Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Der Weltjugendtag steht bevor: Eine Brücke in eine bessere Welt - Leitartikel von Angelika Wölk
Essen (ots)
Der erste deutsche Papst seit fast 500 Jahren begrüßt in seiner Heimat die Jugend der Welt. Und noch bevor das fromme Spektakel in Köln so richtig begonnen hat, breitet sich schon Enthusiasmus aus. Hunderttausende junge Menschen aus allen Teilen der Welt haben sich auf eine lange Reise begeben, gemeinsam ein religiöses Festival zu feiern. Bilder aus Köln werden bald um die ganze Welt gehen, die junge Pilger zeigen, die dem Papst zujubeln, die gemeinsam diskutieren, feiern, beten, meditieren, die sich mitreißen lassen wollen von einer einzigartigen Atmosphäre. Sie ist geprägt von Internationalität, von Gastfreundschaft und Solidarität. Wenn Kirche dazu beiträgt, dass sich die Menschen unterschiedlicher Hautfarben so selbstverständlich verstehen, ist das ein gutes Zeichen für die ganze Welt. Und wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass die katholische Kirche solche Bilder produzieren kann. Sie hat ein junges, ein unbeschwertes Gesicht bekommen. Doch die überschwänglichen Festival-Bilder können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kirche schwächelt. Nicht nur die Kirche in Deutschland, auch die in der Welt. Zwar sind 400 000, 500 000 Pilger, die erwartet werden, eine imposante Zahl. Aber auf alle Kontinente verteilt, schrumpft sie doch wieder auf ein überschaubares Maß. Das große Weltfest ist die eine Seite, vielfach leere Kirchenbänke bei uns sind die andere. Und die, die dort sitzen, das sind meist nicht gerade die jungen Leute. Und ob von einem Mega-Event wie dem Weltjugendtag Impulse zu einer neuen Hinwendung zur Religion, zur Kirche und ihren Lehren ausgeht, das muss erst noch bewiesen werden. Sicherlich, die Menschen suchen nach Halt und sie suchen ihn nicht zuletzt in der Kirche. Das hat der ergreifende Abschied von Johannes Paul II. gezeigt, der eine ganze Welt zu Tränen gerührt hat. Er wurde wegen seiner hohen Glaubwürdigkeit respektiert. Ob jedoch die Menschen seine strenge Glaubenslehre auch befolgen, mag bezweifelt werden. Doch die kommenden Tage stehen in einem ganz anderen Licht. Die jungen Pilger wollen gemeinsam feiern, Spiritualität erleben und einen neuen Papst kennenlernen. Wenn ihre Erwartungen erfüllt werden, ist das, als bauten sie alle an einer Brücke, die in eine bessere Welt führt.
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