Schwäbische Zeitung: Leitartikel zu TTIP: Rettet den Vertrag der Hoffnung
Ravensburg (ots)
Es ist an der Zeit, sich an die Lehren von Adam Smith zu erinnern. Freier Handel, schreibt der Ökonom 1776, ermöglicht Spezialisierung. Wenn jeder das tut, was er am besten kann, steigert das den Wohlstand aller. Ein florierender Austausch erleichtert Innovationen, weil sich Forschung auf größeren Märkten mit vielen Kunden schneller bezahlt macht. Und er verschärft den Wettbewerb zwischen den Firmen, was die Waren für Kunden verbilligt.
Es scheint, als habe Smith das Rezept für den Wohlstand hierzulande präzise vorhergesagt. Die vergangenen 70 Jahre zeigen, dass Deutschland der große Nutznießer des Freihandels ist. Fast jeder zweite Job hängt direkt oder indirekt von den Ausfuhren deutscher Unternehmen in alle Welt ab. Der Exportüberschuss beläuft sich auf fast 250 Milliarden Euro. Diese Prosperität basiert auf freiem Handel und offenen Märkten.
Klar ist, dass bei den TTIP- und Ceta-Gesprächen vieles falsch gelaufen ist. Schiedsgerichte - für viele das Menetekel schlechthin - sind zwischen entwickelten Rechtsstaaten unnötig. Und warum die Verhandlungsführer erst so spät und auf Druck die Öffentlichkeit umfassend informierten, verstehe, wer will.
Bei all dieser berechtigten Kritik geht aber das wegweisende Moment des Freihandels völlig unter. TTIP ist - oder war, so bedauernswert das wäre - ein Vertrag der Hoffnung. Er könnte den größten Binnenmarkt schaffen, der für fast 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung steht - und der vor allem hohe Standards für Arbeit, Produkte und Umwelt setzen würde. Standards, an die sich selbst so mächtige Wirtschaftsnationen wie China halten müssten.
Bei Blinkern oder Fenstergriffen beispielsweise bringt das Einsparungen für die Hersteller und verbilligt die Waren zum Nutzen der Kunden. Entscheidender sind aber die Normen bei Projekten wie selbstfahrenden Autos oder autonomen Robotern. Scheitert TTIP, werden nicht die Europäer mit Amerika die Standards verhandeln, an die sich die Welt wird halten müssen. Die Normen werden dann in Amerika und Asien gesetzt - sie werden Europa nicht gefallen.
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