Kanzleramt torpediert den Klimaschutzplan
Berlin (ots)
Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert das Schreiben des Bundeskanzleramts zum Entwurf des Bundesumweltministeriums für eine Klimaschutzpolitik bis zum Jahr 2050
Das Bundeskanzleramt plant, den Entwurf des Bundesumweltministeriums (BMUB) für einen Klimaschutzplan aufzuweichen. Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) will Angela Merkel sich von den meisten Zielen, die zum Klimaschutz beitragen können, verabschieden - darunter auch konkrete Vorschläge zur energetischen Gebäudesanierung, zum Verkehr und zur Zukunft der deutschen Braunkohleverstromung. Der im Juni 2016 vorgelegte Entwurf des BMUB für eine Klimaschutzpolitik bis zum Jahr 2050 wurde bereits im Vorfeld vom Bundeswirtschaftsministerium stark aufgeweicht.
"Auf dem G7-Gipfel in Elmau hat Angela Merkel 2015 pathetisch das Ziel verkündet, die Weltwirtschaft vollständig zu dekarbonisieren. Nur ein Jahr später begräbt sie dieses Vorhaben wieder. Dass sich die Bundesregierung weigert, Konsequenzen aus dem Klimagipfel von Paris zu ziehen und diesen zur Imagepflege missbraucht, ist verantwortungslos", erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
Kritisch kommentiert das Bundeskanzleramt zum Beispiel den im Klimaschutzplan skizzierten Umbau des Verkehrssektors. Dieser soll bis 2050 unabhängig von fossilen Kraftstoffen werden und ab 2030 bei Neufahrzeugen ohne konventionelle Verbrennungsmotoren auskommen. Eine Abkehr von diesen Zielen hält die DUH für klimapolitisch unverantwortlich. Sie betont, dass die für 2050 gesetzten Klimaschutzziele sich nur erreichen lassen, wenn spätestens ab 2035 keine Pkw mehr mit Verbrennungsmotor und CO2-Emissionen auf den Markt kommen. Dafür fordert sie weitere Zielsetzungen bei Effizienzstandards, auch für Elektroantriebe. Kontraproduktive Subventionen wie die steuerliche Begünstigung von Dieselkraftstoff oder die aktuelle Form der Dienstwagenbesteuerung sowie wirkungslose Kaufprämien für Elektroautos seien der falsche Weg.
Die DUH erklärt, dass die Bundesregierung angesichts der zu erwartenden Herausforderungen durch einen wachsenden Güterverkehr nicht nur auf die Elektrifizierung der Straße setzen sollte, sondern in erster Linie die vorhandene elektrische Infrastruktur auf der Schiene nutzen und ausbauen muss. Den gegenwärtigen Planungsstand und auch die Zielsetzungen des Bundesverkehrswegeplans bezeichnet die DUH als absolut unzureichend.
Auch der Gebäudebestand muss bis 2050 nahezu klimaneutral werden, um die Klimaziele zu erreichen. Der Primärenergiebedarf im Gebäudebereich muss bis 2050 um 80 Prozent gegenüber 2008 gesenkt werden. Dafür ist eine Kombination aus Energieeinsparung und dem Einsatz erneuerbarer Energien nötig. Gebäude, die ab 2021 errichtet werden, müssen bereits auf dem Zielpfad von 2050 liegen. Sollte die Bundesregierung diese Verschärfung der Neubaustandards streichen und Heizsysteme, die auf erneuerbaren Energien basieren, nicht stärker fördern sowie fossile Heizsysteme weiterhin unterstützen, dann ist ein klimaneutraler Gebäudebestand nicht zu erreichen.
Die Stellungnahme des Bundeskanzleramts zum BMUB-Entwurf des Klimaschutzplans macht deutlich, dass selbst Verweise auf den Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) gestrichen werden sollen. "Die IPCC-Analyse ist die anerkannte wissenschaftliche Grundlage für das klimapolitische Handeln der internationalen Staatengemeinschaft. Dass die Bundesregierung angesichts der bereits heute spürbaren Folgen der weltweiten Klimaveränderung die Augen vor den Erkenntnissen der Wissenschaft verschließe ist fahrlässig", so Müller-Kraenner.
Die Diskussion um die Zukunft der Kohle unnötig zu verlängern, statt eine Entscheidung zur Abkehr von dem fossilen und extrem klimaschädlichen Energieträger zu treffen, bezeichnet Müller-Kraenner als fatal. Ziel müsse es sein, die jahrzehntelange Unsicherheit in den Braunkohleregionen zu beenden und den schrittweisen Weg in eine CO2-neutrale Zukunft zu ebnen. Den Vorschlag der Ministerien dafür eine Kommission "Klimaschutz, Wachstum, Strukturwandel und Vollendung der Energiewende" einzurichten, bezeichnet er als wichtigen Schritt für den Beginn eines umfassenden Dialogprozesses zum Kohlekonsens. Dass auch dieser vom Kanzleramt infrage gestellt werde, kritisiert Müller-Kraenner.
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