Das Sorgfaltsproblem des Hessischen Rundfunk - es bleibt
Die irreführende Litigation-PR einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt ohne Kompass
Berlin (ots)
Als Rechtsanwälte des Herrn Mahadeosingh Komalram aka Paramahamsa Sri Swami Vishwananda, Oberhaupt der hinduistischen Glaubensgemeinschaft Bhakti Marga, geben wir für diesen die nachfolgende Erklärung ab.
Das Ausmaß der vom Hessischen Rundfunk (hr) zu verantwortenden rechtswidrigen und damit unzulässigen Berichterstattung im Jahr 2022 war gewaltig (siehe auch "Hat der Hessische Rundfunk ein Sorgfaltsproblem?", https://www.fr.de/ratgeber/presseportal-sti1490726/hat-der-hessische-rundfunk-ein-sorgfaltsproblem-91472791.html). Infolge der Veröffentlichung der TV-Dokumentation "Just Love?" sowie der gleichnamigen sechsteiligen Podcast-Serie über die hinduistische Glaubensgemeinschaft Bhakti Marga und deren Guru Mahadeosingh Komalram aka Paramahamsa Sri Swami Vishwananda erließ das Landgericht Hamburg zwischen Februar und Mai 2022 auf Antrag Betroffener insgesamt neun einstweilige Verfügungen, sieben davon gegen den Hessischen Rundfunk. Mit diesen einstweiligen Verfügungen wurden die enorme Anzahl von 75 Äußerungen - davon waren 71 in der TV-Dokumentation und der Podcast-Serie "Just Love?" enthalten - untersagt. Das Ergebnis ist bis heute für den öffentlich-rechtlichen Hessischen Rundfunk geradezu desaströs: Die offenbar irreparable TV-Dokumentation ist seither vollständig aus der ARD-Mediathek gelöscht und fünf der sechs Podcast-Folgen sind durch akustische Störsignale zur Unkenntlichmachung der gerichtlich verbotenen Äußerungen entstellt.
Viel unternommen hat der Hessische Rundfunk hiergegen seither nicht. Ganze zwei Widerspruchsverfahren hat der Sender gegen zwei der sieben erlassenen einstweiligen Verfügungen angestrengt, und zwar aufgrund gerichtlich untersagter Äußerungen in den Podcast-Folgen 3 und 6. Von den insgesamt gegen ihn erlassenen 71 Äußerungsverboten hat der Hessische Rundfunk in zwei Jahren gerade einmal die Aufhebung einstweiliger Verfügungen in Bezug auf zuletzt acht Äußerungen verfolgt. Ergebnis: Ganze fünf Äußerungsverbote sind infolgedessen durch gerichtliche Aufhebung oder Verzicht entfallen, davon gerade mal drei rechtskräftig. Damit bleiben bis auf weiteres derzeit aber immer noch 66 der ursprünglich 71 dem Hessischen Rundfunk untersagten Äußerungen gerichtlich verboten. Gut zwei Jahre nach Erstveröffentlichung der TV-Dokumentation und Podcast-Serie ein mehr als dürftiger und eigentlich alles andere als berichtenswerter Erfolg des Hessischen Rundfunks.
Statt nun aber das Erforderliche zu tun, nämlich die Mängel der Berichterstattungen durch eine vertiefte journalistische Recherche und Überarbeitung der TV-Dokumentation und Podcast-Serie zu heilen oder entschiedener den Rechtsweg zu beschreiten, versucht sich der Hessische Rundfunk in irreführender Litigation-PR: In einer Mitteilung "In eigener Sache" publiziert der Hessische Rundfunk rechtzeitig und wohl abgestimmt zu der Veröffentlichung der am selben Abend, dem 22. März 2024, erfolgten Ausstrahlung des ZDF Magazin Royal mit dem Titel "Leben wie Gott in Hessen" zu angeblich gleich mehreren errungenen rechtlichen Erfolgen eine Presseinformation, in der die gebotene Sorgfalt eine noch geringere Rolle als in seiner investigativen Recherche für eine zulässige Verdachtsberichterstattung zu spielen scheint: So wird bereits in der Überschrift auf "Erfolge" in dem Rechtsstreit gegen Mahadeosingh Komalram aka Paramahamsa Sri Swami Vishwananda verwiesen. Aufgrund eines "jüngsten Erfolges" werde man nun auch - nach zwei Jahren - gegen die gerichtlichen Verbote die TV-Dokumentation betreffend vorgehen. Angesichts des bisher tatsächlich überschaubar Erlangten und des fortbestehenden Verbotsumfanges ist diese Behauptung mehr als vermessen. Aber nicht nur das, der Hessische Rundfunk instrumentalisiert auch eines der im Presserecht anerkanntesten Gerichte dieses Landes, wenn er versucht den Eindruck zu erwecken, das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG Hamburg) habe anlässlich des Rechtsstreits zwischen dem Hessischen Rundfunk und Mahadeosingh Komalram aka Paramahamsa Sri Swami Vishwananda rechtliche Regelsätze aufgestellt. Dies ist nicht der Fall und deshalb sind die nachfolgenden Aussagen in dieser Presseinformation des Hessischen Rundfunks vom vergangenen Freitag nichts Geringeres als der offenbare Versuch einer gezielten Irreführung der Öffentlichkeit:
- "Im Fall der investigativen Recherche zu 'Just Love?' haben wir im Kernpunkt des Verdachts (...) die Anforderungen an die Verdachtsberichterstattung eingehalten: Der hr war deswegen vor dem Oberlandesgericht Hamburg zuletzt im Februar in der Auseinandersetzung über zwei Punkte im Podcast, bei denen wir in Berufung gegangen sind, vollständig erfolgreich."
