Rheinische Post: Kirche und Islam - Von JENS VOSS
Düsseldorf (ots)
Soll man den Islam den Kirchen rechtlich gleichstellen - als Körperschaft des öffentlichen Rechts? Kardinal Lehmann hat mit seinem Nein auf einen zentralen Punkt hingewiesen: Rechtliche Gleichstellung ist kein formaler, sondern ein inhaltlich qualifizierter Akt. In Wahrheit sind die Muslime bei uns noch kaum als eine den Kirchen vergleichbare "Körperschaft" erkennbar; sie sind tief zersplittert in weltliche Einzelne (die dreimal im Jahr in die Moschee gehen), in Moscheevereine sowie Verbände, die jeweils nur einen Bruchteil der Muslime repräsentieren und teils am radikalen Rand islamischen Geisteslebens angesiedelt sind. Der Islam insgesamt ist mitten in einem Prozess der Selbstaufklärung, schwankt zwischen Gottesstaatsdenken und Weltoffenheit. Und wenn sich in Köln Widerstand gegen einen Moscheebau formiert, dann in der Tiefe deshalb, weil es die muslimische Gemeinde nicht schafft, Köpfe und Herzen der Kölner zu gewinnen. Das muss sie aber, wenn sie eine öffentliche Rolle spielen will.
Und bei diesem diffusen Gesamtbild soll es in Deutschland eine islamische Körperschaft öffentlichen Rechts geben? Das ginge nur, wenn man den Begriff vollkommen aushöhlt. Nein - der Kardinal hat Recht. Hoffentlich wird er gehört.
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