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Navid Kermani: Die Wut der Muslime auf den Westen wächst

Hamburg (ots)

Die Wut der Muslime auf den Westen wächst. Doch es
sind nicht Menschenrechte und Demokratie, die sie ablehnen. Vielmehr
beschuldigen sie Amerikaner und Europäer, ihnen diese Werte
vorzuenthalten, schreibt der deutsch-iranischen Autor Navid Kermani
in der ZEIT. Gegen die Behauptung, die Demokratisierung der
islamischen Welt müsse an Kulturgrenzen scheitern, stellt Kermani
fest: Muslimische Gesellschaften sind ebenso zur Demokratie fähig wie
alle anderen.
"Viele Menschen in der islamischen Welt - nicht anders als in
anderen südlichen und östlichen Regionen - erregen sich über den
Westen und speziell die Vereinigten Staaten nicht etwa deshalb, weil
sie von deren Werten nichts wissen wollen, sondern weil sie den
Glauben daran verloren haben, dass der Westen sie ihnen gegenüber
tatsächlich vertritt", sagt Kermani, Long Term Fellow am
Wissenschaftskolleg in Berlin.
Den kompletten ZEIT-Beitrag (ZEIT Nr. 2 mit EVT 2. Januar 2003)
finden Sie im Anhang.
Für Rückfragen melden Sie sich bitte ab 2. Januar 2003 bei Elke
Bunse, DIE ZEIT Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: 040/
3280-217, Fax: 040/3280-558, E-mail:  bunse@zeit.de.
Auch islamische Gesellschaften brauchen Demokratie
   Die Religion ist nicht die Ursache ihrer Probleme
   Von Navid Kermani
Die Vereinigten Staaten haben die Demokratie entdeckt. In der
Propagandaschlacht um den Irak sind amerikanische Regierungsvertreter
auf ein neues Argument verfallen: Demokratisieren wollen sie nun den
Nahen Osten. Der Irak sei nur der Anfang für die Neuordnung der
gesamten Region.
Das Problem an dem Vorhaben ist weniger, dass es imperial oder
größenwahnsinnig ist, wie es in Europa reflexartig heißt. Das Problem
ist, dass niemand daran glaubt. Wenn schon kaum ein Verbündeter der
Bush-Administration die hehren Worte über die Demokratie abnimmt,
werden sie im Nahen Osten erst recht nicht verfangen. Immerhin hat
sich im kollektiven Gedächtnis der Europäer und speziell der
Deutschen bei aller Kritik im Einzelnen die historische Rolle der
Vereinigten Staaten als Befreier eingegraben - eine Erfahrung, die
Iranern und Arabern fehlt. Dort beschränkte sich das amerikanische
Engagement von seinem Beginn an auf die einseitige Unterstützung
Israels, die Kontrolle der Ölquellen, den Sturz gewählter Regierungen
und das Bündnis mit Diktatoren. Und nun plötzlich Demokratie? Dass
Amerika und der Westen insgesamt die Werte verfechten würden, durch
die sie sich selbst definieren, das wäre zu schön, um wahr zu sein.
Aber schön wäre es, brächte es doch zusammen mit den furchtsamen
Europäern auch die nahöstlichen Diktatoren in Begründungsnot, die
sich nicht mehr mit Exkursen über die westliche Heuchelei aus der
Legitimationsschlinge retten könnten.
Die islamische Welt, so heißt es seit dem 11. September immer
wieder, stehe dem Westen zunehmend feindlich gegenüber. "Warum hassen
sie uns bloß?", wird auf Titelseiten scheinbar hilflos gefragt, um
sogleich auf die grundlegend andersartigen Werte von Muslimen zu
verweisen. Der sanftmütige Intellektuelle verlangt, Verständnis für
das Fremde aufzubringen, während der kulturkämpferische Kraftprotz
auf die Überlegenheit des eigenen Wertesystems pocht. Beide
übersehen, dass sich viele Menschen in der islamischen Welt - nicht
anders als in anderen südlichen und östlichen Regionen - über den
Westen und speziell die Vereinigten Staaten nicht etwa deshalb
erregen, weil sie von deren Werten nichts wissen wollen, sondern weil
sie den Glauben daran verloren haben, dass der Westen sie ihnen
gegenüber tatsächlich vertritt. Der Unmut gründet gerade nicht in
einem Gefühl der Überlegenheit, sondern in der Verbitterung über
diese Zurückweisung, die immer häufiger ins Ressentiment umschlägt.
