Deutsche Pkw-Energieverbrauchskennzeichnung verstößt gegen EU-Recht
Berlin (ots)
Deutsche Umwelthilfe setzt sich in Musterverfahren vor Landgericht Frankfurt/M gegen Jaguar Deutschland durch - Richtlinie zur Kennzeichnung des Energieverbrauchs bei Pkw von deutschem Verordnungsgeber auf Druck der deutschen Autobauer fehlerhaft umgesetzt - Auch bei Typenwerbung muss der CO2-Ausstoß angegeben werden - Selbst derzeit im Bundesrat verhandelte Novelle heilt den Fehler nicht Deutschland verfehlt bei der Energieverbrauchskennzeichnung von Pkw die Vorgaben der EU. Diese Rechtsauffassung der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) bestätigte jetzt das Landgericht Frankfurt/Main in einem Verfahren, das der Umwelt- und Verbraucherschutzverband gegen die Jaguar Deutschland GmbH angestrengt hatte (AZ LG Frankfurt: 3-08 O 139/10). In der seit 2004 geltenden deutschen Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) ist die zugrunde liegende EU-Richtlinie vom deutschen Verordnungsgeber fehlerhaft umgesetzt worden, entschieden die Richter. Der Beschluss gewinnt besondere Brisanz, weil der Fehler in der aktuellen Novelle der Bundesregierung, die am 8. Juli dem Bundesrat zur Abstimmung vorliegt, erneut gemacht wird. In der Sache hatte der deutsche Jaguar-Importeur Neuwagen dieser Edelmarke in einer Auto-Fachzeitschrift beworben, ohne die CO2-Emissionen und den Kraftstoffverbrauch anzugeben. Er berief sich darauf, dass die deutsche Verordnung die Pflicht zur Angabe nicht vorsehe, wenn nur für einen allgemeinen Fahrzeugtyp geworben werde. Die DUH vertrat den Standpunkt, dass dies der deutschen Verordnung entsprechen möge, diese Einschränkung aber nicht mit der der Verordnung zugrundeliegenden EU-Richtlinie übereinstimme; der deutsche Verordnungsgeber habe die Richtlinie zum Nachteil der Verbraucher unzureichend umgesetzt. Das Landgericht Frankfurt/Main gab der DUH-Klage statt und führte aus, dass die Einschränkung der Kennzeichnungspflicht in der deutschen Verordnung erheblich vom Wortlaut der EU-Richtlinie (1999/94/EG) abweiche und der (deutsche) Verordnungsgeber die dort geregelten Ausnahmen offenbar missverstanden habe. Nach Überzeugung des Gerichts legt die EU-Richtlinie fest, dass die Verpflichtung zur Angabe der CO2-Emissionen ohne Ausnahme gilt und in keinem Fall - auch nicht bei reiner Image-Werbung - entfällt. Jaguar hatte das Gegenteil behauptet und erklärt, dass dem deutschen Gesetzgeber ein Ermessensspielraum bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zukomme, den er auch genutzt habe. Dieser Auffassung widersprach das Gericht und führte aus, dass es für das Ziel der Richtlinie von wesentlicher Bedeutung sei, dass der potenzielle Autokäufer auch bei reiner Typenwerbung ohne Motorisierungsangaben über die CO2-Emissionen aufgeklärt werde. Jaguar Deutschland ist gegen den Richterspruch in Berufung gegangen. "Das Frankfurter Landgericht bestätigt die Rechtsauffassung der Deutschen Umwelthilfe, dass bei der Umsetzung der entsprechenden europäischen Verbraucherschutz-Vorschrift in deutsches Recht nicht einmal der geforderte Mindeststandard bei der Angabe von CO2-Emissionen und Spritverbrauch erreicht wird. Doch anstatt diesen Fehler zu heilen, plant die schwarz-gelbe Bundesregierung eine weitere Aufweichung der nationalen Umsetzung, um ausgerechnet besonders schwere Geländewagen, SUVs und Limousinen als energieeffizient kennzeichnen zu können", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Dr. Remo Klinger, der Rechtsanwalt der DUH in dem Verfahren: "Das Urteil wird dazu führen, dass die mehr oder minder phantasievollen Umgehungen der Kennzeichnungspflicht in Automobilwerbungen ein Ende haben. Fahrzeughersteller und -händler müssen ihre Werbungen von nun an grundlegend umstellen." Anstatt die jetzt gerichtlich bestätigten rechtlichen Mängel der geltenden Energieverbrauchskennzeichnung für Pkw zu heilen, legte die Bundesregierung nun dem Bundesrat einen Novellierungsentwurf zur Entscheidung vor, der den rechtlichen Mangel beibehält und damit weiterhin gegen EU-Recht verstößt (BR-Drucksache 281/11). Die DUH kritisiert den Novellierungsentwurf als ungeeignet, den Autokäufern angemessene Informationen zur Effizienz von Neufahrzeugen zu liefern. So legte die Bundesregierung in ihrem Entwurf ein Berechnungsmodell für die Einteilung von Neufahrzeugen in Energieeffizienzklassen zugrunde, das das Ziel der EU-Richtlinie, die Verbraucherinnen und Verbraucher zum Kauf von CO2-armen Fahrzeugen zu steuern, weit verfehlt. Fahrzeuge mit höherem Gewicht würden trotz höherem Verbrauch und in der Konsequenz höheren CO2-Emissionen bei der Ermittlung der Effizienzklassen massiv bessergestellt. Im Ergebnis komme es zu klaren Fehlanreizen, weil Autokunden zum Kauf schwerer und hochmotorisierter Pkw animiert würden, denen eine günstigere Energieeffizienz bescheinigt werde als leichteren Kleinwagen mit geringerem Kraftstoffverbrauch und entsprechend niedrigerem CO2-Ausstoß. Die DUH setzt sich als klageberechtigter Umwelt- und Verbraucherschutzverband bereits seit Inkrafttreten der in Deutschland geltenden Pkw-EnVKV dafür ein, dass die Kraftstoffverbrauchs- und CO2-Emissionsangaben in Werbeschriften und im direkten Handel korrekt und verbrauchergerecht erfolgen. Nach Überzeugung der DUH ist die umfassende und verständliche Information der Verbraucher eine entscheidende Voraussetzung für erfolgreichen Klimaschutz. Hierzu überprüft die DUH stichprobenhaft die Autowerbung in Printmedien und im Internet und führt Testbesuche im Handel durch. Agnes Sauter, Leiterin der Abteilung Verbraucherschutz der DUH: "Leider stellen wir aber immer noch Verstöße von Autohändler und Hersteller fest und müssen sie auffordern, die Kennzeichnungsvorschriften korrekt einzuhalten. Weigert sich ein Händler oder Hersteller, setzen wir unsere Ansprüche notfalls auch gerichtlich durch."
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