DIB Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie
Künftige Bundesregierung muss klare Signale setzen
Frankfurt/M. (ots)
"Noch sind wir weit von einer nationalen Biotechnologie-Strategie entfernt, die die führende Stellung Deutschlands in Europa festigt". Dieses Resümee zog Dr. Dieter Wißler, Vorsitzender der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB), am Ende dieser Legislaturperiode vor Journalisten in Frankfurt. Zwar gebe es positive Ansätze bestimmter Ministerien, doch diese würden durch die Initiativen anderer Ministerien wieder ausgebremst. Zu den positiven Ansätzen zählte Wißler zum Beispiel die stärkere Förderung der biotechnologischen Forschung und der Existenzgründungen. Als nachteilig wertete er unter anderem Verfahrenserschwernisse durch das novellierte Gentechnikgesetz, die mangelnde politische Unterstützung bei der Vermarktung von Forschungsergebnissen sowie das Verbot bereits zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen. Die Bundesregierung behindere die Entwicklung der Gentechnik in Deutschland in vielerlei Hinsicht, wolle das Land aber zum führenden Biotech-Standort Europas machen. Das passe nicht zusammen.
Darüber hinaus kritisierte Wißler, dass das im Jahre 2001 initiierte Vorhaben des Bundeskanzlers, behutsam in den großflächigen Anbau transgener Pflanzen einzusteigen, gestoppt worden ist. Der statt dessen von Bundesministerin Renate Künast knapp ein Jahr später veranlasste "Diskurs zur Grünen Gentechnik" habe keine Antworten auf die Herausforderungen gegeben, vor denen die Branche in Deutschland stehe.
Laut Wißler steigt der Wettbewerb in der Biotechnologie. Dies habe die weltgrößte Biotech-Messe BIO mit über 1.000 Ausstellern auch in diesem Jahr wieder deutlich gezeigt. Wißler: "Was wir in diesem Wettbewerb von der Politik dringend benötigen, sind eine einheitliche Politik und klare Signale". Deshalb habe die DIB zusammen mit einer Reihe von Verbänden sowie der Industriegewerkschaft Chemie, Bergbau, Energie (IG BCE) ein Anforderungsprofil an die zukünftige Bundesregierung erarbeitet. Dieses enthalte knapp 50 Aktionspunkte aus neun verschiedenen Themenbereichen.
Reifegrad der deutschen Biotech-Branche noch nicht sehr hoch
Nach Erhebungen von Ernst & Young gab es 2001 in Deutschland 365 reine Biotechnologie-Firmen. Bei der Zahl der jährlichen Neugründungen liegt die Bundesrepublik seit einigen Jahren in Europa auf Platz eins. Der Umsatz der kleineren deutschen Biotech-Firmen ist von 2000 bis 2001 um etwa ein Drittel auf 1,05 Milliarden Euro gestiegen. Die Beschäftigtenzahl wuchs im selben Zeitraum um 35 Prozent auf rund 14.400 Mitarbeiter. Auch die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sind um 71 Prozent auf rund 1,23 Milliarden Euro gestiegen.
Nach Meinung von Prof. Dr. Peter W. Stadler, Sprecher des DIB-Fachausschusses "Neue Biotechnologie-Unternehmen", sind die genannten Zahlen zwar erfreulich, dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Reifegrad der neuen deutschen Biotech-Branche noch nicht sehr hoch ist.
Bezieht man die Pharma- und Diagnostika-Konzerne in die Standortanalyse mit ein, waren im Mai 2002 in Deutschland 88 gentechnisch hergestellte Arzneimittel auf Basis von 66 verschiedenen Wirkstoffen auf dem Markt - davon 13 aus deutscher Produktion. Der Apothekenumsatz bei Biotech-Medikamenten zu Herstellerabgabepreisen lag in Deutschland 2001 bei rund 1,35 Milliarden Euro und damit 20 Prozent über dem Vorjahr. Gentechnisch produzierte Arzneimittel haben bereits einen Anteil von fast 8 Prozent am Umsatz im deutschen Arzneimittelmarkt. Bei den Diagnostika haben gentechnisch hergestellte Produkte bereits einen Marktanteil von 33 Prozent erreicht. Der Umsatz lag im Jahr 2001 bei etwa 450 Millionen Euro.
Trotz dieser positiven Entwicklung, so Stadler, sei der Abstand zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland - aber auch der EU - nach wie vor enorm. Bei allen wichtigen Indikatoren würden die USA die EU mindestens um den Faktor 2 übertreffen.
Wie Stadler mitteilte, ist auch die Biotech-Branche von der schrittweisen Abwärtsentwicklung der Kapitalmärkte seit Anfang 2000 betroffen. Derzeit seien Börsengänge - in Deutschland und auch international - entweder gar nicht oder nur sehr schwer möglich. Sowohl für börsennotierte als auch für private Firmen sei die Kapitalbeschaffung schwierig geworden. In einigen Fällen sei es sogar schon zu Insolvenzen gekommen. Nach Einschätzung von Stadler wird die Branche zwar mit weniger Unternehmen, aber gestärkt aus dem Konsolidierungsprozess hervorgehen. Auch künftig werden die Biotech-Firmen eine maßgebliche Rolle als Kooperationspartner für Konzerne der Pharma-, Diagnostika- oder agrochemischen Branche spielen.
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