Alle Storys
Folgen
Keine Story von Deutsche Umwelthilfe e.V. mehr verpassen.

Deutsche Umwelthilfe e.V.

Koalition muss bei CO2-Verschmutzungsrechten dem Druck der Kohle-Lobby widerstehen

Berlin (ots)

DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake: "Jetzt die
Weichen in der Kraftwerkswirtschaft auf Modernisierung und 
Klimaschutz stellen" - Große Koalition vor der Woche der Entscheidung
im Emissionshandel heillos zerstritten - Energiekonzerne wollen 
klimaschädliche Versorgungsstrukturen für Jahrzehnte betonieren - DUH
stellt vier zentrale Forderungen
Nach den internationalen Merkel-Wochen im Klimaschutz droht die 
nationale Misere schneller zurückzukehren als selbst Pessimisten 
befürchtet hatten. Am Anfang der Woche, in der die Große Koalition 
endgültig über die Zuteilung von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten 
an Energiewirtschaft und Industrie für die Jahre bis 2012 entscheiden
will, sind zentrale Zuteilungsregeln völlig offen und innerhalb der 
Koalition umstritten. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)
heute vor den entscheidenden Sitzungen des 
Bundestags-Umweltausschusses (Mittwoch) und des Bundestagsplenums (2.
und 3. Lesung des Zuteilungsgesetzes, Freitag) hingewiesen.
"Für 2020 und 2050 werden uns hehre Klimaziele versprochen. Hier 
und heute werden Lobbyinteressen der kohlebasierten 
Traditionswirtschaft bedient und ausgerechnet die Klima schädlichsten
Techniken bevorzugt", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake.  
Die DUH beobachte seit Wochen wie es der Kohle-Lobby erneut gelinge, 
ihre Interessen hinter den Kulissen zu Lasten des Klimaschutzes 
durchzusetzen. So habe die Kohlewirtschaft den 
Bundeswirtschaftsminister und Abgeordnete aus beiden 
Koalitionsfraktionen für sich eingespannt und wolle zum Beispiel 
erreichen, dass Neuanlagen bei der geplanten Teil-Versteigerung von 
Emissionszertifikaten ausgenommen werden. Damit würde jeder 
Lenkungseffekt in Richtung neuer, Klima schonender Technologien von 
vornherein vereitelt.
Baake forderte die Koalition auf, "die Signale jetzt konsequent 
auf ökologische Modernisierung zu stellen, damit der Klimaschutz 
nicht auf der Strecke bleibt". Dazu müsse der Gesetzgeber bei der 
Zuteilung der Verschmutzungsrechte vier zentrale Bedingungen 
festschreiben:
1.	Neue fossile Kraftwerke müssen in die geplante Versteigerung 
einbezogen werden. Wer Modernisierung will, muss Anreize setzen, 
damit Klima schonende Technik sich lohnt.
Die Koalitionsfraktionen wollen die Versteigerung der 
Emissionszertifikate auf die Energieerzeugungsanlagen konzentrieren. 
Verhandelt wird über einen Versteigerungsanteil von 17%. Gestritten 
wird über die Einbeziehung neuer Kraftwerke. Ein einfaches 
Rechenbeispiel zeigt, warum die  Kohle-Lobby und ihre Unterstützer in
der Politik dies unter allen Umständen verhindern wollen. Vergleicht 
man Kraftwerke mit einer Leistung von 800 MW und unterstellt einen 
Zertifikatepreis von 25 Euro pro Tonne (EUR/t), so muss ein 
Gaskraftwerk 9,3 Mio. EUR/Jahr aufwenden, ein Steinkohlekraftwerk 
19,1 Mio. EUR/Jahr und ein Braunkohlekraftwerk 21 Mio. EUR/Jahr. 
Sobald die Kraftwerksbetreiber die Atmosphäre nicht mehr kostenlos 
als Deponie für ihre CO2-Emissionen benutzen dürfen, zeigen sich 
somit die Nachteile der Klima schädlichen Kohle. Ihre Kostenvorteile 
schwinden. Nur die Einbeziehung der Neuanlagen in die Versteigerung 
lenkt Investitionen in Richtung neue, Klima schonende Technik. Eine 
Ausklammerung der Neuanlagen würde darüber hinaus die 
Versteigerungsoperation insgesamt in Frage stellen, denn eine 
Ungleichbehandlung dürfte verfassungsrechtlich unzulässig sein. Das 
Risiko wäre groß, dass das Bundesverfassungsgericht eine 
entsprechende gesetzliche Regelung aufhebt. Damit wären die 
Versteigerungserlöse zurückzuzahlen.
2.	Die Privilegierung der Klima schädlichen Kohleverstromung muss 
fallen. Die einfachste Lösung wäre ein für alle fossilen Brennstoffe 
einheitlicher Strom-Benchmark. Auf jeden Fall muss der derzeit 
vorgesehene 10%ige Zuschlag an geschenkten Zertifikaten für die 
Braunkohle im Gesetz beseitigt werden.
Die größten Modernisierungseffekte würde man mit einem 
einheitlichen Strom-Benchmark nach dem Stand der Technik erreichen; 
der liegt derzeit bei 365 g CO2/kWh. Dies entspricht einer modernen 
GuD-Anlage. Wer mehr ausstößt (wie Steinkohleanlagen mit 750 g 
CO2/kWh oder Braunkohleanlagen mit 950 g CO2/kWh), muss Zertifikate 
zukaufen. In jedem Fall sollte der Gesetzgeber die besondere 
Privilegierung der Braunkohle, die das Kabinett vorgeschlagen hat, 
nicht übernehmen: Bei Braunkohleanlagen hat die Regierung eine um 10%
erhöhte Jahresauslastung unterstellt, was nichts anderes als die 
Einführung eines eigenen, höheren Braunkohle-Benchmarks durch die 
Hintertür bedeutet.
3.	Die Reserve für die Ausstattung von Neuanlagen muss auf 
insgesamt 40 Mio. t CO2/a angehoben werden. Der Bund wird ansonsten 
gezwungen sein, zuvor verschenkte Zertifikate später am europäischen 
Markt zurückzukaufen.
Die Regierung rechnet die Zahl der neuen Kraftwerke künstlich 
klein, um entsprechend mehr Zertifikate an die derzeit betriebenen 
Anlagen ausschütten zu können. Dies ist Ergebnis und Ausdruck des 
Verteilungskampfes um Zertifikate, nachdem die EU sich mit einer 
drastischen Reduzierung der zulässigen Gesamtmenge gegen Deutschland 
durchgesetzt hat. Die Liste von angeblich nur 12 mit fossilen 
Brennstoffen betriebenen Kraftwerken, die voraussichtlich zwischen 
2008 und 2012 in Betrieb gehen, ist unvollständig. Es fehlen 
zahlreiche geplante Investitionsvorhaben. Die Reserve muss daher von 
derzeit geplanten 25 Mio. t CO2/Jahr auf insgesamt 40 Mio. t CO2/Jahr
angehoben werden; ein entsprechender Anteil davon muss versteigert 
werden.
4.	Es muss eine Missbrauchsregel eingeführt werden, damit alte, 
zur Stilllegung vorgesehene Kraftwerke nach 2008 nicht im 
Scheinbetrieb weitergeführt werden mit dem Ziel, die wertvollen 
geschenkten Zertifikate behalten zu können.
Die Regierung hat bei der Verabschiedung des Zuteilungsgesetzes 
versucht, den Eindruck zu erwecken, es gäbe jetzt Regeln gegen den 
Scheinbetrieb von Anlagen. Tatsächlich darf jeder Betreiber,  wenn er
seine Anlage nach dem 1. Januar 2008 auf eine Jahresauslastung von 
nur wenigen Prozent herunterfährt, alle kostenlos zugeteilten 
Zertifikate behalten. Große Energieversorgungsunternehmen können mit 
dem Scheinbetrieb von wenigen Anlagen so leicht alle klimapolitischen
Einsparverpflichtungen ihres Kraftwerkparks erfüllen. Kein Wunder, 
dass zum Beispiel in NRW Anlagen des Versorgers RWE, deren 
Stilllegung früher politisch zugesagt wurde, jetzt länger laufen 
sollen.

