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Krisen-Union? Fünf Baustellen der EU für die nächsten fünf Jahre
Seit Monaten bestimmt der Brexit das politische Geschehen in Brüssel. Dabei hat die EU eigentlich noch ganz andere Baustellen. Die wichtigsten Herausforderungen der kommenden Monate und Jahre.
Auch vor der Europawahl Ende Mai ist klar, mit welchen Themen die Brüsseler Politiker sich in den kommenden fünf Jahren auseinandersetzen müssen. Der scheidende EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker stellte jüngst fest: "Die Zukunft unserer Union geht weit über den Brexit hinaus." Die Arbeit an den Prioritäten der EU dürfe durch den Brexit nicht ausgebremst werden.
Industrie- und Wettbewerbspolitik:
China stützt seine heimische Wirtschaft mit milliardenschweren Subventionen und bündelt alle Kräfte, um in den nächsten Jahren neue Weltmarktführer zu schaffen. Europa sucht darauf nach Antworten. Die Überlegungen reichen von einer Reform des EU-Fusionsrechts, um großen Unternehmen Zusammenschlüsse zu erleichtern, bis zu verstärkten industriepolitischen Staatshilfen. Im Fokus stehen vor allem Erneuerbare Energien, Digitalentwicklungen und Batteriezellenantriebe. Auch das Verhältnis der EU zu US-Präsident Donald Trump ist nach einem Streit um Sonderzölle angespannt. Um den Streit beizulegen, sollen die Handelsgespräche mit den USA nach dem Willen der EU-Kommission bis Ende Oktober abgeschlossen sein. Es könnte allerdings auch deutlich länger dauern.
Asyl/Migration:
Als 2015 Hunderttausende Migranten nach Europa kamen, waren viele EU-Staaten heillos überfordert. Mittelmeerländer wie Italien und Griechenland ächzten unter der Last. Seitdem ist in der EU zwar einiges geschehen - allerdings hauptsächlich in Fragen der Sicherheit. Die große Asylreform steht aus. Und noch immer sind die EU-Staaten meilenweit davon entfernt, sich auf eine Verteilung von Asylsuchenden auf alle EU-Staaten einigen zu können. Eine Lösung ist nicht in Sicht, Länder wie Ungarn und Polen wollen sich partout nicht zur Aufnahme von Flüchtlingen verpflichten. Auch deshalb mussten Rettungsboote mit Migranten an Bord immer wieder tage- und wochenlang vor der italienischen Küste ausharren. Es ist die vielleicht schwierigste Aufgabe für die kommenden Jahre.
Klima:
Die EU soll bis 2050 klimaneutral werden - zumindest, wenn es nach der EU-Kommission geht. Das bedeutet, dass Wirtschaft, Energieversorgung und Verkehr so umgebaut werden müssen, dass keine neuen Treibhausgase entstehen oder diese Gase eingefangen werden. Dabei ist die langfristige Klimaschutzstrategie der EU noch unklar. Ziel der EU-Länder ist, sich bis 2020 auf ein gemeinsames Vorgehen für die kommenden Jahrzehnte zu einigen.
Euro/Währungsunion:
19 EU-Staaten haben den Euro bereits, bis auf Großbritannien und Dänemark sollen ihn nach dem EU-Vertrag alle einmal haben. Damit ist auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. In den nächsten fünf Jahren könnten aber etwa Bulgarien und Kroatien der Gemeinschaftswährung beitreten. Allerdings müssen diese Länder noch einige Entwicklungen vollziehen, um mit ihrem Beitritt den Euro nicht zu schwächen. Auch bei der Reform der Eurozone gibt es noch viele Baustellen. Zehn Jahre nach Beginn der letzten Finanzkrise gilt die Eurozone noch immer nicht als krisenfest. Für die kommenden Jahre wird daher unter anderem an einem Budget für die Eurozone und einer Stärkung des Euro-Rettungsschirms ESM gearbeitet. Da könnte es schneller vorangehen.
Entscheidungsfindung:
Schon heute tun sich die Länder mit dem Einstimmigkeitsprinzip schwer: regelmäßig scheitert daran eine gemeinsame Haltung in heiklen außenpolitischen Fragen, auch eine Sondersteuer für Digitalriesen wie Google und Facebook kam nicht zustande. Deshalb schlug die EU-Kommission vor, in einigen Bereichen zu Mehrheitsentscheidungen überzugehen. Dafür wären jedoch Änderungen der EU-Verträge nötig - und dafür braucht es: Einstimmigkeit.
Noch schwieriger könnte es werden, wenn die EU neue Mitglieder bekommt. Derzeit sind es 28, nach dem Brexit wären es noch 27. Die Aussicht auf einen Beitritt haben derzeit vor allem Staaten des Westbalkans, darunter beispielsweise Bosnien-Herzegowina und Nordmazedonien. Geografisch liegen sie mitten in Europa, politisch und wirtschaftlich trennen sie von den EU-Staaten teilweise Welten. Doch links liegen lassen kann und will die EU sie nicht. Russland versucht - etwa durch den massiven Ausbau medialer Präsenz - seinen Einfluss auszuweiten. Die EU-Kommission hatte den Ländern bei entsprechenden Reformen einen EU-Beitritt bis 2025 in Aussicht gestellt. Vorher, 2024, finden erneut Wahlen zum Europaparlament statt.
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