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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Köhlers Entscheidung, Klars Gnadengesuch abzulehnen

Bielefeld (ots)

Klare Sache: Bundespräsident Horst Köhler hat
sehr viel schneller als erwartet gehandelt. Vor allem: Er hat genau 
anders entschieden als all jene vermutet haben, die immer glauben, 
vorher schon zu wissen, wie eine Sache am Ende ausgeht.
Das höchste deutsche Staatsorgan ist kein Gruß-August. Der 
Bundespräsident hat mit dem Versagen der Begnadigung gegenüber 
Christian Klar und Birgit Hogefeld Profil gezeigt. Er hat die 
Position des Staates aktiv handelnd und politisch erkennbar deutlich 
gemacht.
Hier hat der erste Bürger unseres Landes gesprochen. Nicht Richter, 
nicht Politiker, nicht Opfer, schon gar nicht Beteiligter, sondern 
die letzte weltliche Instanz hat das Wort gehabt.
Allerdings trägt die entschiedene Erledigung der Sache durch 
Ablehnung auch Züge von Basta-Politik. Ein nicht unerheblicher Teil 
der Beweggründe dürfte der Tagespolitik geschuldet sein, was für 
einen Bundespräsidenten zumindest ungewöhnlich ist. Klar bleibt in 
Haft, dem jedes Maß des Erträglichen überschreienden Chor der 
Kritiker ist deshalb verschämtes Schweigen zu empfehlen.
Köhler ist nicht ungeübt im Umgang mit der Tagespolitik und deren 
Begleitmusik. Dabei ist es grundsätzlich heikel, zum Beispiel über 
die Rechtmäßigkeit eines Gesetzes zu entscheiden. Im Falle der 
Ablehnung beispielsweise der Gesundheitsreform (was einige erhofften)
oder des gezielten Flugzeugabschusses besteht immer die Gefahr, mit 
der »Überparteilichkeit« zu kollidieren, der sich der Bundespräsident
zu unterwerfen hat. Gegner in der Sache haben dann die Wahl, den 
Präsidenten wahlweise als über- und unparteilich zu schelten.
Die Politik neigt dazu, Gelegenheiten zu instrumentalisieren. Im 
Übrigen verweigerten auch schon die Bundespräsidenten Theodor Heuss, 
Heinrich Lübke, Gustav Heinemann, Walter Scheel und Richard von 
Weizsäcker Gesetzen ihre Unterschriften, und in jüngerer Zeit haben 
Roman Herzog und Johannes Rau Gnadengesuche abschlägig beschieden.
Die Entscheidung Klar/Hogefeld hat dem höchsten Repräsentanten dieser
Republik gewiss mehr Kraft abverlangt alle anderen Entscheidungen 
zuvor. Er ist an ihr gewachsen.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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