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Schwäbische Zeitung: Klamauk ist nicht alles - Leitartikel

Leutkirch (ots)

Armer Peer Steinbrück! Erst hat er abgelehnt, jetzt muss er es sich doch gefallen lassen, von Stefan Raab bei einem Fernsehduell befragt zu werden. Wer glaubt, bei einem Duell dieser Größenordnung wäre ein Moderator Stefan Raab für Angela Merkel und Peer Steinbrück keine Zumutung, der muss sich folgendes vorstellen: Wie amüsiert wäre Bundestrainer Jogi Löw, würde er vom Fernsehmeteorologen Ben Wettervogel zu einem Sturm über dem italienischen Strafraum befragt? Und doch, die Sender bestimmen, wer beim Kanzlerduell fragt, das ist die Haltung Merkels - und jetzt auch Steinbrücks. Dabei geht es eigentlich um die tiefer reichende Frage: Wie viel Entertainment verträgt Politik? Wer die allabendlichen Talk-Runden im Fernsehen verfolgt, trifft nur noch alte Bekannte. Arbeitgeber-Präsident Hundt erklärt, warum Unternehmer Gewinne brauchen und warum das allen zugute kommt, die Vorzeige-Linke Wagenknecht sorgt sich um die Spaltung der Gesellschaft. Beide haben Recht, und dann? Dann geht es selten über Gemeinplätze hinaus, weil die Zeit fehlt. Ein Beispiel: Der Spruch, dass der deutsche Steuerzahler doch nicht im Ernst die Gelder der russischen Mafia auf Zypern retten kann, ist richtig. Richtig ist aber leider auch, dass, wenn er es nicht tut, und Zypern aus dem Euroraum ausgeschlossen wird, er vielleicht am Ende mehr Geld ausgeben muss, weil die Zinsen anderer Problemländer wie Spanien und Griechenland steigen könnten. Politik ist zu komplex für einfache Antworten geworden. Deshalb wird ein Zuschauer, ein Zuhörer, ein Leser, der sich einmal eine Stunde Zeit für Wolfgang Schäuble - oder auch Peer Steinbrück - nimmt, am Ende schlauer sein, als er es nach hundert Talk-Shows am Abend ist - gleich ob Maybritt Illner oder Stefan Raab fragt. Um Politik zu erklären, braucht man einfache Fragen und die Zeit, sich auch komplizierte Antworten anzuhören. Das würde den gestanzten Polit-Talk mehr verändern als lustige Fragen über zu ernste Themen.

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