehen wird, zeigen die Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe am Stand des Landes Nordrhein-Westfalen. Hier wird eine exemplarische Demonstration installiert sein: Durch Praxis-EDV wird ein strukturierter Arztbrief im neuen XML-Standard erzeugt, mit einem elektronischen Arztausweis digital signiert und dann verschlüsselt versandt. Beim "Kollegen" ein paar Tische weiter kann der Arztbrief dann in einem anderen Praxis-EDV-System abgerufen werden, wobei Daten wie Diagnosen und Medikation automatisch in das System des Empfängers übertragen werden (Halle 03, Stand D91).
Der Arztbrief der Ärztekammern ist allerdings bisher noch nicht für die breite Mehrheit der Ärzteschaft verfügbar. Am Stand des Unternehmens MediSign (Halle 15, Stand A05) können Besucher sich davon überzeugen, was heute schon geht. Denn dort ist der elektronische Heilberufeausweis für Ärzte schon ein ganz konkretes Produkt. Zu sehen ist, wie Ärzte mit einer "MediSign-Karte" genannten Chipkarte vertraulich und fälschungssicher miteinander und mit Kassenärztlichen Vereinigungen und privatärztlichen Verrechnungsstellen kommunizieren. Zumindest die Zahnärzte haben die MediSign-Karte mittlerweile als eine Art vorläufigen elektronischen Arztausweis anerkannt. "Wir meinen, dass die Humanmediziner einen ähnlichen Weg beschreiten sollten", sagt der Vorsitzende des Verbands der Hersteller von IT-Lösungen für das Gesundheitswesen (VHitG), Jens Naumann. Klar ist: Ohne neuen elektronischen Arztausweis gibt es auch kein elektronisches Rezept. Die Weiterentwicklung der beiden Karten - neuer Arztausweis und elektronische Patientenkarte - ist sehr eng miteinander verknüpft. Nur wenn beide Karten gut funktionieren und das Konzept letztlich die große Mehrheit der Ärzte überzeugt, kann das größte IT-Projekt im deutschen Gesundheitswesen ein Erfolg werden.
Informationen zum Thema elektronische Gesundheitskarte im Rahmen der MEDICA 2007 unter: http://www.medicamedia.de/wegweiser_egk.html
Informationen im Internet unter: http://www.medica.de
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