Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
Soziale Vermieter: Drei Katzen im Sack - Die Fernwärmeplanung ist zu unverbindlich
- VNW-Direktor Andreas Breitner: „Unsere Unternehmen müssten drei Katzen im Sack kaufen!“
- Energieversorger müssen den Fernwärmeanschluss verbindlich zusagen und versprechen, dass Fernwärme in Hamburg im Jahr 2045 auch wirklich klimaneutral produziert wird.
- Unklar ist, was Fernwärme nach der Umstellung der Erzeugung die Mieterinnen und Mieter kosten wird. Die Wärmewende benötigt deshalb einen ganzheitlichen Ansatz - Sozialbehörde und Stadtentwicklungsbehörde müssen einbezogen werden.
15/2024
Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan hat eine „Wärmenetzeignungskarte“ vorgestellt und sich zuversichtlich gezeigt, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Wärmepläne fristgerecht fertiggestellt würden. „Wir werden kontinuierlich weiter an der Wärmeplanung arbeiten und im Laufe des Jahres nach und nach Zwischenergebnisse präsentieren“, sagte er.
Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutsche Wohnungsunternehmen (VNW):
„Das Problem der sozialen Vermieter besteht nicht in der Wärmeplanung, sondern darin, dass sie drei Katzen im Sack kaufen müssen.
Erstens: Sie müssen sich fragen, ob die geplante Fern- und Nahwärmeversorgung wirklich kommt? Laut dem Wärmeplanungsgesetz ist die Wärmeplanung per Definition eine 'rechtlich unverbindliche, strategische Fachplanung'. Sie sagt also noch lange nichts darüber aus, ob ein Gebäude oder Quartier am Ende auch wirklich an ein Wärmenetz angeschlossen wird. Um die gesetzlich vorgegebenen Ziele der Reduzierung klimaschädlicher Emissionen einhalten zu können, müssen unsere Unternehmen aber schon heute bei der Sanierung ihrer Wohnungsbestände millionenschwere Entscheidungen treffen, die viele Jahrzehnte Bestand haben werden. Ihnen hilft dabei wenig, zu wissen, dass irgendwann möglicherweise ihre Wohngebäude an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden könnten.
Zweitens: Es ist inzwischen gesetzliche Grundlage, dass Hamburg bis 2045 klimaneutral sein will. Das bedeutet für die Wohnungswirtschaft, dass aus ihren Wohngebäuden zu diesem Zeitpunkt unter dem Strich keine klimaschädlichen Emissionen mehr in die Atmosphäre ausgestoßen werden dürfen. Bislang aber ist nicht klar, ob die in den zahlreichen Hamburger Netzen angebotene Wärme im Jahr 2045 auch wirklich vollständig ohne klimaschädliche Emissionen produziert wird? Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass ein Wohnungsunternehmen viel Geld in einen Nah- oder Fernwärmeanschluss investiert hat, und am Ende seine Klimaschutzverpflichtungen nicht erfüllen kann, weil es dennoch keine emissionsfreie Wärmeversorgung bekommt.
Derzeit werden gut 25 Prozent der Hamburger Wohnungen mit Fernwärme beheizt, die aber zum größten Teil noch durch das Verbrennen fossioler Energieträger wie Gas oder Kohle erzeugt wird. Die Fernwärme der Hamburger Energiewerke beispielsweise ‚verursacht’ derzeit noch deutlich höhere Emissionen als das Heizen mit Gas.
Drittens: Völlig unklar ist gegenwärtig auch, was Heizenergie angesichts der immens hohen Investitionen der Energieversorger in die Wärmewende den Endverbraucher am Ende kosten wird. Es kann nicht sein, dass wir als soziale Vermieter für bezahlbaren Wohnraum sorgen, sich die Mieterinnen und Mieter am Ende die Wohnung aber wegen hoher Fernwärmekosten nicht mehr leisten können.
Die aktuelle Diskussion um die (hohen) Heizkostenabrechnungen und die bereits laufenden Klagen bieten nur einen Vorgeschmack auf das, was dann ab 2045 ins Haus steht.
Wärmewende muss sozial ausgewogen sein
Die sozialen Vermieter stehen ohne Wenn und Aber hinter der Energiewende. Wir sagen aber auch, dass diese sozial ausgewogen umgesetzt werden muss. Jetzt die Folgekosten auszublenden oder sie anderen Politikbereichen aufzuhalsen, kann nicht die Lösung sein.
Die Wärmewende benötigt in Hamburg einen ganzheitlichen Ansatz und es wäre sinnvoll, wenn künftig nicht allein der Umweltsenator, sondern auch die Sozial- und die Stadtentwicklungssenatorin bei der Wärmewende - öffentlich nachvollziehbar - auftreten.
Verbindliche Zusagen der Energieversorger notwendig
Bei jeder Sanierungsentscheidung von VNW-Unternehmen wird zuerst die Frage im Raum stehen: Wie wird die Wärmeversorgung aussehen? Eine unverbindliche kommunale Wärmeplanung reicht da als Entscheidungsgrundlage nicht aus. Unsere Unternehmen benötigen mindestens die verbindlichen (und später einklagbaren) Zusagen, dass die geplante Fernwärmeversorgung vor Ort tatsächlich entstehen wird, und dass sie für eine mögliche Verfehlung von Dekarbonisierungszielen der Wärmeversorger nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Ohne so eine verbindliche Zusage werden die am Gemeinwohl orientierten Wohnungsunternehmen andere Lösungen bei der Versorgung mit emissionsfrei erzeugter Wärme umsetzen. Das wird in vielen Fällen die Wärmepumpe sein müssen, deren Nutzung aber wiederum voraussetzt, dass ausreichend ‚grüner‘ Storm für den Betrieb verfügbar ist. Hier steht nicht zuletzt der Hamburger Netzbetreiber Stromnetz Hamburg in der Pflicht, rechtzeitig die notwendige Infrastruktur zu erstellen.
Um die heute auf Grund der unklaren Situation getätigten Investitionen zu schützen, versteht es sich von selbst, dass später kein Anschluss- und Benutzungsgebot für Nah- oder Fernwärme erlassen werden darf.“
12/02/2024
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 435 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 742.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,41 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.
V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de