Deutsche Umwelthilfe fordert Partikelfilter auch für Benzin-Direkteinspritzer - Partikelemissionen können um den Faktor 100 reduziert werden
Berlin (ots)
Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht Abgasmessungen an einem nachgerüsteten Ford Focus Turnier 1.0 - Partikelfilter für Benzin-Direkteinspritzer reduzieren den Ausstoß der Partikelanzahl eindrucksvoll - Automobilindustrie verzögert seit Jahren die zugesagte Abgasfilterung ihrer Benzin-Direkteinspritzer - Gesundheitsgefährdung durch giftige Partikel macht Nachrüstung der Benzin-Direkteinspritzer-Bestandsflotte erforderlich
Angesichts der massiven Gesundheitsgefährdung durch ultrafeine Partikel aus Verbrennungsmotoren fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Ausstattung aller neu zugelassenen Benzinfahrzeuge mit Direkteinspritzung sowie die Nachrüstung der Bestandsflotte mit wirksamen Partikelfiltern. Aktuelle von der DUH beauftragte bzw. im Rahmen des Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) durchgeführte Abgasmessungen im Labor und auf der Straße vor und nach der Ausstattung eines Ford Focus mit einem Partikelfilter zeigen, dass der Ausstoß ultrafeiner Partikel durch einen Filter drastisch gesenkt werden kann.
Die DUH hatte bereits 2010 erstmals auf das Problem der hohen Partikelemissionen von Benzin-Direkteinspritzern hingewiesen und 2014 an sieben Benzindirekteinspritzern hohe Partikelanzahlemissionen gemessen. Die Ergebnisse stellte die DUH im April 2015 vor. Doch anstatt die geltenden Partikel-Grenzwerte für Diesel-Motoren auch für Benziner anzuwenden, setzte die Autolobby ein absurdes "Verschmutzungsprivileg" für Benzin-Direkteinspritzer durch, die seitdem zehnmal mehr Partikel ausstoßen dürfen als ein Diesel-Pkw.
Die DUH hat nun in einem Ford Focus Turnier 1.0 EcoBoost, Euro 5 einen Partikelfilter eingebaut und die Abgasemissionen auf dem Prüfstand sowie im realen Fahrbetrieb gemessen.
Beim Test 2014 - vor dem Einbau eines Filters - betrugen die Emissionen 1,87E+12 Partikel/km, was deutlich über dem Wert liegt, der für Dieselfahrzeuge der gleichen Euronorm erlaubt ist. Nach dem Einbau des Filters waren die Partikelanzahlemissionen mit 1,32E+10 Partikel/km um mehr als den Faktor 100 reduziert.
Das Fahrzeug wurde 2014 auch auf dem Rollenprüfstand des TÜV Nord gemessen und Emissionen in Höhe von 3,87E+12 Partikel/km ermittelt. Nach dem Einbau wurde das Fahrzeug im August 2017 erneut beim TÜV Nord gemessen. Die Partikelanzahlemissionen waren auch hier mit 7,54E+10 Partikel/km deutlich verringert und lagen erheblich unter dem Grenzwert für Diesel-Pkw. Die CO2-Emissionen waren in beiden Tests unverändert.
Nach Marktanalyse der DUH nutzen die Pkw-Hersteller die Übergangsfristen für das eigentlich zum 1. September 2017 ausgelaufene "Verschmutzungsprivileg" schamlos aus. Abgesehen von wenigen Luxus- bzw. Oberklasse-Fahrzeugen aus dem Haus Daimler und BMW fehlt bei den meisten Benzin-Direkteinspritzern der Partikelfilter, obgleich mehrere Hersteller diese vollmundig versprochen hatten. Die Bestandsflotte ist fast ausnahmslos ohne Filter unterwegs.
