Bündnis aus Umweltorganisationen, Wirtschaftsverbänden und der Gewerkschaft NGG fordert Zielquote für Mehrweggetränkeverpackungen im Verpackungsgesetz
Berlin (ots)
Einwegpolitik von Umweltministerin Barbara Hendricks muss gestoppt werden - Verpackungsgesetz muss Mehrweg fördern, anstatt es untergehen zu lassen - Mehrwegorientierte Verbände fordern Mehrwegquote, Kennzeichnung auf dem Produkt und Ausweitung der Einwegpfandpflicht auf Säfte und Nektare
Am 9. März steht die Zukunft des deutschen Mehrwegsystems für Getränkeverpackungen auf dem Spiel. Die Bundestagsabgeordneten beraten in der ersten Lesung über den aktuellen Entwurf des Verpackungsgesetzes. Umweltministerin Barbara Hendricks hat zuvor die Zielquote für ökologisch vorteilhafte Mehrweggetränkeverpackungen ersatzlos gestrichen. Mit dieser Entscheidung entzieht sie dem weltweit größten Mehrwegsystem jede politische und rechtliche Unterstützung. Das Bündnis aus Deutscher Umwelthilfe (DUH), Stiftung Initiative Mehrweg, mehrwegorientierten Wirtschaftsverbänden und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten fordert, anstatt das Mehrwegsystem zu demontieren, wirksame Maßnahmen zu dessen Schutz festzulegen. Hierzu sind folgende vier Maßnahmen erforderlich: eine verbindliche Mehrwegquote von 72 Prozent, eine Kennzeichnung von Getränkeverpackungen mit dem Wort "Einweg" und "Mehrweg" auf dem Produkt, die Ausweitung der Pfandpflicht auf Einweggetränkeverpackungen für Fruchtsäfte und Nektare sowie eine Abgabe auf Einweg in Höhe von 20 Cent zusätzlich zum Pflichtpfand. Ohne diese wichtigen Ergänzungen sollten die Bundestagsabgeordneten dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf des Verpackungsgesetzes sieht - anders noch als die geltende Verpackungsverordnung - keine Mehrwegquote mehr vor, die es zu erreichen gilt. Damit wird das erklärte Ziel des Gesetzentwurfs, Verpackungsabfälle zu vermeiden, in einem zentralen Punkt verfehlt und zu Gunsten des Recyclings von Einwegplastikflaschen und Dosen aufgegeben. Dies widerspricht der verbindlichen Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, welche die Abfallvermeidung und Wiederverwendung von Verpackungen dem Recycling voranstellt. Vor dem Hintergrund des aktuellen Ausstiegs von Coca-Cola aus dem Mehrwegsystem, der auf 42 Prozent gesunkenen Mehrwegquote sowie des wachsenden Anteils von Dosen auf mehr als fünf Prozent, wäre die Abschaffung der Mehrwegquote ein fatales politisches Signal. Die "Mehrweg-Allianz" fordert deshalb statt der Streichung der Zielquote für Mehrweggetränkeverpackungen deren Beibehaltung bei 72 Prozent und die Verknüpfung mit politischen Maßnahmen für den Fall der Nichterreichung. Eine solche politische Maßnahme wäre die Einführung einer Lenkungsabgabe auf unökologische Einweggetränkeverpackungen in Höhe von 20 Cent, wie diese bei Alkopops seit Jahren besteht.
Eine aktuelle Umfrage der TNS Emnid GmbH belegt, dass auch mehr als zehn Jahre nach der Einführung des Einweg-Pfandes nur 45 Prozent der Bevölkerung wissen, dass es neben bepfandeten Mehrwegflaschen auch bepfandete Einwegflaschen gibt. Um die bestehenden Verwechslungsrisiken zwischen Mehrweg- und Einweggetränkeverpackungen für Verbraucher zu minimieren, plant Umweltministerin Hendricks eine Kennzeichnung von Getränkeverpackungen in der Nähe des Produktes. Allerdings gibt es im Gesetzentwurf Schlupflöcher für Discounter wie ALDI und LIDL, die sie praktisch komplett von der Verantwortung befreien, Verbraucher ernsthaft aufzuklären. Ihnen ist es bei ausschließlichem Angebot von Einweggetränkeverpackungen möglich, ihre gesamte Verkaufsfläche mit nur einem einzigen Hinweisschild zu kennzeichnen. Weil der mehrwegorientierte Getränkehandel ein Mischsortiment von Mehrweg- und Einweggetränkeverpackungen anbietet, ist er zur Kennzeichnung jeder einzelnen Stellfläche gezwungen. Dadurch werden diejenigen ökonomisch benachteiligt, welche eigentlich gefördert werden sollten. Deshalb ist eine Kennzeichnung auf dem Produkt die einzig sinnvolle Lösung. Diese Einschätzung teilen die Bundesländer und haben Barbara Hendricks aufgefordert, eine Kennzeichnung auf dem Produkt umzusetzen.
