Schwäbische Zeitung: Bundesregierung hat es verpatzt - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Nun haben auch die mächtigen Männer in Stuttgart gesprochen: Der grüne Ministerpräsident Kretschmann und sein Stellvertreter von der SPD werden das Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat nicht mittragen. Damit dürften sich die Befürchtungen von Bundeskanzlerin Merkel und ihres Finanzministers Schäuble bewahrheiten. Sie werden ihren Kollegen in Bern mitteilen müssen, dass die Bundesregierung gewollt hätte, der Bundesrat aber nicht mitzieht. Das Steuerabkommen zur Nachbesteuerung von Milliarden deutschen Schwarzgeldes wird es so nicht geben.
Die Schweiz ist mehr als nur verschnupft. Aber das wird Deutschland aushalten. Schließlich haben die Banker in Zürich und die Regierung in Bern lange genug an einem Brauch verdient, der eigentlich so gar nicht mit den moralischen Maßstäben diesseits und jenseits des Bodensees konform geht.
Die Kanzlerin sucht die Schuldigen für das Scheitern des Staatsvertrages gerne bei den Steuerfahndern in Nordrhein-Westfalen. Die kaufen immer mal wieder auf Geheiß ihrer Landesregierung eine Steuer-CD aus der Schweiz. Dabei verschweigt Merkel aber, dass das Steuerabkommen jene Deutschen bevorzugt hätte, die ihr Geld an deutschen Behörden vorbei außer Landes geschleust haben. Jene, die mehr oder weniger ehrlich ihre Steuern zahlen, hätten von dem Abkommen eigentlich nichts.
Wolfgang Schäuble und seine Kabinettschefin haben es versäumt, ein besseres Abkommen mit der Schweiz zu verhandeln und dessen Vorzüge den Deutschen zu erklären. Der Bundesfinanzminister erweckt oft den Eindruck, dass seine Empörung über die deutschen Gelder in der Schweiz eigentlich nur vorgeschoben ist. Ihm geht es weniger um eine rechtliche Gleichbehandlung aller, sondern er hätte gerne schnell die Milliarden aus der Schweiz für seinen deutschen Haushalt.
Solche Nachlässigkeit im Verhandeln und bei der Überzeugungsarbeit straft der Wähler. Nächstes Jahr sind Bundestagswahlen. Kretschmann und Schmid in Stuttgart haben das begriffen.
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