"Solange Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor noch betrieben werden, müssen deren Abgase sauber sein. Um in der Serienfertigung Kosten einzusparen, haben die Hersteller einfach die Grenzwerte um den Faktor 10 anheben lassen. Die neue Bundesregierung muss sicherstellen, dass nun endlich dieselben Abgasgrenzwerte für alle Verbrennungsmotoren gelten und in der Benziner-Bestandsflotte auch erreicht werden", fordert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
"Die Technik zur drastischen Minderung dieser Abgase ist verfügbar und kostengünstig. Angesichts der stark steigenden Anzahl dieser Fahrzeuge auf unseren Straßen brauchen wir nicht nur ab sofort eine serienmäßige Ausstattung aller Benzin-Direkteinspritzer mit Partikelfiltern, sondern auch eine wirksame Nachrüstung der Bestandsflotte", so Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsexperte. "Die geschätzten Kosten für den Fahrzeughalter für den nachträglichen Einbau liegen einschließlich Einbau und Zulassung zwischen 250 und 300 Euro", so Friedrich weiter.
Für Benzinfahrzeuge mit Direkteinspritzung gilt für neue Typzulassungen für Fahrzeugtypen eigentlich seit dem 1. September 2017 der gleiche Grenzwert von 6E+11 Partikel/km für den Partikelausstoß, der für Diesel-Pkw bereits seit 2011 gültig ist. Allerdings nutzt die Industrie nun Übergangsregelungen aus und verkauft ganz überwiegend schmutzige Neufahrzeuge ohne wirksame Partikelabgasminderung. Zwar sind nun im Rahmen der Zulassung auch für die Partikelanzahl Abgastests im realen Fahrbetrieb vorgesehen, ähnlich wie bei den Stickoxidmessungen gibt es jedoch auch hier eine faktische Aufweichung des Grenzwertes: Der Grenzwert darf um den Faktor 1,5 überschritten werden.
Die DUH hatte seit 2010 mit eigenen Abgasmessungen und Studien bereits mehrfach auf die hohen Partikelemissionen und die damit verbundenen massiven Gesundheitsgefährdungen von Benzin-Direkteinspritzern hingewiesen, ebenso auf die vorhandene und kostengünstige technische Lösung. So hatte sie 2015 gemeinsam mit dem Helmholtz-Institut für Epidemiologie in München in einer gemeinsamen Pressekonferenz darauf hingewiesen, dass ultrafeine Partikel bereits nach wenigen Minuten negative Auswirkungen auf die Herzvariabilität haben.
Die geringe Größe der Partikel bewirkt, dass diese tief in die Lunge bis in den Blutkreislauf eindringen. Dies gilt dann auch für die anhaftenden Schadstoffe wie Benzo(A)pyren, der bei Untersuchungen der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA im Abgas aller untersuchter Direkteinspritzer gefunden wurde.
Im Mai 2017 hatte die DUH auf die hohen Partikelemissionen des smart fortwo 0.9 hingewiesen. Dieser zeigt bei aktuellen Labormessungen des ADAC nach dem neuen Prüfzyklus WLTP hohe Partikelausstoßwerte mit 4,52E+12 Partikel/km, obwohl es sich bei diesem Modell nicht einmal um einen Benzin-Direkteinspritzer handelt. Da das Fahrzeug vor allem als Stadtauto genutzt wird, sind diese Partikelemissionen besonders kritisch. Auch dieses Modell muss deshalb von Daimler mit einem Partikelfilter nachgerüstet werden.
Die Technologie der Direkteinspritzung auch für Benzinfahrzeuge kommt immer häufiger zur Anwendung, da die Hersteller sich hiervon höhere Effizienz und somit niedrigere CO2-Werte erhoffen. Bis zum Jahr 2020, so Schätzungen, wird jeder dritte Benziner auf Europas Straßen diese Technologie aufweisen.
Links:
Messbericht Ford Focus vom Oktober 2017: http://l.duh.de/p171024
Hintergrund zur Pressemitteilung vom 27.04.2015: Partikelausstoß von Fahrzeugen mit direkteinspritzenden Ottomotoren: http://l.duh.de/or8wb
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsexperte
0152 29483857, axel.friedrich.berlin@gmail.com
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