Ökologisch führt die von Barbara Hendricks vorangetriebene Einwegpolitik zu immer größeren Abfallbergen und der Verschwendung wertvoller Ressourcen: Schon jetzt werden für mehr als 17 Milliarden Einweg-Plastikflaschen pro Jahr in Deutschland über 600.000 Tonnen Rohöl und Erdgaskondensate verbraucht und mehr als elf Milliarden Kilowattstunden Energie eingesetzt. Mit dieser Energiemenge könnten alle Einwohner Berlins ein Jahr lang mit Strom versorgt werden. Würde man alle alkoholfreien Getränke ausschließlich in Mehrweg- statt in Einwegflaschen abfüllen, ließen sich jedes Jahr 1,25 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Das entspricht dem CO2-Ausstoß von 575.000 Mittelklassewagen, die im Durchschnitt 15.000 Kilometer pro Jahr fahren. Dieser wichtige Beitrag von Mehrwegflaschen zur Erreichung der deutschen Klimaschutzziele steht durch die Streichung der Mehrwegzielquote auf dem Spiel.
Die Einwegpolitik der Umweltministerin gefährdet auch mehr als 145.000 überwiegend regionale Arbeitsplätze. Wird die Mehrwegquote gestrichen, werden Investitionsentscheidungen im Mehrwegbereich erschwert oder verhindert. Wenige Discounter und multinationale Getränkeproduzenten werden die Nutznießer sein. Zahlreiche mittelständische Abfüller, der Getränkefach- und Einzelhandel, sowie in beachtlichem Umfang die Arbeitnehmer im Mehrwegbereich, werden hingegen die Verlierer einer solchen Entwicklung sein. Darüber hinaus sollte die Einwegpfandpflicht auf Säfte und Nektare ausgeweitet werden, um die Mehrwegprodukte in diesem Bereich zu stützen. Im von der Einwegpfandpflicht befreiten Saft- und Nektarbereich ist die Mehrwegquote inzwischen unter fünf Prozent abgestürzt, wobei sie in den Getränkesegmenten mit einer Pfandpflicht auf Einwegverpackungen dagegen zwischen 20 und 80 Prozent liegt. Hinzu kommt, dass niemand nachvollziehen kann, warum dieselbe Einwegplastikflasche mit Cola bepfandet, aber mit Saft unbepfandet sein soll. Die Pfandpflicht sollte nicht nach dem Inhalt, sondern anhand der Verpackungsart festgelegt werden. Doch Barbara Hendricks möchte die völlig unverständlichen und kontraproduktiven Ausnahmen von Säften und Nektaren aus der Einwegpfandregelung beibehalten. Einweg-Plastikflaschen und Getränkedosen werden nach der Verpackungsverordnung jedoch als ökologisch nicht vorteilhafte Verpackungen eingestuft und sollten daher grundsätzlich und unabhängig vom Füllgut einer Pfandpflicht unterliegen.
Links: Hintergrundinformationen zu Mehrweggetränkeverpackungen http://www.duh.de/mehrweg_klimaschutz0/vorteile-von-mehrweg/ Fakten- und Forderungspapiere zu Mehrweggetränkeverpackungen http://l.duh.de/p080317
Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V.
0171 3649170, resch@duh.de
Clemens Stroetmann, Staatssekretär a.D., Geschäftsführer Stiftung
Initiative Mehrweg
030 330083850, info@stiftung-mehrweg.de
Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes des
Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V.
0172 2424950, guder@bv-gfgh.de
Roland Demleitner, Geschäftsführer des Verbandes Private Brauereien
Deutschland e.V.
0171 5311444, info@private-brauereien-deutschland.de
Andreas Vogel, Vorsitzender des Verbands des Deutschen
Getränke-Einzelhandels
0171 8611011, vogel@getraenke-einzelhandel.de
Jonas Bohl, Pressestelle der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten
0151 17480844, presse@ngg.net
DUH-Pressestelle
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf 030 2400867-20, presse@duh.de
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