Börsen-Zeitung: Schering braucht Therapie, Kommentar zum Quartalsbericht von Ulli Gericke
Frankfurt (ots)
Die Zahlen sind wahrlich beeindruckend. Um ein gutes Drittel steigerte der Pharmakonzern Schering im Sommerquartal seinen Vorsteuergewinn, womit das Konzernergebnis in den ersten neun Monaten um ein Viertel nach oben schnellte. Bereits per Ende September haben die Berliner damit fast genauso viel verdient wie im gesamten Vorjahr. Dennoch notiert die Aktie selbst nach dem gestrigen Plus mit gut 51 Euro um 7% niedriger als Ende 2004 während der Dax um fast ein Fünftel und der Branchenindex Stoxx Healthcare um knapp ein Viertel zulegte.
Die massive Underperformance dokumentiert deutliche Probleme in der Produktpipeline. Mit der Folge, dass die Berliner zuletzt fast im Monatsrhythmus von unerwarteten Nebenwirkungen, von Verzögerungen oder Studienergebnissen berichten mussten, die die erhofften Heilwirkungen vermissen ließen. Und nach jeder dieser Horrormeldungen ging der Aktienkurs erneut in die Knie.
Kein Wunder, dass der Geduldsfaden bei größeren Anteilseignern inzwischen zum Reißen gespannt ist womit die Urangst der Berliner, (zu) billig von einem Wettbewerber übernommen zu werden, wieder fröhlich Auferstehung feiert. Gleichwohl gibt sich der Vorstand (zumindest nach außen) ungerührt. Obwohl nicht alle Erwartungen in der Forschungs- und Entwicklungspipeline in Erfüllung gegangen sind, zeigt sich Vorstandschef Hubertus Erlen voller Optimismus. Mit neuen Produkten und vielversprechenden Medikamententwicklungen sei eine nachhaltige Ertragsverbesserung auch über das Zieljahr 2006 hinaus sicher.
Genauer wollte sich das Management freilich nicht festlegen lassen. Weil es die inhaltliche Bescheidenheit dieser Proklamation ahnt? Unterdessen laufen Mittel aus dem Patentschutz aus, ohne dass infolge der jüngsten Zulassungsverzögerungen ausreichend Nachfolger nachwachsen. Die aktuellen exzellenten Gewinne drohen also zu auslaufenden Ausnahmen zu werden. Mit katastrophalen Folgen für den Aktienkurs, der momentan ausschließlich durch die Ertragsentwicklung gestützt wird.
Um der spürbar werdenden Unruhe bei Schering zu begegnen, sind grundlegende Änderungen notwendig. In der Forschung, der Entwicklung und dem Management beider Bereiche, die die Zukunft des Konzerns sichern müssen. Weniger reicht nicht mehr aus.
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