Das nächstliegende Beispiel hierfür ist die Türkei, die nicht für
alle Zeiten darum buhlen wird, zu Europa gehören zu dürfen. Das Wort
von den "doppelten Standards", das allgegenwärtig ist, wo in
muslimischen Gesellschaften über den Westen gesprochen oder
geschrieben wird, ist ein präziser Ausdruck dieser Enttäuschung. Denn
es fordert gerade jene Universalität der grundlegenden humanitären
Werte ein, die multikulturelle Optimisten hierzulande leichtfertig
infrage stellen.
Es ist keineswegs so, dass die meisten Muslime danach streben, mit
möglichst willkürlichen Rechtssystemen, in undemokratischen
Verhältnissen und ohne sozialen Ausgleich zu leben. Dass die
Demokratie sich in der islamischen Welt bisher selten durchgesetzt
hat, hat viele hausgemachte Gründe, unter anderem eine tiefgreifende
Krise der religiösen Kultur, aber auch überkommene soziale
Strukturen, ökonomische Verwerfungen und vor allem eine fast durchweg
katastrophale Situation im Bildungswesen. Der verheerende Bericht,
den die UN kürzlich über den Zustand der arabischen Welt vorgelegt
haben, ist beklemmend realistisch. Aber wer deswegen die Araber als
unsozial und undemokratisch abschreibt, sollte bedenken, dass der
Bericht von arabischen Autoren verfasst worden ist. Man mag den
arabischen Gesellschaften vieles vorwerfen, aber nicht, dass es ihnen
am Bewusstsein der eigenen Zurückgebliebenheit mangelt. Die führenden
arabischen Denker haben kein brennenderes Thema.
Blickt man nicht nur auf die arabische Welt (und übersieht nicht
die halbwegs funktionierende Demokratie Libanons), dann lässt sich
das Klischee, die Muslime seien per se undemokratisch eingestellt,
nicht aufrechterhalten. Bangladesch, Indonesien, Türkei, Iran - in
den bevölkerungsreichsten Staaten der islamischen Welt ist die
Demokratie auf dem Vormarsch, so vehement sie von Diktatoren,
religiösen Führern oder Militärs bekämpft wird. Sogar in Kaschmir mit
seiner 50-jährigen Geschichte der Unterdrückung zeigen Umfragen und
Wahlen, dass die Mehrheit der Menschen sich weiterhin für eine
friedliche Lösung ausspricht. Auch in Pakistan, wo bei den jüngsten
Wahlen die Islamisten aus ihrer bisherigen Bedeutungslosigkeit
aufgestiegen sind, würde ein Referendum, ob die Menschen in einem
Gottesstaat leben wollen, ein klares Votum für die Demokratie
ergeben, vermutlich sogar unter vielen Wählern der religiösen
Parteien. Und in der arabischen Welt schließlich wirken die
Autokraten immer mehr wie anachronistische Gestalten - was nicht
zuletzt der beispiellose Erfolg des Debattensenders al-Dschasira vor
Augen führt, der mehr zur demokratischen Bewusstwerdung in der
arabischen Welt beigetragen hat als alle westlichen Demokratien
zusammen. Nein, der Kapitalismus mag sich zwangsläufig und brutal
durchsetzen, aber das eigentliche erfolgreiche Exportmodell des
Westens ist die parlamentarische Demokratie.
