Mehrwegallianz fordert Lenkungsabgabe auf Einweggetränke und eine klare Kennzeichnung
Berlin (ots)
Allianz aus mehrwegorientierten Betrieben der Getränkewirtschaft und der Deutschen Umwelthilfe legt Maßnahmenpaket für einen besseren Schutz des umweltfreundlichen Mehrwegsystems vor - Getränke in Einwegverpackungen sollen mit einer Lenkungsabgabe von 20 Cent verteuert werden - Wachsende Zahl der einwegorientierten Betriebe der Getränkeindustrie verstößt gegen Umweltgesetze - Bis zu 170.000 Arbeitsplätze in mittelständischen Unternehmen gefährdet
Die Hersteller von Getränken in Einwegverpackungen scheuen keine Tricks, um die gesetzlichen Regelungen zum Mehrwegschutz zu unterlaufen. Mal komponieren Limonadenhersteller ein "Molkenmischerzeugnis" und vertreiben es pfandfrei in Dosen, da sie für Molkegetränke laut Verordnung kein Pfand nehmen müssen. Das Getränk enthält allerdings keine Spur Molke, wie ein Labor im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) herausgefunden hat. Auch bei Produkten der Coca-Cola Company häufen sich Verstöße gegen die Verpackungsverordnung. Der Brausekonzern füllt Getränkedosen ab, die angeblich für den dänischen Markt sind, und druckt deshalb nicht das in Deutschland vorgeschriebene Einwegpfandlogo auf die Dosen. Allerdings landen die Dosen nicht in Dänemark, sondern in großen Mengen auf dem deutschen Markt und werden hierzulande pfandfrei verkauft - jedoch mit deutschen Angaben der Inhaltstoffe.
Irreführend handeln auch andere Getränkeabfüller, die ohne die Ergänzung "Einweg" den Zusatz "Pfandflasche" auf das Etikett einer Einwegflasche drucken, um von dem guten Image von Mehrwegflaschen zu profitieren. Mehr als ein Drittel der Verbraucher glaubt, dass Pfandflaschen ausschließlich Mehrwegflaschen sind und greifen mit gutem Gewissen zu den ebenfalls bepfandeten Einwegflaschen. Auf Einwegflaschen hat die DUH auch schon den für diese Flaschen rechtswidrigen Aufdruck "Mehrweg" gefunden. "Die Getränkekonzerne und Discounter verfolgen unerbittlich ihr Ziel, den Markt mit Einwegflaschen zu überrollen und die mittelständischen Konkurrenten vom Markt zu fegen", sagte Resch. Mittelständische Brauereien, Mineralwasserbrunnen und Erfrischungsgetränkehersteller füllen fast alle in umweltfreundlichen Mehrwegflaschen ab.
Resch forderte im Namen der "Allianz für Mehrweg" die Bundesregierung auf, unverzüglich Maßnahmen zur Unterstützung der Mehrwegsysteme umzusetzen. In der Allianz für Mehrweg haben sich die DUH, die Spitzenverbände des Getränkefachhandels und der Verband Private Brauereien Deutschland zusammengeschlossen.
Noch in diesem Frühjahr sollte eine eindeutige Kennzeichnung von Einweg- und Mehrweggetränkeverpackungen festgeschrieben werden. Bereits seit Frühjahr 2009 wird eine vom Kabinett der großen Koalition auf den Weg gebrachte Kennzeichnungsverordnung im Umwelt- und Wirtschaftsministerium beraten und in Brüssel notifiziert. Im Koalitionsvertrag hat sich die schwarz-gelbe Regierung ebenfalls verpflichtet, eine "klare Bezeichnung als Einweg- oder Mehrwegflasche" einzuführen. Wörtlich heißt es im Koalitionsvertrag: "Durch eine aussagefähige Produktkennzeichnung, z.B. klare Bezeichnung als Einweg- oder Mehrwegflasche, werden wir die Transparenz erhöhen und die ökologische Konsumentenverantwortung stärken." Die Mehrwegallianz fordert eine klare Kennzeichnung aller Einweg- bzw. Mehrweggetränke mit einer leicht erkennbaren Wort-/Bildmarke. Bei pfandpflichtigen Getränken müsse zudem der Pfandbetrag ausgewiesen werden.
