An Ordonnanzen hält die Truppe fest
2000 Wehrpflichtige sind ständig als Kellner statt als Soldaten beschäftigt
Köln (ots)
Von THOMAS FRANKE
Viele alte Zöpfe hat die Bundeswehr abgeschnitten bei ihrer Umwandlung zur "Armee im Einsatz": Vor allem die Zahl der eingezogenen Wehrpflichtigen wurde drastisch auf nur noch rund 65000 im Jahr verringert - noch in den 70er und frühen 80er Jahren waren es allein im Westen jedes Jahr rund 200000.
Dennoch hält die Truppe an einer lieb gewonnenen Institution fest: An "Ordonnanzen" in den Offizier- und Unteroffiziercasinos. Es ist eine eigene Welt: Die Casinos sind nicht bloß Restaurant, Kneipe und Veranstaltungssaal in einem - und dies in oder angrenzend an Kasernen.
Die Casinos werden als Vereine von Soldaten selbst verwaltet, die Bedienungen kosten die Vereine nichts, es sind Wehrpflichtige. Von "einem Betreuungskonzept, das sich bewährt hat" spricht der Bundeswehrverband. Allerdings werde "seit 2001 über Veränderungen nachgedacht", so Verbandssprecher Wilfried Stolze.
Wie viele junge Männer verrichten diesen Dienst? Von "circa 2000" spricht Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt (CSU). Eigentlich soll dies nur die Zweitverwendung sein.
Wer den Alltag in der Bundeswehr kennt, weiß aber, dass die jungen Männer nach ihrer Grundausbildung meist direkt für die Tätigkeit ausgeguckt werden - und dann in der Regel bis zum Ende ihrer neun Monate Dienstzeit Ordonnanz bleiben. Klar ist: Der Job ist freiwillig. Und es finden sich immer genügend junge Männer, die - statt sich im Gelände dreckig machen zu müssen - lieber im Dienstanzug hinter der Theke stehen.
Offiziere halten gerne daran fest, ist es für sie als Vorgesetzte so natürlich einfacher, etwa eine Feier zu verlängern. Richtige Angestellte könnten ja auf ihren Feierabend pochen...
Einen fast dreistelligen Millionenbetrag gibt die Bundeswehr insgesamt für Betreuung aus. Natürlich könnte dies bei Abschaffung der Ordonnanzen nicht komplett eingespart werden, aber doch ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag jedes Jahr.
Zum Betreuungskonzept der Bundeswehr gehören auch Soldaten, die sich in den Kasernen hierzulande etwa um die Sportstädten und die Freizeitangebote kümmern. Noch wichtiger sind diejenigen Soldaten, die - ob im Kosovo oder in Afghanistan - Freizeitangebote für ihre Kameraden organisieren. Daran will auch niemand rütteln.
Staatssekretär Schmidt sagt dazu: "Ordonnanzen gehören nicht zum Kernstand, aber ins Traditionsgefüge der Bundeswehr".
Aber wenn so wenige junge Männer Wehrdienst leisten, passen Ordonnanzen in heimischen Casinos nicht mehr in die Zeit. Was spricht dagegen, Casinos wie schon die Mannschaftsheime von privaten Pächtern führen zu lassen?
Quelle: Kölnische Rundschau, Ausgabe 11. Juni 2008, Seite 5, Politik
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