Die Verhältnisse in den genannten Ländern mögen also trotz
unübersehbarer Fortschritte noch weit von westlichen Standards
entfernt sein, aber die Menschen in der islamischen Welt sind darüber
nicht froh, sondern bestürzt oder resigniert, und sie werfen dem
Westen nicht seine Standards vor, sondern dass er sie nicht anwendet,
wenn er Diktaturen, korrupte Regime oder den Terror einer
Staatsgewalt deckt. Gewiss geht die Sympathie für Osama bin Laden,
die Taliban oder Saddam Hussein über einige extremistische Kreise
hinaus, aber die verzweifelte Frage, die einem zwischen Rabat,
Teheran und Jakarta weit häufiger begegnet, lautet, warum der Westen
diese politischen Monster so viele Jahre unterstützt hat. Wer vom
Hass der islamischen Massen auf den Westen schwafelt, möge zur Probe
in den genannten Städten Visa feilbieten: Wäre der Westen dort
wirklich so unbeliebt, würde speziell die Jugend wohl kaum lieber
heute als morgen dorthin auswandern.
Die Menschen, die in der Hoffnung auf ein Visum nachts überall in
Hauptstädten der islamischen Welt vor den westlichen Botschaften
kampieren, tun dies nicht, weil sie Muslime sind. Sie hören aber auch
nicht auf, Muslime zu sein, wenn sie im Wes-ten leben wollen. Weder
kollidiert der Wunsch, in einem freien, säkularen System zu leben,
mit ihrer religiösen Überzeugung, noch leiten sie den Wunsch aus dem
Glauben ab. Vielmehr gilt für sie, was für Europäer
selbstverständlich ist: Nicht alle ihre Begehren sind durch die
Religion determiniert.
Es ist die Obsession des Westens, die Muslime auf den Islam zu
reduzieren. Wie jede andere Weltreligion hält der Islam jedoch
Legitimationen für alle erdenklichen Systeme bereit, zumal der Koran
selbst keinerlei Herrschaftsdoktrin enthält - was immer Islamisten
und westliche Experten nahezu wortgleich über die Einheit von Staat
und Religion im Islam herbeten mögen. Ist man Demokrat, wird man die
entsprechende Interpretation schon finden, aber ebenso trefflich
lässt sich der Sozialismus aus dem Koran ableiten, und dass eine
Theokratie islamisch legitimiert werden kann, das haben die Iraner
bis zum Überdruss erfahren müssen. Das bedeutet, dass auch der Koran
seine gesellschaftliche Funktion erst im Zusammenhang mit anderen
Faktoren entfaltet. Damit ist keineswegs gesagt, dass man den
religiösen Faktor vernachlässigen darf. Vielmehr geht es darum, auch
die Religion in einem säkularen Deutungszusammenhang zu verstehen.
Der westliche Blick auf die islamische Welt ist in dieser Frage
absolut fundamentalistisch: Man schließt von vermeintlich
vorgegebenen Normen auf die gesellschaftliche Realität. Würde man
diese Logik auf die restliche Welt übertragen, müsste man die
Tatsache, dass Lateinamerika bis vor wenigen Jahren durchweg von
Militärdiktaturen regiert wurde, allein mit dem Katholizismus
begründen, die Chinesen qua Hautfarbe zu Kollektivisten erklären oder
die israelische Besatzung ausschließlich aus der Bibel ableiten. Dann
wäre es auch nicht mehr weit zu jenen Theorien, die aus der
Kriminalitätsstatistik folgern, dass Schwarze eben zum Verbrechen
neigen.
Schlagendes Beispiel für einen solchen Fundamentalismus ist die
Debatte um die Türkei. Statt die Vor- und Nachteile eines
EU-Beitritts im Sinne eigener, materieller Interessen abzuwägen,
argumentieren beinah alle Diskutanten mit der Kultur: Ist der Islam
mit den Werten Europas vereinbar? "Niemals!", rufen die Gegner und
zitieren Verse aus dem Koran. "Aber natürlich!", rufen die
Befürworter und verweisen auf das bürgerliche Leben in Istanbul oder
Ankara, das sich innerhalb eines europäischen Koordinatensystems
bewegt. Dabei verschweigen sie, dass man sich in den Dörfern
Anatoliens tatsächlich auf einem anderen Kontinent wähnen mag. Das
aber heißt, dass die Grenze Europas, wenn man den Begriff einmal so
emphatisch gebrauchen darf, nicht zwischen Christentum und Islam,
sondern mitten durch die Türkei selbst verläuft, zwischen dem, was
die türkische Soziologin Nilüfer Göle die "weiße" und "schwarze"
Türkei nannte. Die "weißen" Türken haben nicht aufgehört, Muslime zu
sein, vielmehr handelt es sich um eine soziale Kategorisierung, die
bis vor zwei, drei Jahrzehnten ähnlich auf Spanien oder Griechenland
anzuwenden gewesen wäre.
