Schwäbische Zeitung: Die Unternehmen müssen helfen - Kommentar
Ravensburg (ots)
Es mag sein, dass der Unrechtsstaat DDR sein illegales Tun hervorragend hinter Gefängnismauern verstecken konnte. Es mag auch sein, dass mancher unpolitischer Einkäufer keine Ahnung davon hatte, wo und auf welche Weise Teile seiner Produktpalette produziert worden sind. Nur eines dürfte klar sein: Die Zwangsarbeit von Häftlingen in der DDR war ein ganz übles Verbrechen.
Viele Betroffene leiden noch heute unter dieser schlimmen Zeit. Physisch laborieren sie an den unterschiedlichsten Krankheiten. Psychisch ist wenig verarbeitet - auch weil es keine ausreichende Hilfe gab. Wenn sich nun die Verantwortlichen von bundesrepublikanischen Konzernen mit wohl gesetzten Sprachgirlanden herausreden wollen, dann zeigt das eines: Diese Unternehmen haben die soziale Marktwirtschaft nicht verstanden. Denn es ist in unserem Wirtschaftssystem nicht nur die Optimierung von Betriebsergebnissen gefragt, sondern es kann auch um Moral, Ethos und Pflichtgefühl gehen.
Für die Firmen wäre es ein leichtes, einen Hilfsfonds zu gründen. Aus diesem Vermögen ließen sich Psychologen und Historiker bezahlen, die zum einen unbürokratisch den Opfern helfen und zum anderen die Geschichte im Detail aufarbeiten könnten. Ein solcher Fonds könnte so ausgestaltet werden, dass die Chefjuristen der beteiligten Unternehmen nicht vom nächtlichen Angstschweiß wegen vermeintlicher Entschädigungswellen aufwachen. Sie müssen keine Schuld, sondern Verantwortung übernehmen. Jetzt geht es darum, dass 25 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR die Leidtragenden ausreichende Unterstützung bekommen. Schnell und effektiv. Mehr nicht, aber auch nicht weniger.
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