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Weiter Skepsis gegenüber Reformen im Familienrecht
Besser keine Reform als diese Reformen

Berlin (ots)

Das Forum Soziale Inklusion (FSI) formuliert große Skepsis gegenüber den geplanten Reformen im Familienrecht aus dem Bundesjustizministerium. "Der Vorschlag des BMJ zur Reform des Unterhaltsrechts im August 2023 ging bereits vollständig an den Erwartungen der Zivilgesellschaft vorbei", rügt Gerd Riedmeier, Vorsitzender von FSI und kritisiert: "Auch das aktuelle Eckpunktepapier zur Reform des Kindschaftsrechts hält in weiten Teilen nicht, was BM Buschmann (FDP) angekündigt hatte." Mehr Autonomie und Gestaltungsmöglichkeiten für die Eltern in Trennungsfamilien, partnerschaftliche Betreuung sollte gefördert werden.

Das Gegenteil sei der Fall, so FSI: Für die Mehrzahl der betreuenden Eltern in den zweiten Haushalten solle sich nichts ändern. Die Hierarchisierung der Eltern in einen Betreuungs- und einen "Umgangs"-Elternteil bleibe erhalten. Dabei war das BMJ vor Jahren wesentlich weiter. So empfahl die Expertenkommission des BMJ im Jahre 2019 Gleichbehandlung für beide getrennte Eltern: Der Begriff "Umgang" solle nicht mehr für sie verwendet werden, sondern Betreuung. "Das ist unter BM Marco Buschmann (FDP) Makulatur geworden", kritisiert Riedmeier.

Setze bereits das aktuell geltende Familienrecht starke Streitanreize und begrenze eskalierendes Verhalten nicht, so multiplizieren die im Eckpunktepapier vorgeschlagenen Reformen mit ihrer willkürlichen Einteilung der Betreuung der Kinder in "Stufen" die Konfliktanlässe. Daran könne auch eine angedachte Betreuungsvereinbarung zwischen den Eltern wenig ändern, wenn der Streitwert durch Fehlanreize weiterhin künstlich hochgehalten werde.

Das sei nicht das, was Trennungsfamilien erwarten, so FSI.

Die erstmalige Aufnahme der gleichberechtigten Betreuung der Kinder in Trennungsfamilien ("Wechselmodell") in positives Recht klingt vielversprechend. Bedauerlich ist jedoch, dass die Definition von Wechselmodell weit hinter der geltenden Rechtsprechung des BGH zurückbleiben soll. Auch sei die Abgrenzung willkürlich und ausgrenzend. "Was passiert mit Eltern, die ihre Kinder etwas weniger als 50 % betreuen?"

Fassungslos kommentiert FSI das Fehlen von Präventionsmaßnahmen gegen Kontaktabbrüche zwischen Trennungskindern und ihren (zweiten) Eltern. Jedes Jahr verlieren rund 40.000 Kinder in Deutschland einen Elternteil durch Trennungskonflikte. Das BMJ komme seinem Schutzauftrag hier nicht nach.

Als sehr sensibel sieht FSI die intendierte Hereinnahme des Straftatbestands "häusliche Gewalt" in das Privatrecht. Wünschenswert ist, die betroffenen Kinder und beide Eltern vor Gewalt zu schützen. Den Familiengerichten stehen dazu bereits heute umfangreiche Maßnahmen zur Verfügung. Eine entscheidende Frage lässt das Eckpunktepapier jedoch aus: Wie will man zwischen tatsächlicher und prozesstaktisch behaupteter Gewalt unterscheiden? Auf dieses zentrale Dilemma der Familiengerichte geht der Entwurf nicht ein. Ein automatischer Ausschluss eines Elternteils aufgrund bloßer Behauptung würde das Ergebnis eines Gerichtsverfahrens vorwegnehmen und gegen Grundprinzipien des Rechtsstaats verstoßen.

Generell orientierten sich die Reformansätze überwiegend nicht an den Bedürfnissen von Trennungsfamilien, sondern an den Interessen von Minderheiten. Erklärlich seien die einseitigen Reformvorschläge nur durch zu große Nähe von Legislative und Exekutive zu einflussreichen Lobby-Organisationen, die lediglich die Interessen der Meldehaushalte in Trennungsfamilien vertreten. Die Bedarfe der Kinder in den zweiten Haushalten wollen sie nicht sehen.

"Das Justizministerium ist immer noch in den Vorstellungen der 50er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts gefangen", kritisiert FSI. Damals lebten Kinder in Trennungsfamilien nahezu ausschließlich im Haushalt der Mutter. Heute verbringen die Kinder jedoch unterschiedlich viel Zeit in beiden Haushalten der getrennt erziehenden Eltern, viele Eltern wollen die Betreuung hälftig teilen. Die Emanzipation der Politik von überkommenen Rollenbildern stehe weiter aus; die Gesellschaft sei bedeutend weiter, bedauert FSI.

Als zynisch bezeichnet FSI deshalb die Formulierungen von BM Marco Buschmann (FDP) als "größte Reform des Familienrechts seit vielen Jahren". Wenn es um Regenbogenfamilien gehe, könne das zutreffen, nicht jedoch bei Trennungsfamilien. In Zukunft werde der Streit in diesen Familien aufgrund des Entwurfs weiter zunehmen.

Dabei formuliert die FDP in ihrem noch heute gültigen 10-Punkte-Programm ganz anders: "Unsere Kinder haben es verdient, dass der Gesetzgeber endlich überkommene Rollen- und Familienbilder über Bord wirft" und: "Das Prinzip ´einer betreut, der andere zahlt´ hat ausgedient", es "sollen dementsprechend stets beide Elternteile für den Unterhalt des Kindes einstehen."

Ein am Kindeswohl orientiertes Kindschaftsrecht muss die gemeinsame Verantwortungsübernahme der Eltern fördern, eskalierendes Verhalten wirksam sanktionieren und so auf den Erhalt der Beziehung der Kinder zu beiden Eltern hinwirken.

Für Trennungsfamilien ist in den Entwürfen des FDP-geführten Bundesministeriums wenig Zeitgemäßes vorhanden; so fehlen Ansätze zu Modernisierungen im Melde-, Statistik- und Steuerrecht. Da bleibt für Trennungsfamilien nur die Wertung: "Besser keine Reform als diese Reformen".

Stellungnahme zur Reform des Unterhaltsrechts

Stellungnahme zur Reform des Kindschaftsrechts

Ergänzend:

Stellungnahme zur Reform des Abstammungsrechts

Pressekontakt:

FSI Forum Soziale Inklusion e. V.
Website: www.fsi-ev.de
Email: presse@fsi-ev.de
Vors.: Gerd Riedmeier
Tel. +49 (0)17661112357

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