Zum Verfassungsschutzbericht 2018: Rechtsextremismus muss höchste Priorität im Innenministerium bekommen
Maßnahmen der Bundesregierung zeigen wenig Wirkung
Berlin (ots)
Anlässlich der heutigen Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2018 fordert die Amadeu Antonio Stiftung, der Bekämpfung des Rechtsextremismus höchste Priorität im Innenministerium einzuräumen. Die rechtsextremen Strukturen und Netzwerke sind Ergebnis jahrzehntelanger Verharmlosung.
In den letzten Jahren wurden mehr als ein dutzend rechtsterroristischer Gruppen mit Feindeslisten und konkreten Anschlagsplänen bekannt. Einige dieser Gruppen sind bis in Polizei und Sicherheitsbehörden verstrickt. Die rechtsextremen und rechtsterroristischen Netzwerke von heute sind das Ergebnis einer jahrelangen Verharmlosung und Verkennung der größten Bedrohung unserer Demokratie.
"Die Zeit unter Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen waren verschenkte Jahre. Die Behörde hat ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Die zaghaften Reformen nach dem NSU haben zu keinem Mentalitätswechsel in der Behörde geführt. Auch im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird die rechtsradikale AfD nicht als Gefahr für die Demokratie benannt.", sagt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung.
Maßnahmen der Bundesregierung zeigen wenig Wirkung
Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zeigen keine erkennbare Wirkung in der rechtsextremen Szene. Stattdessen haben Rechtsextreme zu neuem Selbstbewusstsein gefunden. Im aktuellen Klima des Hasses, das durch Online-Hetze, vermehrte Drohungen gegen Politiker und die demokratieverachtende Rhetorik der AfD getragen wird, fühlen sich Rechtsextreme ermutigt, das demokratische Systems auch mit Gewalt zu stürzen.
"Es ist ein naiver Glaube des Verfassungsschutzes, dass er die rechtsextreme Szene kontrollieren und Informationen abschöpfen könnte", erklärt Kahane. "V-Leute sind nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Die rechtsextreme Szene weiß, dass sie unter Beobachtung steht und hat längst einen strategischen Umgang mit dem Verfassungsschutz gefunden. Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz allein ändert gar nichts und ersetzt kein politisches Handeln. Statt mehr Mittel zum Rechtsextremismus beim Verfassungsschutz einzusetzen, braucht es dringend mehr Gelder für Demokratieprojekte und Opferberatungen."
Die Extremismusstrategie der Bundesregierung muss dringend erneuert werden. Gegen Rechtsextremismus hilft nur eine Kombination aus Prävention, Repression, entschlossenem politischen Handeln und gesellschaftlicher Ächtung. Die Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus sollten sich nicht allein auf die Jugend fokussieren und stärker auch ländliche Räume, das Internet und den gefestigten Rechtsextremismus in den Blick nehmen. Es gilt, rechtsextreme Netzwerke frühzeitig zu zerschlagen, Straftaten konsequent zu verfolgen und Rechtsterrorismus auch als solchen zu benennen und zu ahnden.
"Es ist unverständlich, dass es keine härtere Strafverfolgung gegen rechtsextreme Netzwerke gibt, wenn diese Feindeslisten führen und Waffendepots anlegen. Angriffe auf Politiker, Minderheiten und Engagierte sind Angriffe auf die Demokratie, das Innenministerium muss entsprechend handeln. Strukturen wie Combat 18 müssen endlich verboten werden", fordert Kahane.
Reichsbürger bekommen Zulauf
Es ist zu begrüßen, dass das Milieu der sogenannten Reichsbürger und Souveränisten stärker in den Blick genommen wird. Wichtiger als Zahlen über Personen zu erheben wäre es jedoch, den antisemitischen Kern und die rechtsextreme Tradition der Ideologie in der Präventionsarbeit in den Fokus zu rücken.
"Reichsbürger führen nicht nur einen 'Papier-Krieg' gegen Justiz und Verwaltung. Sie treten auch in persönlichen Gesprächen aggressiv-kämpferisch auf. Immer mehr Menschen schließen sich dem Denken der Reichsbürger an. Während einige Reichsbürger fiktive Ein-Personen-Staaten gründen, organisieren sich andere in Gruppen und werben um neue Mitstreiter. Die Reichsbürger und Souveränisten greifen besonders in den ländlichen Raum. Viele Menschen sind im ganz persönlichen Umfeld mit Reichsideologie konfontiert", berichtet Benjamin Winkler von der Amadeu Antonio Stiftung, der das Thema in Sachsen bearbeitet.
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Robert Lüdecke, Pressesprecher der Amadeu Antonio Stiftung
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