Anwenden lässt sie sich aber auch auf die Muslime in Deutschland,
die in der ersten Generation zumeist aus ländlichen Gegenden stammen.
Die Schwierigkeiten, sich in eine städtische, industrialisierte Welt
einzugewöhnen, sind zum großen Teil dieselben, wie sie als Folge der
Landflucht überall in den Metropolen der islamischen Welt zu
beobachten sind. Einem Angehörigen der Istanbuler, Beiruter oder
Teheraner Mittelschicht sind die Gewohnheiten und Wertvorstellungen
eines anatolischen Dorfbewohners kaum weniger fremd als den meisten
Deutschen. Die deutschen Probleme mit der Integration wären daher
weit unscheinbarer, stammte das Gros der muslimischen Einwanderer aus
den Städten. Diese Probleme auf den Islam zu reduzieren grenzt an
Volksverdummung. Von westlichen Kommentatoren wird immer wieder
verwundert vermerkt, dass Migranten aus dem Libanon oder aus Iran in
großer Zahl in die Bildungs- oder Wirtschaftseliten ihrer neuen
Heimat vorstoßen. Das liegt nicht daran, dass sie vom Islam
abgefallen wären, sondern erklärt sich daraus, dass sie bereits in
der alten Heimat Angehörige privilegierter Schichten waren.
Schon das Wort vom "Dialog der Kulturen" ist die schiere
Ideologie: als ob da zwei Subjekte aufeinanderträfen, der Islam und
der Westen, die sich nun endlich verstehen müssten. Wo, bitte schön,
müssten in diesem Gesprächskreis die westlichen Muslime Platz nehmen,
die Bosnier zum Beispiel oder die zweite und dritte Generation der
muslimischen Einwanderer? Wo wäre der Platz des arabischen
Bürgertums, der orientalischen Christen, der Intellektuellen, die mit
Paris im Kopf anstatt mit Mekka groß werden? Nein, der Dialog der
Kulturen ist eine Karikatur. Das Problem ist allerdings, dass sich
solche Karikaturen in immer mehr Köpfen festsetzen und dann zu
politischem oder gar militärischem Handeln führen. Nicht bloß Osama
bin Laden hat die starre Dichotomie der Kulturen verinnerlicht. Auch
in Europa wird die eigene Kultur zunehmend essenzialisiert, als eine
eigenständige anthropologische Größe gedacht, die unabhängig von den
Menschen existiert und wirkt.
Europa ist ein säkulares Projekt, das sich in seinen selbst
verschuldeten Katastrophen zu seiner jetzigen Gestalt und
Anziehungskraft herausgeschält hat. Auf der expliziten
Glaubensneutralität des Projekts, wie es sich aus der Französischen
Revolution herleitet, zu beharren, bedeutet nicht, den religiösen
(allerdings keineswegs ausschließlich christlichen) Ursprung vieler
europäischer Werte zu verleugnen. Aber es sind Werte, die
säkularisiert, also im Laufe der Zeit innerweltlich begründet worden
sind. Von nichts anderem sprechen auch die zahlreichen islamischen
Reformdenker, die sich nicht mehr mit der Frage aufhalten, ob die
Menschenrechte islamisch seien, sondern sie aus der menschlichen
Vernunft ableiten - und damit unterstreichen, dass es Normen
außerhalb des Religiösen gibt. Wer mit der Rede vom christlichen
Abendland ein islamisches Land per se für uneuropäisch erklärt, macht
aus Europa eine Religion, beinahe eine Rasse und stellt das Vorhaben
der europäischen Aufklärung auf den Kopf. Denn dieses gewinnt seine
Unverwechselbarkeit gerade dadurch, dass es eine weltliche,
prinzipiell allen Bürgern offene Willensgemeinschaft propagiert.
