Verwirklichung der energiewirtschaftlichen Zieltrilogie Klimaschutz - Versorgungssicherheit - Wettbewerb zunehmend schwieriger
Report von Capgemini Consulting beleuchtet die europäische Energieagenda
Berlin (ots)
Der europäische Energiemarkt wird in den nächsten Jahren maßgeblich von drei Entwicklungen geprägt: dem Unbundling zusammen mit der Fragestellung, ob die geplante dritte EU-Direktive erfolgreich sein wird, der Vereinbarkeit von Versorgungssicherheit und angestrebter CO2-Reduzierung sowie dem Umgang mit Russland als größtem Gas-Lieferanten. So die Aussage des jährlichen European Energy Market Observatory (EEMO)-Reports der Unternehmensberatung Capgemini Consulting, der zum neunten Mal vorgelegt wurde. Bernd Wöllner, Vice President Energy & Utilities bei Capgemini Consulting: "Der europäische Markt erfährt auf vielen Ebenen tief greifende Veränderungen. Für viele Versorger bedeutet das eine erhebliche Transformation ihres eigenen Unternehmens. Sie müssen in der Lage sein, flexibel auf die dynamischen Marktentwicklungen zu reagieren, um langfristiges Wachstum und wirtschaftlichen Erfolg sicherzustellen."
Fraglich, ob dritte Direktive zu sinkenden Strompreisen führt
Die Europäische Kommission verfolgt mit ihren Unbundling-Bemühungen das Ziel, über mehr Wettbewerb zu sinkenden Preisen für Privatkunden zu gelangen. Mit wenigen Ausnahmen jedoch hat die Öffnung der nationalen Märkte im Gegenteil zu steigenden Strompreisen geführt. Die Frage ist daher, ob die nun geplante dritte Direktive mehr Erfolg hat als ihre beiden Vorgänger. Sie könnte, so die Schlussfolgerung aus dem Report, durch weitere Maßnahmen flankiert werden. Genannt werden einfachere Abwicklungsverfahren, die das Investitionsrisiko senken, finanzielle Anreize die zu mehr Investitionen in Interkonnektoren und Pipelines führen sowie eine einfachere Teilnahme am Großhandel und Zugang zu Übertragungskapazitäten. "Unbundling alleine lässt noch keinen liquiden europäischen Markt für Strom entstehen", so Wöllner.
Höhere Versorgungssicherheit schwer vereinbar mit geplanter CO2-Reduzierung
Im letztjährigen EEMO-Report wurde mit Hinweis auf eine sehr niedrige Reservekapazität vor Stromausfällen in Europa gewarnt. "Ironischerweise gingen damals zwei Wochen nach Veröffentlichung des Reports in Teilen Deutschlands die Lichter aus. Zwar handelte es sich eher um eine Verkettung unglücklicher Umstände - aber es war ein deutliches Zeichen, dass Strom eben doch nicht ganz selbstverständlich aus der Steckdose kommt", erinnert sich Bernd Wöllner. Aktuell zeigt der Report, dass die Reservekapazität unter anderem durch milde Winter und regenreiche Sommermonate wieder gestiegen ist. Höhere Investitionen in den Kraftwerksbau tragen ebenfalls zur Deckung des erwarteten steigenden Strombedarfs bei. Doch ist die Entwicklung kaum in Einklang mit den EU-Klimazielen 2020 zu bringen. Die neuen Kraftwerke setzen zu 81 Prozent auf fossile Energieträger, was trotz dem Einsatz modernster Technologie zu steigenden CO2-Emissionen führt. Es wird, so der Report der Unternehmensberatung, gerade auch vor dem Hintergrund der notwendigen Investitionssicherheit erforderlich sein, die nationalen Politikansätze mit denen der Europäischen Union, aber auch den Plänen der Unternehmen selbst abzustimmen.
Konträre Gasmarktstrategien von EU und Russland bedrohen Versorgung
Wie nachdrücklich Russland derzeit seine Interessen im Gasmarkt vertritt, zeigten die Lieferstopps im Streit mit der Ukraine und Georgien im Jahr 2006 sehr deutlich. Die EU-Staaten sind auf eine verlässliche Belieferung mit dem Energieträger angewiesen, während Russland massiv in den europäischen Endkundenmarkt eintreten möchte. Die EU hat in ihren im September 2007 veröffentlichten Entwurf zur dritten Direktive eine Klausel aufgenommen, mit der Investoren aus Nicht-EU-Staaten daran gehindert werden sollen, europäische Gas- und Stromtransport-Einrichtungen zu übernehmen. Hintergrund ist die Furcht vor zu großem Einfluss namentlich durch Gazprom auf die Infrastruktur innerhalb der EU. Andererseits vereinfacht die Direktive ausdrücklich den Eintritt neuer Marktspieler und hilft damit auch Gazprom seine Strategie umzusetzen, die darauf zielt, die gesamte Wertschöpfungskette von der Gasförderung bis zum Endkunden zu kontrollieren. "Mit den entgegengesetzten Strategien - Kontrolle von Gasversorgung und -Lieferkette - dürfte die Auseinandersetzung zwischen EU und Russland erst am Anfang stehen", folgert Bernd Wöllner.
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