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dpa-Faktencheck

«Böller an Moscheetür» war Sprengstoffanschlag und versuchter Mord

Berlin (ots)

In einem Facebook-Post werden zwei Gerichtsurteile gegenübergestellt: Für die Vergewaltigung eines neunjährigen Mädchens gab es demnach fünfeinhalb Jahren Haft für den angeklagten Nigerianer. Im anderen Fall seien für «Böller an Moscheetür» 11,5 Jahre Haft verhängt worden, heißt es im Sharepic. Im Beitext korrigiert der Urheber diese Zahl auf «fast zehn Jahre» und erwähnt, dass hier ein Deutscher für eine Tat «ohne Opfer» verurteilt worden sei (http://dpaq.de/KF9De).

BEWERTUNG: Mit dem Beitrag soll insgesamt ein Missverhältnis zwischen den beiden Urteilen ausgedrückt werden. Zum Fall «Böller an Moscheetür», der sich in Dresden ereignet habe, fehlen wichtige Angaben. Der Post beschreibt lediglich eine «angekokelte Tür», lässt aber außen vor, dass der Täter den Tod von Menschen billigend in Kauf nahm. Der Bombenleger wurde 2018 für versuchten Mord und das Herbeiführen von Sprengstoffexplosionen verurteilt.

FAKTEN: Bei dem «Böller» an einer Dresdner Moscheetür handelte es sich laut Bundesgerichtshof um eine aus drei Rohrbomben bestehende Brand- und Sprengvorrichtung. Nur durch Zufall sei eine Familie mit dem Schrecken davongekommen. Außerdem hatte der 31-jährige Täter einen zweiten Sprengsatz auf dem Kongresszentrum in Dresden zur Explosion gebracht (http://dpaq.de/ue42a).

Deshalb wurde der Mann nicht wie im Facebook-Post beschrieben «nur für eine angekokelte Tür» zu neun Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, sondern unter anderem wegen versuchten Mordes in vier Fällen, versuchter besonders schwerer Brandstiftung und Herbeiführens von Sprengstoffexplosionen.

Die Erklärung des Täters, dass er nicht töten wollte, ist laut Gerichtsurteil durch ein Gutachten widerlegt worden. Es sei eine «menschenverachtende Tat», rassistisch und vor allem islamfeindlich motiviert, sagte der Vorsitzende Richter des Dresdner Landgerichts bei der Urteilsverkündung im August 2018. Die Attacken passierten in Dresden am 26. September 2016, kurz vor der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit in der Stadt.

Die Angaben des Facebook-Posts zur Vergewaltigung einer Neunjährigen in Roßlau sind teilweise korrekt. Ein 27-jähriger Mann ist am 10. September 2019 unter anderem wegen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, der schweren Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann stammt seinem Anwalt zufolge aus dem Niger - nicht Nigeria wie im Facebook-Post behauptet. Das Urteil war zunächst noch nicht rechtskräftig (http://dpaq.de/RsDZh).

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Links:

Facebook-Post: https://www.facebook.com/Lautsprecher01/photos/a.510818795951121/900220427010954/?type=3&theater (archiviert: http://dpaq.de/DRn3I)

Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Moschee-Bomber: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2019/2019099.html

Entscheidung des Landgerichtes Dessau-Roßlau: http://www.presse.sachsen-anhalt.de/index.php?cmd=get&id=905535&identifier=d59bb5f9a695b2b98c4c0f8407b8855e

dpa-Bericht aus dem Gerichtsaal in Dessau-Roßlau: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/fuenfeinhalb-jahre-haft-wegen-vergewaltigung-eines-kindes-16377459.html

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

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