Gerade weil die westlichen Werte säkular sind, sind sie an keine
bestimmte Herkunft oder Religion gebunden. Die radikale Offenheit ist
ein Wesensmerkmal des europäischen Projekts und sein eigentliches
Erfolgsgeheimnis: In allen Kulturen gibt es führende Bewegungen, die
genau diese Übersetzung immer wieder neu in Angriff nehmen, indem sie
die Demokratie oder die Menschenrechte in ein chinesisches,
schwarzafrikanisches oder islamisches Vokabular überführen. Das
geschieht im Islam (nicht anders als in der übrigen Dritten Welt)
noch mit begrenztem Erfolg, aber mit wachsender Intensität. Der
Terrorismus ist auch eine Reaktion auf diesen geistigen Umbruch.
Nirgends ist es ihm gelungen, die Massen für sich zu gewinnen. Im
Gegenteil: Als Kabul von den Taliban befreit wurde, gab es
Freudenkundgebungen.
Die bittere Pointe ist, dass gerade in dem historischen Moment, da
die Anziehungskraft des westlichen Gesellschaftsmodells so groß ist
wie nie in seiner Geschichte, der Westen selbst seine ureigenen Werte
aus den Augen verliert. In den Vereinigten Staaten durchdringt der
christliche Fundamentalismus die Politik, aller Orten wird der
Rechtsstaat von Terrorbekämpfern und Rechtspopulisten ausgehöhlt, und
Europa definiert sich zunehmend durch seine tatsächlichen oder
angeblichen christlichen Wurzeln statt durch die Säkularität, die dem
Christentum so wenig wie anderen Religionen in die Wiege gelegt war.
Wäre es wirklich schon säkular, definierte Europa sich nicht
religiös-geneaologisch, sondern durch Ideen, zu denen man sich
ungeachtet seines Glaubens oder seiner Abstammung bekennen kann oder
eben nicht bekennt (auch Letzteres ist Europäern bekanntlich
möglich). Insofern könnte Europa erst dann den Islam integrieren,
wenn es wirklich europäisch geworden ist.
Umgekehrt aber könnte man so weit gehen zu sagen, dass die Türkei
erst dann zu Europa gehört, wenn sie islamischer wird: Kein
europäischer Staat hat ein so hysterisches Verhältnis zur Religion
wie sie. Das hat historische Ursachen im islamischen Kalifat und im
Kemalismus, nur bedeutet Säkularität gerade nicht Feindseligkeit des
Staates gegenüber der Religion, sondern seine Neutralität. Mit dem
Wahlsieg der "Gerechtigkeitspartei" ist nicht die Gewissheit, aber
die Chance verbunden, dass der Türkei die Einbettung des Islam in das
säkulare Staatswesen gelingt, zumal er zugleich einen sozialen Wandel
signalisiert, in deren Verlauf die Trennung in eine "schwarze" und
"weiße" Türkei aufgehoben werden könnte. Derzeit müssen die Türken
stellvertretend für viele Muslime den Eindruck gewinnen, dass sie den
Westen anhimmeln, verinnerlichen, verteidigen können, so viel sie
wollen. Am Ende werden sie doch nur merken, dass sie nicht
dazugehören. Schwarze kennen das Gefühl, nicht weiß werden zu können.
Navid Kermani, geboren 1967, ist ständiger Mitarbeiter am
Wissenschaftskolleg in Berlin. Der deutsch-iranische Autor schrieb
Bücher über die Ästhetik des Koran und über den kulturellen und
sozialen Umbruch im Iran. Im Herbst 2002 veröffentlichte er "Dynamit
des Geistes. Martyrium, Islam und Nihilismus". Im Februar erscheint
"Schöner neuer Orient. Berichte von Städten und Kriegen".
DIE ZEIT Nr. 2 vom 2. Januar 2003
Für Rückfragen melden Sie sich bitte ab 2. Januar 2003 bei Elke
Bunse, DIE ZEIT Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: 040/
3280-217, Fax: 040/3280-558, E-mail:  bunse@zeit.de

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