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Schwäbische Zeitung: "Deutsche Selbstüberschätzung" - Kommentar zur deutsch-brasilianischen Regierungskonsultation

Ravensburg (ots)

Es klingt ja beinahe imposant: die "1. Deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen". Natürlich macht es Sinn, enge Kontakte mit Lateinamerikas größtem Land zu unterhalten. Für die innenpolitisch unter Druck stehende Präsidentin Dilma Rousseff könnte der Besuch von Angela Merkel und ihren Kollegen tatsächlich auch eine nette Abwechslung sein. Maßlose deutsche Überschätzung spiegelt sich aber wider, wenn davon ausgegangen wird, dass sich dank Merkel nun Rousseff daheim stabilisieren könne. Vor allem die Arbeiterpartei (PT) der Präsidentin steht seit Jahren unter Korruptionsverdacht. Millionen haben in jüngster Zeit gegen die Führung demonstriert.

Etwas deutsch-brasilianisches Händeschütteln in den Hauptnachrichtensendungen wird die Menschen nicht von der Straße lotsen. Kaum jemand wird diesen Besuch auf der Südhalbkugel bemerken.

Deutsche Unternehmen sind seit vielen Jahrzehnten aktiv. São Paulo gilt als größte deutsche Industriestadt weltweit, dank über 1400 deutscher Firmen. Impulse von staatlicher Seite brauchen davon die wenigsten. Denn hingen sie davon ab, dann sähe es schlecht um sie aus. Ein Beispiel? Seit 2006 gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen mehr. Die Wirtschaft fordert es seitdem und stößt auf taube Ohren, die Geschäfte laufen trotzdem gut. Dass sich die deutsche Seite selbst feiert, indem sie darauf hinweist, dass nun auch Brasilien in den kommenden 85 Jahren aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas aussteigen will, mutet amüsant an. Gerade einmal zwölf Prozent des Stroms wird in dem Riesenland aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Das ist also ein leichtes Zugeständnis für den deutschen Gast, der seine Wichtigkeit herausstellen möchte, ohne dabei Vereinbarungen wie etwa den Amazonasschutz nachprüfen zu müssen.

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