Westfalen-Blatt: Westfalen-Blatt: Zum Thema Afghanistan kommentiert das Westfalen-Blatt (Bielefeld):
Bielefeld (ots)
Es war das schwerste Attentat auf die Bundeswehr in Afghanistan seit vier Jahren. An erster Stelle müssen jetzt natürlich die Trauer über den Tod von drei Soldaten, die Bestürzung über diesen feigen Selbstmordanschlag und das Mitgefühl mit den leidgeprüften Hinterbliebenen stehen. Doch in dieses innere Einhalten mischt sich bereits wieder die grundsätzliche Auseinandersetzung über das Engagement der Deutschen in Afghanistan. Das überrascht nicht, es ist sogar dringend geboten, jetzt noch einmal die Gesamtstrategie für dieses seit Jahrzehnten geschundene Land deutlich zu machen. Es sollte aber ein ernsthaftes Abwägen sein. Wenig hilfreich sind da die populistischen Äußerungen aus der Linkspartei, die die Bundesregierung für den Tod der drei Soldaten verantwortlich machen und einen sofortigen Rückzug aus Afghanistan fordern. Der Anschlag in Kundus ruft auf erschreckende Weise abermals ins Bewusstsein: Es gibt in Afghanistan keine letztlich sichere Zone, das Einsatzgebiet der Bundeswehr ist nicht ungefährlicher als die Einsatzgebiete der Verbündeten. Klar geworden ist aber auch: Mehr als fünf Jahre nach dem Sturz der Korankrieger werden die Taliban zunehmend stärker. Sie profitieren davon, dass immer noch allzu viele Menschen auf Fortschritte warten. 2001 wurde die Internationale Schutztruppe gegründet, um Afghanistans Weg in ein endgültiges Chaos zu stoppen. 2007 steht das Land erneut auf der Kippe, droht in Gewalt und Bürgerkrieg zu versinken. Vielfach macht sich Ratlosigkeit breit. Sie darf aber nicht dazu führen, jetzt den Rückzug anzutreten. Denn das wäre für das Land eine Katastrophe, die Menschen würden niemals kennenlernen, was es bedeutet, in Frieden und Freiheit zu leben. Die Taliban hätten endgültig ihre bösartigen Ziele erreicht. Hinzu kommt, auch wenn es abgedroschen klingt: Unsere Freiheit wird auch am Hindukusch verteidigt. Niemand will, dass die Taliban von ihren Terrornestern aus die dort ausgebildeten Terroristen wieder in alle Welt schicken. Doch in erster Linie sollte es um die Menschen in Afghanistan gehen. Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat recht, wenn er sagt, die Bundeswehr dürfe sich jetzt nicht einigeln. Zugegeben, die Erfolge der internationalen Truppen am Hindukusch waren bisher eher dürftig. Doch gerade die Bundeswehr hat in der Provinz Kundus gezeigt, dass es mit ihrem Zugehen auf die Bevölkerung möglich ist, Fortschritte zu erzielen. Der Mohnanbau in der Provinz ist deutlich zurückgegangen, dort werden jetzt stattdessen Baumwolle, Reis, Weizen und Melonen angebaut. Der Rückschlag auf diesem Weg mit der Ermordung der drei Soldaten sollte nicht mutlos machen. Zudem sollte in Berlin, aber auch bei den Verbündeten darüber nachgedacht werden, ob das finanzielle Engagement für den zivilen Aufbau ausreicht.
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