- "Hamburger Oberlandesgericht bestätigt Auffassung des hr"
- Außerdem stimmte das Gericht in einem zentralen Punkt unserer Einschätzung zu: Dass mehrere Personen unabhängig voneinander von ähnlichen Übergriffen berichten, erfüllt im Fall von "Just Love" den notwenigen Mindestbestand an Beweistatsachen
- "Der hr wird nach dem richtungsweisenden Erfolg in der Berufung vor dem Oberlandesgericht (...)"
- "Im Podcast werde ausgewogen und differenziert berichtet, lobte das Gericht."
Zur Vermeidung einer offenbar durch den Hessischen Rundfunk beabsichtigten Irreführung:
Es gab in dem Rechtstreit zwischen Mahadeosingh Komalram aka Paramahamsa Sri Swami Vishwananda und dem Hessischen Rundfunk bislang lediglich einen einzigen Termin vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht, dessen Gegenstand gerade einmal zwei der bis dahin noch 68 verbotenen Äußerungen waren. Der Hessische Rundfunk war daher nicht "zuletzt", sondern allenfalls erstmalig und in Bezug auf gerade einmal zwei Äußerungsverbote vor dem OLG Hamburg rechtkräftig erfolgreich. Mahadeosingh Komalram aka Paramahamsa Sri Swami Vishwananda hat als Antragssteller in diesem Termin auf seine Rechte aus lediglich einer seiner zahlreich erwirkten einstweiligen Verfügungen in Bezug auf die allein streitgegenständlichen zwei (von noch 68 untersagten) Äußerungen verzichtet, weil das Gericht die eine Äußerung in ihrer Gesamtaussage anders interpretierte und auch die weitere Äußerung für zulässig hielt. Das ist ein vor dem OLG Hamburg erzielter einziger und äußerst überschaubarer Erfolg und mitnichten einer von mehreren rechtskräftigen Erfolgen. Es ist auch, anders als der hr behauptet, kein richtungsweisender Erfolg. Eben weil der Antragsteller auf die zwei allein streitgegenständlichen Äußerungsverbote und damit seine Rechte aus der zunächst erlangten einstweiligen Verfügung verzichtet hat, gibt es weder ein Urteil noch einen Beschluss, ja, noch nicht einmal ein gerichtliches Protokoll, durch das irgendeine Auffassung des Hessischen Rundfunks auch nur im Ansatz gerichtlich bestätigt wurde bzw. hätten bestätigt werden müssen. Auch hat das OLG Hamburg mitnichten bestätigt, dass ein Mindestbestand an Beweistatsachen erfüllt ist, wenn mehrere Personen unabhängig voneinander von ähnlichen Übergriffen berichten. Und nicht nur das: Der Hessische Rundfunk gibt sich der Lächerlichkeit vollends preis, wenn er gar behauptet, das Gericht habe den Sender für seine ausgewogene und differenzierte Berichterstattung gelobt. Auch dies trifft nicht zu. Ein Gericht spricht Recht, es lobt nicht, auch nicht den Hessischen Rundfunk.
Das Vorgehen des Hessischen Rundfunks wirkt orientierungs- und hilflos. Entweder müsste die Redaktion es angesichts einer derzeit noch immer bestehenden Untersagung von 66 Behauptungen innerhalb der Berichterstattung einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt für dringend geboten erachten, journalistisch nachzuarbeiten. Oder aber der Hessische Rundfunk sollte sich entschieden gegen empfundenes Unrecht rechtlich zur Wehr setzen - was aus rechtlichen Gründen allerdings wenig erfolgversprechend ist. Stattdessen versucht der hr trotz Fortbestehens des weitaus überwiegenden Teils der gerichtlich erlassenen Verbote sich als rechtlich erfolgreich darzustellen und die Öffentlichkeit gezielt in die Irre zu führen. Insbesondere aufgrund seiner Funktion als öffentlich-rechtliche, mit Gebührenbeiträgen seiner Zuschauer finanzierte Rundfunkanstalt wäre der Hessische Rundfunk aber gehalten, Unrecht einzugestehen und sich für die gegenüber Mahadeosingh Komalram aka Paramahamsa Sri Swami Vishwananda erhobenen und nie bestätigten Vorwürfe zu entschuldigen. Der Programmauftrag, das Gebot wahrheitsgetreuer Berichterstattung und die zu wahrende journalistische Sorgfaltspflicht würden bei tatsächlich belastbaren Anhaltspunkten für die erhobenen Vorwürfe eigentlich nur eines gebieten, nämlich die ins Offline-Dasein verbannte TV-Dokumentation sowie die Podcast-Serie "Just Love?" diesmal unter strenger Einhaltung der Grundsätze einer zulässigen Verdachtsberichterstattung umfassend zu überarbeiten und sodann als rechtlich zulässige Berichterstattungen zu veröffentlichen. Diesen sorgfaltsrechten Weg geht der Hessische Rundfunk allerdings nicht, weil er sich - und das ist für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein geradezu erschreckendes Signal - journalistisch dazu offenbar schlicht nicht in der Lage sieht.
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