Neue juristische Verfahren gegen Verbrauchertäuschung durch Gasversorger: Deutsche Umwelthilfe geht gegen angeblich "klimaneutrales" und "klimakompensiertes" Erdgas vor
Berlin (ots)
- Durch fragwürdige Kompensationen wird fossiles Erdgas zu "Ökogas" umgelabelt: DUH fordert fünf weitere Gasversorger auf, ihre irreführende Werbung einzustellen
- Untaugliche Kompensation mit Wasserkraftprojekten im globalen Süden, angebliche Klimaneutralität bleibt leeres Versprechen
- Anzahl der Rechtsverfahren gegen Gasversorger damit auf 20 Unternehmen angewachsen
- DUH kündigt zudem Rechtsverfahren gegen 3 Gasversorger an, die bereits zur Unterlassung verpflichtet wurden und sich nicht an ihre Zusagen halten
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat fünf weitere Gasversorger aufgefordert, ihre irreführende Werbung für angeblich "klimaneutrales" und "klimakompensiertes" Erdgas zu unterlassen: Das "Stadtwerk am See" in Überlingen sowie die Stadtwerke in Aalen, Bruchsal, Neustrelitz und Speyer. Diese fünf Unternehmen bewerben ihre Ökogas-Produkte durch die Kompensation der Klimagasemissionen mittels Emissionsgutschriften aus Wasserkraftprojekten. Nach einer Untersuchung durch die DUH sind diese jedoch untauglich, um die versprochene Klimaneutralität beziehungsweise eine ehrliche Klimakompensation zu erreichen. Bereits im April 2024 ist die DUH gegen 15 Gasversorger vorgegangen, die zur Kompensation ihrer "Ökogas"-Tarife auf Wald- und Kochofenprojekte zurückgegriffen hatten. Gemeinsam mit Correctiv hatte die DUH zuvor umfassend zum Thema "Ökogas" recherchiert und in einem ersten Schritt Rechtsverfahren gegen 15 Gasversorger eingeleitet.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, wenn ihnen beim Thema Heizen und Tanken klimaneutrale Technologien oder Kraftstoffe versprochen werden. Tatsächlich erleben wir eine aktive Verbrauchertäuschung gerade der umweltbewussten Kundinnen und Kunden, indem man ihnen fossiles Erdgas verkauft, das in Wirklichkeit mit untauglichen Klimakompensationsprojekten grün gewaschen wird. Die von uns untersuchten Wasserkraftprojekte im globalen Süden sind zur Kompensation von Treibhausgasemissionen in Deutschland ungeeignet und gaukeln effektiven Klimaschutz nur vor. Wir fordern die Gasversorger dazu auf, ihr Erdgas mit den tatsächlichen Informationen über den realen Klimagas-Fußabdruck zu bewerben und diesen nicht durch Verrechnung mit noch dazu ungeeigneten Kompensationsprojekten zu verstecken. Fossile Energieträger in grünem Gewand sind keine Lösung, sondern Teil des Problems."
Im Wesentlichen verstoßen die untersuchten Kompensationsprojekte gegen das Kriterium der sogenannten Zusätzlichkeit. Das heißt, dass die Projekte ohne die zusätzliche Finanzierung über CO2-Zertifikate nicht realisiert worden wären. Wenn wie in den untersuchten Fällen die Wasserkraftwerksprojekte bereits Jahre vor Beginn des Verkaufs von Kompensationszertifikaten umgesetzt wurden, ist nach Ansicht der DUH dieses Kriterium inhaltlich wie formal nicht erfüllt. Durch den Erwerb von Zertifikaten aus bereits existierenden Wasserkraftwerken findet damit kein zusätzlicher Klimaschutz statt.
Agnes Sauter, DUH-Leiterin Ökologische Verbraucherberatung und Marktüberwachung: "Die vermeintliche Kompensation von CO2 im globalen Süden ist hochproblematisch, etwa im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit und Zusätzlichkeit von Emissionseinsparungen. Genau wie bei den Gasversorgern, die wir im April wegen ungeeigneter Waldschutzprojekte zur Unterlassung aufgefordert haben, verweigern diese Gasversorger einen ehrlichen Klimaschutz und blenden zudem negative soziale und ökologische Folgen aus. Wir haben überprüft, ob die 15 Gasversorger, gegen die wir in diesem Frühjahr erfolgreich vorgegangen sind, ihre verbindlichen Erklärungen auf Unterlassung der Werbung mit angeblicher Klimaneutralität tatsächlich eingehalten haben. Bei drei der Unternehmen ist dies nicht der Fall und wir werden deshalb erneut juristische Schritte gegen diese Gasversorger einleiten."
Hintergrund:
Die DUH geht gegen folgende Unternehmen vor: Stadtwerk am See GmbH & Co KG in Überlingen, Stadtwerke Aalen GmbH in Aalen, Stadtwerke Bruchsal GmbH in Bruchsal, Stadtwerke Neustrelitz GmbH in Neustrelitz und Stadtwerke Speyer GmbH in Speyer.
Im April ist die DUH bereits gegen folgende 15 Gasversorger vorgegangen: Stadtwerke Landshut, Aschaffenburger Versorgungs-GmbH, evd Energieversorgung Dormagen GmbH, Teutoburger Energie Netzwerk eG, Stadtwerke Neu-Isenburg GmbH, LogoEnergie GmbH, Stadtwerke Fürstenfeldbruck GmbH, Stadtwerke Greifswald GmbH, Stadtwerke Bochum GmbH, EVM Energieversorgung Marienberg GmbH, Gas und Strom Mittelrhein GmbH, Stadtwerke Oberursel (Taunus) GmbH, Vereinigte Stadtwerke GmbH, E.ON Energie Deutschland GmbH und lekker Energie GmbH. 13 Gasversorger haben sich gegenüber der DUH strafbewehrt dazu verpflichtet, ihre Erdgastarife nicht mehr als klimaneutral zu bezeichnen. Ein Unternehmen nimmt aktuell keine Neukunden auf. Gegen das Energieunternehmen E.ON Energie Deutschland GmbH wird die DUH Unterlassungsklage am Landgericht München I einreichen.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Agnes Sauter, Leiterin Ökologische Verbraucherberatung und Marktüberwachung
0175 5724833, sauter@duh.de
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