In Datteln keine weiteren Fakten schaffen
Düsseldorf (ots)
Deutsche Umwelthilfe fordert von E.ON und Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) sofortigen Baustopp am Kohlekraftwerk Datteln - Oberverwaltungsgericht erteilt Stadt Datteln und Land NRW mit wegweisendem Urteil bittere Lektion im Planungsrecht - Bebauungsplan für Kohlekraftwerk eindeutig rechtswidrig - weitere Klagen erzwingen Teil-Baustopp - E.ON soll sofort alle Bauarbeiten einstellen
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hat Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) aufgefordert, unverzüglich die Konsequenzen aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW zu dem in Bau befindlichen Kohlekraftwerk des Energieriesen E.ON in Datteln zu ziehen. Spätestens seit der Veröffentlichung der Urteilsgründe zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans der Stadt Datteln für das größte Monoblock-Kohlekraftwerk Europas am gestrigen Mittwoch (16.09.2009) sei an einen Weiterbau nicht mehr zu denken. Die Richter hatten den Bebauungsplan aus nicht weniger als neun schwerwiegenden Gründen für rechtswidrig erklärt.
"Jeder einzelne, der vom Gericht gerügten Punkte, hätte ausgereicht, den Bebauungsplan für unwirksam zu erklären. Eine derartige Anhäufung von gravierenden Fehlern in einem Milliardenprojekt ist einzigartig. Planungsrechtlich ist das Urteil für die Stadt Datteln und E.ON absolut vernichtend", sagte der Vertreter der Privatkläger, Rechtsanwalt Philipp Heinz vor Journalisten in Düsseldorf.
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), die die Klagen gegen das Kohlekraftwerk vor allem wegen der Klimaschädlichkeit des Vorhabens unterstützt, forderte die sofortige Einstellung aller Bauarbeiten am Standort Datteln. "Mit dem Urteil des OVG ist eine der entscheidenden Genehmigungsvoraussetzungen für das Kohlekraftwerk entfallen. Die Arbeiten an dem Schwarzbau müssen sofort gestoppt werden", verlangte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake.
Als Folge der neuen, am vergangenen Freitag (11.09.2009) erhobenen Klagen gegen die letzten Teilgenehmigungen haben die Kraftwerks-Gegner bereits einen teilweisen Baustopp erreicht. Rechtsanwalt Heinz: "Da die Genehmigungsbehörde für diese neuen Teilgenehmigungen bislang keinen Sofortvollzug angeordnet hat, dürfen die darin aufgeführten Arbeiten so lange nicht fortgeführt werden, wie es nicht gelungen ist, deren Rechtswidrigkeit zu beheben. Dass dies jemals geschehen kann, halten wir für nahezu ausgeschlossen."
Baake forderte Umweltminister Uhlenberg auf, öffentlich zu erklären, "dass die ihm unterstellte Genehmigungsbehörde für die 3., 4. und 5. Teilgenehmigung keinen Sofortvollzug verhängen wird. An einer ´sofortigen Vollziehung´ offenkundig rechtswidriger Genehmigungen kann es kein öffentliches Interesse geben." Aus denselben Gründen müsse die Genehmigungsbehörde nach Überzeugung der DUH auch unverzüglich den Sofortvollzug für den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid vom 31. Januar bzw. 13. März 2007 aufheben. Mit dem Vorbescheid hatte die Behörde abschließend über den Standort entschieden und ein so genanntes "vorläufig positives Gesamturteil" über die Zulässigkeit des Kohlekraftwerks abgegeben. Dabei war die Behörde insbesondere von der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Kohlemeilers ausgegangen, die mit dem Urteil des OVG Münster nun jedoch entfallen ist. "Der Vorbescheid ist Grundlage aller nachfolgenden Teilgenehmigungen. Wir verlangen, dass er aufgehoben wird. Mindestens ist der Sofortvollzug des Vorbescheids unverzüglich für null und nichtig zu erklären", so Baake.
Zur Errichtung des umstrittenen Großkraftwerks hatte die Stadt Datteln einen Bebauungsplan aufgestellt. Unmittelbar nach seiner Bekanntmachung erteilte die Bezirksregierung Münster als zuständige Genehmigungsbehörde Anfang 2007 den erwähnten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid und in der Folge insgesamt fünf Teilgenehmigungen. Für den Vorbescheid und einen Teil der Teilgenehmigungen wurde die so genannte "sofortige Vollziehung" angeordnet. (Ein Überblick über das Genehmigungsverfahren mit rechtlichen Erläuterungen steht als Download unter www.duh.de bereit).
Wegweisend ist das Urteil des OVG Münster nach Überzeugung der DUH auch, weil es das Kraftwerksprojekt ausdrücklich auch unter Hinweis auf die im Landesentwicklungsplan NRW (LEP) niedergelegten Ziele zum Einsatz "einheimischer und regenerativer Energieträger" und die dort ebenfalls angestrebte "Reduktion von Treibhausgasen" zurückweist. Weil jedoch E.ON die Annahme, über das am Standort Datteln derzeit betriebene Kohlekraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 300 Megawatt hinaus werde es mit der Inbetriebnahme des neuen Kraftwerks mit einer Leistung von ca. 1055 Megawatt zu weiteren Kraftwerksabschaltungen kommen, zu einem "Missverständnis" erklärt habe, sei "nicht ansatzweise sichergestellt, dass das Kraftwerk ... insgesamt zu einer Reduzierung (von Treibhausgasen, DUH) beiträgt." Diese Begründung werde auf andere Kohlekraftwerks-Projekte in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus "erheblich ausstrahlen", sagte Baake voraus.
Die Deutsche Umwelthilfe vertritt seit langem die Position, dass der Bau neuer Kohlekraftwerke und die Klimaschutzziele in einem unauflösbaren Widerspruch zueinander stehen. "Wer in Deutschland heute noch Kohlekraftwerke baut, stellt die Gesellschaft in wenigen Jahren vor die Alternative, die international verabredeten Klimaziele aufzugeben oder investiertes Kapital zu vernichten", so Baake. Die größten Industrienationen (G 8) hätten gerade erst anlässlich ihres Gipfeltreffens im italienischen l`Aquila verabredet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80% zu reduzieren. Baake wies darauf hin, dass noch kein Stromversorger habe erklären können, wie Ziele dieser Größenordnung allein mit Wirkungsgradverbesserungen neuer Kohlekraftwerke gegenüber alten erreicht werden könnten.
Unter www.duh.de stehen zum Download bereit: - Juristischer Hintergrund, E.ON Kohlekraftwerk Datteln, Handlungspflichten der Bezirksregierung nach dem Urteil des OVG NRW vom 3. September 2009 - Verfahrensstand E.ON Kohlekraftwerk Datteln
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Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
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