WJD Wirtschaftsjunioren Deutschland
Offener Brief an den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zum politischen Kurs der Regierungs-Koalition
Berlin (ots)
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
um es vorweg zu sagen: Wir, die Wirtschaftsjunioren Deutschland, sehen Sie und die von Ihnen geführte Regierung mit dem Rücken an der Wand. Nicht, weil Sie es grundsätzlich vermieden hätten, Schritte nach vorn zu tun. Die Koalitionsvereinbarung lässt erkennen, dass Sie durchaus in der Lage sind, richtige Argumente aufzunehmen und Ihrer politischen Planung zugrunde zu legen. Insbesondere zum Bildungssektor - etwa was die ganztägige pädagogische Betreuung in Schulen oder die Leistungsprüfung an den Universitäten betrifft - wird hier und in den jüngsten Beschlüssen der Kultusministerkonferenz immerhin von ferne ein Ende des Tunnels sichtbar. Auch Ihre Vorstellungen zur "Energiewende", zum Verbraucherschutz oder zum Abbau der Bürokratie zeigen, dass Sie noch Spielräume zum Handeln sehen.
Gerade weil Sie aber offenbar noch nicht jeden Gestaltungswillen und jede Gesprächsbereitschaft aufgegeben haben, fordern wir Sie dringend dazu auf, den gegenwärtigen Kurs Ihrer Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik noch einmal zu überdenken. Denn mit ihm wird es nicht nur für Sie, sondern wird es für ganz Deutschland eng. Soll unser Gemeinwesen nicht endgültig in einer kollektiven Paralyse erstarren, müssen Sie zuallererst sich bewegen - und den Weg für die Initiative der Bürger freimachen. Wir alle brauchen Ihren Mut zur Reform, um wieder mit Spaß an der gemeinsamen Sache unseren Teil der Verantwortung übernehmen zu können.
Denn Sie trauen den Bürgern recht wenig zu. Sie trauen den Bürgern nicht zu, dass sie die Konjunktur ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen. Sie trauen ihnen nicht zu, dass sie sich etwas einfallen lassen, um eine Beschäftigung zu finden. Und Sie trauen ihnen nicht zu, dass sie sich sehr viel stärker als bisher um ihre Gesundheit und ihre Altersversorgung kümmern.
Stattdessen sorgen Sie dafür, dass der Staat noch mehr ausgeben kann als bisher, bescheiden sich mit der besseren Verteilung der gerade noch verbliebenen Arbeit und lassen dort, wo die demographische Zeitbombe tickt, erst einmal alles, wie es ist.
Nach vorn zu schauen: Das bedeutet nicht, die Kräfte weiter abzuzapfen und abzuschnüren, sondern sie zu entfesseln. Der Staat muss lernen, seine Bürger loszulassen. Soziale Gerechtigkeit: Das bedeutet nicht, möglichst allen gleich viel zu nehmen, sondern ihnen möglichst gleich viel zu lassen. Der Staat kommt seiner Fürsorgepflicht nicht nach, indem er seine Bürger finanziell entmündigt. Und Generationen-Gerechtigkeit: Das heißt nicht, von den Jungen zu nehmen und den Alten zu geben, sondern die Lasten zwischen ihnen zu verteilen. Weder die Rentenversicherung noch die Krankenversicherung sind heilige Kühe, denen alles Übrige geopfert werden muss.
Denn das, was Sie vorhaben, nimmt den Bürgern jede Lust. Es nimmt ihnen die Lust, sich anzustrengen und etwas zu erreichen. Wer ein Unternehmen gründet oder sich im Job bemüht, so lautet Ihre Botschaft, muss entsprechend mehr an die Allgemeinheit abtreten. Wer Geld verdient, muss das wieder gut machen. Ein Klima, um die Gesellschaft zu motivieren, um ihre Besten in die Startposition zu bringen, entsteht so nicht. Und, zu allem Überfluss: Die Bürger können sich nicht auf Sie verlassen. Wer im Wahlkampf sagt "Wir werden sparen und keine Steuern erhöhen", um nach gewonnener Wahl fast 12 Milliarden Euro für sofort und weitere 60 Milliarden dann für später einzusammeln, hat entweder das Heft des Handelns aus der Hand gegeben oder den Glauben an die Zurechnungsfähigkeit seiner Bürger verloren.
Wir wollen glauben, dass Sie momentan noch nicht die Kraft und den Mut aufbringen, um das zu tun, was unser Land braucht: Grundlegende Reformen. Durch Deregulierung, Flexibilisierung, Umbau des Bildungssektors, Systemwechsel in den Sozialversicherungen. Durch Senkung der Staatsausgaben und der Steuern. Durch Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements. Im Grunde ist jedem klar, was zu tun ist, um Deutschland aus der Krise und Starre zu bringen. Trauen Sie den Bürgern etwas zu. Muten Sie uns etwas zu. Damit einem lauen Wahlkampf nicht noch lauere Regierungsjahre folgen. Nehmen Sie den Sand aus dem Getriebe und schaffen Sie den Freiraum, den wir alle brauchen, um uns an einem wirklich großen Werk zu beteiligen. Lassen Sie uns los. Lösen Sie sich von der Wand.
Dominique Döttling Bundesvorsitzende der Wirtschaftsjunioren Deutschland (WJD)
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