Schwäbische Zeitung: Zur Rentendiskussion: Fantasie ist Pflicht
Ravensburg (ots)
Für die einen liegt es jenseits jeder Vorstellungskraft, bis 70 zu arbeiten, andere sagen: warum nicht? Entsprechend unterschiedlich fallen die Reaktionen aus. Was der Chef der Bundesagentur für Arbeit ins Gespräch bringt, ist ein weiterer Stein ins viel zu stille Wasser der Zukunft der Renten, der hoffentlich Kreise zieht. Denn dass etwas geschehen muss, weiß jeder, der sich die Bevölkerungsentwicklung ansieht. Wenn der Beitragssatz zur Rentenversicherung nicht weiter steigen soll, wenn die Steuermittel zur Rente nicht weiter erhöht werden sollen, dann sind andere Maßnahmen nötig, um das Rentenniveau zu halten - noch tiefer als jetzt darf es nicht sinken. Schon heute gibt es genug Alte, die nicht aus purer Lust weiterarbeiten, sondern weil ihre Rente nicht reicht.
Deshalb ist es logisch, einen zweiten Blick auf das Renteneintrittsalter zu werfen. Früher, sagen Gesundheitsforscher, begann das Alter mit 70 Jahren, heute mit 80. Für viele Menschen ist es gut möglich, länger zu arbeiten - vorausgesetzt, ihr Arbeitsplatz ist altersgerecht. Das ist in Büros natürlich weit eher der Fall als im Baugewerbe oder in der Autoindustrie. Doch auch hier hat das Umdenken eingesetzt, werden Produktionsprozesse verändert, um Ältere bei der Stange halten zu können.
Für die Zukunft der Rente sind drei Stellschrauben wichtig. Die betriebliche Altersrente, die gestärkt werden muss. Zweitens die private Vorsorge, die belohnt werden muss. Leider passiert immer noch das Gegenteil, wenn man an die Besteuerung der Privatrenten und Einführung der Sozialabgaben auf Lebensversicherungen denkt. Und zum Dritten die gesetzliche Rente, die flexibler werden muss. Es wäre Unsinn, jetzt alle bis 70 arbeiten zu lassen. Aber es wäre fahrlässig, nicht darüber nachzudenken, wie man diejenigen, die können und wollen, länger machen lässt. Für die Sicherung der Renten der Zukunft ist Phantasie Pflicht. Dazu gehört auch, über eine Einbeziehung der gesamten Bevölkerung - auch Beamter und Selbstständiger - ins Rentensystem nachzudenken, wie es die Schweiz macht.
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