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Schwäbische Zeitung: Staatsmedizin lässt grüßen - Kommentar

Leutkirch (ots)

Deutschlands Kassenärzte sind mal wieder die bösen Buben. Angeblich bekommen sie den Hals nicht voll. Sie streiken, obwohl ihnen die Kassen Milliarden in den Rachen werfen. Wahr sind solche Vorurteile zwar nicht. Aber sie sind so wohlfeil, dass redlicher Umgang mit dem Thema Politik und Medien schwerfällt. Wahr ist: Am besten verdienen Ärzte, die wenig arbeiten und Patienten möglichst schnell in Krankenhäuser abschieben, wenn diese richtig krank sind. Das System will das so, weil es Pauschalen vorsieht und Kosten deckelt. Ein Doktor, der schwerkranke Patienten versorgt, zahlt oft drauf und muss sich mit Regressforderungen herumschlagen.

Von leistungsgerechter Bezahlung ist die Honorarverteilung weit entfernt. Daran ändert nichts, dass Ärzte bei allem Gejammer anständig verdienen - aber nicht wenige bezahlen dafür einen hohen Preis: Wochenarbeitszeiten von 60 und 70 Stunden, kaum Zeit für die Familie, Hausbesuche bei Wind und Wetter. Dass sich selbst für Praxen mit sehr hohen Einkünften keine Nachfolger finden, sagt alles.

Zur Wahrheit gehört zudem, dass die hausärztliche Versorgung gerade mal zehn Prozent der Gesamtkosten des Gesundheitswesens ausmacht. Wer hier über Alternativen nachdenkt, muss damit rechnen, dass diese mit Sicherheit für horrende Kostensteigerungen sorgen. Das gilt auch für Kraftproben wie die aktuelle. Nicht die Forderungen der Ärzte, die Ausgleich für gestiegene Kosten verlangen, sind der Skandal, sondern Versuche, diesen Ansprüchen mit einer Neiddebatte zu begegnen.

Während Ärzte längst gezwungen werden, ihren Patienten die bestmögliche Therapie zu verweigern, horten viele Kassen Überschüsse und wecken so Begehrlichkeiten bei Politikern, die Kostendämpfung zum Maß der Dinge erklären wollen. Bezahlen werden dafür nicht nur die Ärzte, denen Bürokratie und Zwangsverwaltung zunehmend den Beruf verleiden, sondern vor allem die Patienten, die das System zur Ware macht. Die Staatsmedizin lässt grüßen, und dagegen können Proteste gar nicht laut genug sein.

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