BERLINER MORGENPOST: Schmitz ist sich selbst der Nächste/ Ein Leitartikel von Andreas Abel
Berlin (ots)
André Schmitz hat es abgelehnt, als Kultur-Staatssekretär entlassen zu werden. Ein Schreiben an seinen ehemaligen Dienstherrn, den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, in dem er bat, von seinen Aufgaben entbunden zu werden, zog Schmitz in den vergangenen Tagen zurück. Nun blieb dem Senat nichts anderes übrig, als den Kultur-Staatssekretär in den einstweiligen Ruhestand zu schicken. Das kostet die Berliner Landeskasse rund 200.000 Euro Ruhegehalt und fügt der ohnehin schon unappetitlichen Steueraffäre um André Schmitz ein weiteres ärgerliches Kapitel hinzu.
Schmitz hat ohne Zweifel mit seiner Steuerhinterziehung mehrfachen Schaden angerichtet. Da ist zum einen die gesellschaftliche und moralische Komponente. Er hat einen Steuerbetrug zu Lasten des Gemeinwesens begangen. Gerade ein Mann in einer so verantwortlichen Position wie der des Kultur-Staatssekretärs muss wissen, wie wichtig Steuereinnahmen für das Funktionieren dieses Gemeinwesens sind. Zum anderen hat der Sozialdemokrat Schmitz großen politischen Schaden hinterlassen. Wie soll glaubwürdig Steuerhinterziehung stärker bekämpft werden, wenn ranghohe Politiker sich selbst daran beteiligen und nicht einmal Konsequenzen ziehen, wenn das auffliegt?
Nun verschlimmert Schmitz die Sache noch. Der SPD-Politiker, der auch Erbe des Vermögens der Unternehmerfamilie Schwarzkopf und deshalb wohlhabend ist, erstreitet sich Ruhegehalt - zu Lasten der Landeskasse. Dafür fehlt einem jegliches Verständnis, auch wenn Schmitz juristisch noch so sehr im Recht sein mag. Es geht nicht nur um Paragrafen, es geht auch um Anstand und um politische Haltung, ja um Kultur. Nach Bekanntwerden seines Steuerbetruges zeigte der Kultur-Staatssekretär Reue. Was ist davon geblieben?
Auch die Art und Weise, wie in der Senatskanzlei mit dem Rücktritt des Kultur-Staatssekretärs umgegangen wurde, verdient eine kritische Betrachtung. Allgemein wurde dessen Schreiben als Entlassungsgesuch gewertet. Aber die Senatskanzlei muss damit anders umgehen als die Allgemeinheit. Statt den Brief tagelang von Juristen deuten zu lassen, wäre es angebrachter gewesen, André Schmitz förmlich in einem Schreiben zu einer eindeutigen Rechtsposition zu bewegen. Auch dieses peinliche Hin und Her wäre Berlin besser erspart geblieben.
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