Pressekontakt:

Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: Mobil.: 0151 55 01 69 43, E-Mail: baake@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19,
Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Weitere Storys: Deutsche Umwelthilfe e.V.
  • 15.06.2007 – 15:37

    Emissionshandel: Woche der Entscheidung

    Berlin (ots) - Vor der Entscheidung des Bundestages über die Zuteilungsregeln für CO2-Verschmutzungsrechte präsentiert die Deutsche Umwelthilfe zu noch offenen Fragen zentrale Forderungen für ein klimapolitisch wirksames CO2-Handelssystem Sehr geehrte Damen und Herren, in dieser Woche stellt die Politik die Weichen für die künftige Ausgestaltung des CO2-Emissionshandels in Deutschland. Unter ...

  • 13.06.2007 – 13:36

    Kreislaufwirtschaft in der Praxis

    Berlin (ots) - Einladung zum Pressehintergrund Kreislaufwirtschaft in der Praxis Die fünfte Novelle der Verpackungsverordnung und der Niedergang der Verwertungsqualität Sehr geehrte Damen und Herren, die vom Bundesumweltministerium vorgelegte fünfte Novelle der Verpackungsverordnung stößt im Rahmen der Ressortabstimmung auf heftigen Widerstand des Bundeswirtschaftsministers. Eines der ursprünglich mit dem Verordnungsentwurf verfolgten Ziele war es, ...