Nachhaltigen Erfolg werde eine Kennzeichnungspflicht nur haben, wenn Einwegverpackungen mit einer Lenkungsabgabe von mindestens 20 Cent dauerhaft belastet werden. Der Verband Private Brauereien als Mitglied der Allianz für Mehrweg forderte die schnellstmögliche Einführung einer Lenkungsabgabe auf Einweggetränkeverpackungen zusätzlich zur geltenden Pfand- und Rücknahmepflicht. "Mehrweg stellt seine ökologische Überlegenheit gegenüber Einweg täglich unter Beweis. Die Regierung muss deshalb mit Einführung einer zusätzlichen Abgabe auf Einwegverpackungen das Mehrwegsystem stützen und zum Klimaschutz beitragen", sagte Roland Demleitner, Geschäftsführer des Verbandes Private Brauereien Deutschland.
"Die Mehrwegverpackung ist unverändert die ökologisch und ökonomisch beste Getränkeverpackung und muss deshalb von der Politik besser gefördert werden", sagte Demleitner. Er wies nachdrücklich Behauptungen der Einwegbefürworter zurück, die Ökobilanz von Mehrweg habe sich durch die zunehmende Gebindevielfalt in den vergangenen Jahren verschlechtert. "Mehrwegbierflaschen werden bis zu 50 Mal wieder befüllt, sie haben also mit 30 bis 50 Nutzungen eine unverändert hohe Umlaufzahl." Aktuelle Untersuchungen der Mehrwegpraxis in den Brauereien haben auch ergeben, dass die steigende Zahl unterschiedlicher Flaschen - sogenannte Individualflaschen - kein ökologisches Problem sind. "Die Brauereien sortieren die Individualflaschen der Wettbewerber aus dem eigenen Leergut aus und tauschen sie gegen andere Flaschen, so dass die Flaschen im Mehrwegkreislauf bleiben. Die Umlaufzahlen verringern sich überhaupt nicht", sagte Demleitner.
Das Mehrwegsystem sichert in Deutschland rund 170.000 Arbeitsplätze in mittelständischen Unternehmen, schont Rohstoffe und trägt entscheidend zum Umwelt- und Klimaschutz bei. Die Mehrwegquote für alkoholfreie Getränke befindet sich jedoch seit Jahren in freiem Fall. "Dass Mehrweg schnellstens weitere politische Unterstützung braucht, wird beim Blick auf die Entwicklung der Quote bei Mineralwasser deutlich", führte Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels, aus. "Betrug die Mehrwegquote nach Einführung des Pfandes noch 73 Prozent, sorgte die jahrelange Dumpingpreispolitik der Discounter für einen Absturz auf knapp 32 Prozent im dritten Quartal 2009. Eine Abgabe in Höhe von 20 Cent je Verpackung könnte hier Abhilfe schaffen, ohne in den Verruf zu kommen, eine "Erdrosselungsabgabe" zu sein. Mehrwegkastenpreise lagen 2009 z.B. in Bayern zwischen 1,11 Euro und 6,99 Euro zuzüglich Pfand. Dagegen ist der seit 2001 bestehende Einwegflaschenpreis von 19 Cent zuzüglich einer Abgabe immer noch so günstig, dass man damit eher den Vorgarten sprengen könnte, als mit Stadtwasser."
Rund die Hälfte der Verbraucher weiß sechs Jahre nach Einführung des Einwegpfandes nicht, dass es neben umweltfreundlichen Mehrwegflaschen auch Einwegverpackungen mit Pfand gibt. Verantwortlich dafür ist ein "Kennzeichnungswirrwarr", wie Sepp Gail, Vorsitzender des Verbandes des Deutschen Getränke-Einzelhandels, erklärt. "Der Verbraucher kann Einweg von Mehrweg nicht mehr unterscheiden. Er glaubt, weil er Pfand zahlt und die Flasche zurück in den Laden bringt, hat er Mehrweg gekauft." Er forderte die Regierung auf, endlich tätig zu werden und in einem ersten Schritt eine klare Kennzeichnungspflicht einzuführen. "Mit einem deutlichen Logo kann der Verbraucher sofort erkennen, ob es sich um Mehrweg oder Einweg handelt und wie viel Pfand er zahlen muss", sagte Gail. Denn: "Die Leute wollen Mehrweg."
Das "Positionspapier zu erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der umweltfreundlichen Mehrwegsysteme" sowie die "Stellungnahme zur GetränkeverpackKennV" der Mehrweg-Allianz können Sie im Internet unter http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=212 1herunterladen
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Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
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2400867-19, E-Mail: resch@duh.de
Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverband des
Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V., Monschauer Straße 7, 40549
Düsseldorf, Tel. 0211 683938 - Fax. 0211 683602, Mobil: 0172 2424950,
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Roland Demleitner, Geschäftsführer des Verbandes Private Brauereien
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Sepp Gail, Vorsitzender des Verbandes des Deutschen
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Ulrike Fokken, Sprecherin Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe
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