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Schwäbische Zeitung: Leitartikel zu Prostitution - Das Geschäft mit der Ware Mensch

Ravensburg (ots)

Gut gemeint und gut gemacht sind zwei Paar Stiefel. Dies gilt leider auch für das Prostitutionsgesetz vom Dezember 2001, mit dem der Bundestag die rechtliche und soziale Stellung der Prostituierten verbessern wollte. Theorie und Praxis driften seitdem eklatant auseinander. Deutschland gilt als hoch attraktives Reiseziel für Freier aus aller Herren Länder. Eine aufblühende Branche namens Bordelltourismus aber hatte der Gesetzgeber vor zwölf Jahren gewiss nicht im Sinn. Was also ist da schiefgelaufen?

Vor allem dies: Das Gesetz basiert auf einer falschen - im Sinne von naiven - Grundannahme. Das Geschäft mit dem käuflichen Sex sollte ja nicht nur legalisiert, sondern es sollte quasi normalisiert werden. Prostituierte, so die Idee, würden dann normale Angestellte oder Selbstständige sein, ihre Freier normale Kunden. Aber genau das hat nicht geklappt, und es wird wahrscheinlich nie klappen. Prostitution lässt sich nicht zur normalen Dienstleistung umdeklarieren oder aufwerten - auch wenn es sie zu allen Zeiten gegeben hat. Die Frauen, die ihrem Gewerbe frei von allen Zwängen nachgehen, also selbstbestimmt und im Wortsinn freiwillig, sind eine kleine Minderheit. Im Wesentlichen ist Prostitution nichts anderes als Menschenhandel.

Michael Jürgs hat ein brandaktuelles Buch zum Thema geschrieben. Es heißt "Sklavenmarkt Europa", und der Autor listet schonungslos die Mechanismen einer Branche auf, in der Milliarden verdient werden. Aber die Frauen - sehr oft halbe Kinder - sind dabei nicht die Profiteure, sondern die Ausgebeuteten. Sie werden heute überwiegend aus Ost- und Südosteuropa importiert. Die Ausbeuter wiederum finden sich häufig im engeren Verwandtenkreis oder eben in bestens organisierten Banden. Es gibt eigentlich nur zwei Ansatzpunkte, um die Misere abzumildern. Der Staat muss die Menschenhändler viel konsequenter verfolgen als bisher. Und er muss Freier, die Notlagen von Frauen ausnutzen, belangen. Das Argument, dass die Szene dann in die Illegalität ausweiche, zieht nicht. Dort ist sie großteils schon lange - staatlich geduldet.

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