Geplante Nachbesserung in der Betrieblichen Altervorsorge reicht nicht aus. Pressebericht zur 5. Handelsblatt-Jahrestagung. Betriebliche Altersversorgung. (09. bis 11. März 2004; Berlin).
Düsseldorf (ots)
Berlin, März 2004. Die Auswirkungen des geplanten Alterseinkünfte- Gesetzes und des Nachhaltigkeits-Gesetzes auf den Ausbau der Betrieblichen Altervorsorge (bAV) bestimmte die Diskussionen der 5. Handelsblatt-Jahrestagung Betriebliche Altersversorgung (09. bis 11. März 2004 in Berlin). Die Erhebung von Beitragszahlungen auf die Betriebsrenten bewertete der Wirtschaftsweise Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup (Universität Darmstadt) als kontraproduktiv für den Ausbau der nötigen zweiten Säule in der Altervorsorge. Mit Applaus begrüßten die rund 370 Teilnehmer Rürups Forderung nach einer Sozialabgabenfreiheit für die Entgeltumwandlung. Die derzeitige Befristung der Entgelte passt nicht in die soziale Landschaft und hat eine massive kontraproduktive Wirkung für die Entgeltumwandlung und damit für den Ausbau der Betriebsrenten, so Prof. Rürup weiter.
Die Menschen über die Vorsorgenotwendigkeit einheitlich und transparent aufzuklären, forderte Prof. Axel Börsch-Supan (Universität Mannheim). Der Zugang zur betrieblichen Altersvorsorge müsse erleichtert und an die Lebensumstände der Bürger angepasst werden. Entscheidend ist eine flächendeckende Betriebsrente, erklärte der Fachmann für Demographie und forderte eine Vereinfachung des Fördersystems, eine einheitliche Besteuerung sowie die Durchsetzung der Informationspflicht.
Als unbefriedigend beurteilte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Investment und Asset Management, Stefan Seip, den Status quo der bAV in Deutschland. Entwürfe und Gesetze seien nicht ausreichend, auch wenn durch die Riester-Rente die betriebliche Altervorsorge bereits vorangetrieben worden sei. Der geplante Wegfall von § 40b Einkommenssteuergesetz sei nicht ausreichend und öffne nicht alle Möglichkeiten der kapitalgedeckten Alterssicherung. Einen Durchbruch für die private Altervorsorge erwartet Seip durch das geplanten Alterseinkünfte-Gesetz nicht. Besonders die Angebote zur Gehaltsumwandlung müssten besser und die Riester-Rente von ihren Schwächen befreit werden. Als Alternativ-Konzept stellte er Altersvorsorgekonten vor. Diese sehen eine Verbindung von betrieblicher und privater Vorsorge vor und sind vergleichbar mit einem Sparplan auf der Basis einer Fond-, Bank oder Versicherungszusage.
Die einzige Kommission, die ein ordnungspolitisches gangbares Konzept zur betrieblichen Altersvorsorge vorgelegt hat, ist die Rürup-Kommission, stellte Prof. Dr. Klaus Heubeck (Heubeck AG) fest. Die Altersvorsorge sei eine langfristige Angelegenheit, die eine stabile Basis verlange und nicht dem opportunistischen Griff der Politik ausgeliefert sein dürfe. Der Heubeck-Vorstand plädierte für verlässliche und einfache Regeln, die den fairen und freien Wettbewerb ermöglichten.
RegDir Christine Harder-Buschner (Bundesministerium der Finanzen) zeigte exemplarisch die Auswirkungen der geplanten Änderungen auf die betriebliche Alterversorgung. Sie räumte ein, dass auch die Änderungen bei der Pauschalversteuerung und die Abschaffung des so genannten Lebensversicherungsprivilegs noch weitere Übergangsregelungen nach sich ziehen werden.
Auf die umstrittene Frage nach der Portabilität von Betriebsrentenanwartschaften gingen Peter Görgen (Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung) und Dr. Birgit Uebelhack (Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung, aba) ein. Eine Verbesserung der Portabilität sei durch die geplanten Nachjustierungen gegeben. Görgen betonte, dass Anwartschaften durch Kapitalisierung portabel gemacht werden und so die strittige Frage nach der Haftung des alten Arbeitgebers aufgehoben werden könne. Vorgesehen sei die Portabilität nur innerhalb der zweiten Säule und nur bei einem Arbeitgeberwechsel. Die Übertragung sei in Zukunft innerhalb externer und interner Durchführungswege möglich, nicht aber zwischen externen und internen Wegen. Ziel sei die Bündelung von kleinen und mittleren Anwartschaften.
Dr. Birgit Uebelhack verwies darauf, dass die Neuregelung durchaus mit dem EU-Recht korrespondiere und ein Schritt zur Angleichung der Systeme im europäischen Rahmen sei.
Die Auswirkungen der Rentenreform auf die Entwicklung des bAV- Marktes beschrieb Dr. Martin Wagener (Gothaer Lebensversicherung). Rund 50 Prozent der Vorsorgegeschäfte würden schon heute aus der bAV kommen, vor allem aus der Entgeltumwandlung. Das Volumen von Betriebsrenten-Produkten habe sich in den letzten zwei Jahren versechsfacht. Allerdings sei derzeit eine starke Verunsicherung im Markt zu beobachten. Die Begrenzung der Beitragsbemessungsgrenze auf vier Prozent bezeichnete Wagener als unglücklich, denn eine Begrenzung macht keinen Sinn, wenn man die betriebliche Altervorsorge vorantreiben möchte. Große Zustimmung aus dem Plenum erfuhr der Vorstand der Gothaer Versicherung für seine Einschätzung, dass die bAV durch eine Verbeitragung geschwächt würde. Um die zweite Säule langfristig stabil zu machen, müssten einfache Lösungen gefunden werden, die berechenbar für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer seien. Wagener stellte weiter fest, dass die Notwendigkeit und Bereitschaft zur bAV in der Bevölkerung immer größer werde, allerdings hätte eine Umfrage der Gothaer ergeben, dass die derzeitigen Produkte zu kompliziert seien. Der Markt fordert einfache Lösungen. Auch die Versicherer müssten umdenken und sich als Dienstleister für Arbeitgeber verstehen, die die aufwendige Verwaltung übersichtlich und praktikabel machen. Er forderte klare und faire Wettbewerbsbedingungen und prognostizierte der betrieblichen Altervorsorge eine gute Zukunft, wenn Transparenz und Einfachheit in den Produkte und in der Gesetzgebung gegeben sei.
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