Die Mär vom Ende der Plastiktüte: Deutsche Umwelthilfe fordert gesetzliche Abgabe statt Placebo-Selbstverpflichtung des Handels
Berlin (ots)
DUH zieht ernüchternde Bilanz: Freiwillige Selbstverpflichtung verhindert wirksamere gesetzliche Regelung - Weiterhin kostenlose Plastiktüten an deutschen Ladenkassen - Selbstverpflichtung enthält zahlreiche Schlupflöcher - DUH fordert bundesweite Plastiktütenabgabe von 22 Cent nach irischem Vorbild
Auch nach einem Jahr des Inkrafttretens einer freiwilligen Selbstverpflichtung des Handelsverbandes Deutschland (HDE) zur kostenpflichtigen Herausgabe von Plastiktüten hält die Deutsche Umwelthilfe (DUH) diesen Ansatz für ungeeignet. Die Selbstverpflichtung verhindert das schnelle Ende der Plastiktüte, anstatt es kurzfristig herbeizuführen. EU-Staaten wie beispielsweise Irland, Dänemark oder England haben durch die Einführung wirksamer gesetzlicher Abgaben die Plastiktütenflut eindrucksvoll auf ein Minimum reduziert.
In Deutschland knickte Bundesumweltministerin Hendricks vor den Interessen der Handelskonzerne ein und entschied sich für einen Deal mit dem Handelsverband HDE. Während andere EU-Staaten konsequent die Plastiktütenflut eindämmen, hat sich das Angebot von Plastiktüten an deutschen Ladenkassen nach Einschätzung der DUH nicht ausreichend verringert. Grund hierfür ist der gewählte Weg einer unverbindlichen Selbstverpflichtung, Plastiktüten nur noch gegen Bezahlung herauszugeben. In der Praxis werden viele Tüten immer noch kostenlos oder für nur 10 Cent herausgegeben. Dieser Betrag ist jedoch zu niedrig, um die Nutzung von Plastiktüten auf ein Niveau, wie beispielsweise in Irland mit nur 16 Stück pro Kopf und Jahr zu senken.
Recherchen der DUH ergaben, dass von der Selbstverpflichtung lediglich Unternehmen umfasst sind, die zusammen 40 Prozent der Plastiktüten in Deutschland in Verkehr bringen. Eine wirksame und einheitliche Höhe des Plastiktütenpreises fehlt ebenso, wie Sanktionsmaßnahmen für den Fall der Nichtumsetzung der Selbstverpflichtung. Zudem verbleibt das eingenommene Geld aus dem Verkauf der Plastiktüten bei den Händlern, die damit den Neueinkauf von Plastiktüten refinanzieren können. Somit bleiben Plastiktüten weiterhin ein attraktives Werbemittel. Nachfragen der DUH zur exakten Entwicklung des Plastiktütenverbrauchs seit dem Start der Selbstverpflichtung am 01.06.2016 wurden weder vom HDE noch vom Bundesumweltministerium beantwortet. Ministerium und Handelsverband verweigern eine Auskunft.
"Wir sehen einmal mehr, wie sich Deutschland von seiner Vorbildrolle im Umweltschutz verabschiedet und die Vermüllung von Flüssen, Seen und der Meere mit Plastikabfällen akzeptiert. Anstatt Plastiktüten durch eine Umweltabgabe von 22 Cent pro Stück wirkungsvoll zu verringern, knickt die Regierung einmal mehr vor den Interessen der Handelskonzerne ein. Wir fordern Umweltministerin Hendricks auf, ihren faulen Deal mit dem Handelsverband Deutschland zu beenden", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Um das Umweltproblem Plastiktüte endgültig und vor allem schnell zu beenden, fordert die DUH von Ministerin Hendricks die Einführung einer bundesweiten Plastiktütenabgabe in Höhe von mindestens 22 Cent nach dem irischen Vorbild. Dort konnte der Tütenverbrauch durch die Einführung einer Abgabe innerhalb weniger Jahre von 328 Stück pro Kopf und Jahr auf nur noch 16 reduziert werden.
"Eine gesetzliche Abgabe wird durch die freiwillige Selbstverpflichtung des Handels nicht überflüssig, weil sie das deutlich wirksamere Instrument ist, um die Plastiktüte zu einem Relikt der Vergangenheit zu machen. Die eingenommenen Gelder aus dem Verkauf von Plastiktüten würden im Falle einer Abgabe nicht bei den Händlern bleiben, sondern könnten für Projekte zum Umweltschutz und zur Abfallvermeidung durch öffentliche Naturschutzstiftungen verwendet werden. Dadurch würde das Angebot von Plastiktüten für den Handel vollkommen unattraktiv", erklärt Thomas Fischer, Leiter der DUH-Kreislaufwirtschaft. Zudem wäre eine Abgabe für alle Händler in Deutschland und nicht nur für die Mitglieder des Verbandes HDE verpflichtend, die zusammen lediglich rund 40 Prozent der Plastiktüten in Deutschland in Verkehr bringen.
Hintergrund:
Eine Richtlinie der Europäischen Union vom April 2015 verpflichtet die Bundesregierung, den Verbrauch von Plastiktüten deutlich zu reduzieren. Ab 2020 soll der Verbrauch auf 90 Plastiktüten und ab 2026 auf 40 Stück pro Einwohner und Jahr gesenkt werden. Nach den letzten offiziell veröffentlichten Zahlen zum Plastiktütenverbrauch werden in Deutschland pro Kopf und Jahr 71 Plastiktüten verbraucht. In anderen europäischen Ländern sind es deutlich weniger: In Luxemburg 20, Irland 16, Dänemark sowie Finnland nur vier Tüten pro Kopf und Jahr. Die Herstellung von Plastiktüten verbraucht große Mengen begrenzt vorhandenen Rohöls, belastet das Klima, verschmutzt die Umwelt und gefährdet Lebewesen in Gewässern. Links: Hintergrundinformationen zur Plastiktüte, umweltfreundlichen Alternativen und Verbraucherflyer finden Sie unter www.kommtnichtindietuete.de
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft DUH
030 2400 867 43, 0151 18256692, fischer@duh.de
DUH-Pressestelle
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe
Die Aktivitäten der Deutschen Umwelthilfe zu Plastiktüten werden
gefördert durch die Stiftung Naturschutz Berlin aus Mitteln des
Förderfonds Trenntstadt Berlin.
Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell